Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
Auf dem Weg kam er an mehreren mit polnischen Preisschildern ausgezeichneten Geschäften für elektronische Geräte vorbei. Vor ihnen parkten polnische Wagen. Männer luden Säcke mit billigen, aromatisch duftenden sozialistischen Würsten aus und beluden die Wagen mit Videorecordern.
    Er fand das Namensschild in einem vornehmen Hauseingang. Unter dem Klingelknopf des dritten Stockwerks stand »Galerie Benz«. Er zögerte, dann wandte er sich ab.
    Der Savignyplatz war ein Viereck mit zwei einander entsprechenden Miniaturparks, jeder von einer hohen Buchsbaumhecke umgeben und mit Sommerblumen in allen nur erdenklichen Farben bepflanzt. Tief in der Hecke lagen Lauben, wie geschaffen für ein heimliches Stelldichein.
    Arkadi ging durch einen der kleinen Parks und blieb in einer Ecke stehen. Auf der anderen Straßenseite standen die Tische eines Restaurants unter dem Laubwerk einer Buche. Als er die Straße überquerte, hörte er das Klappern von Geschirr. An einer Anrichte, die vor einer geißblattbewachsenen, gelben Mauer stand, goß ein Kellner Kaffee ein. Vier Tische waren besetzt, zwei von Leuten, die wie erfolgreiche Unternehmer aussahen und völlig von ihrem Essen in Anspruch genommen wurden, zwei von Studenten, die mit aufgestützten Köpfen dasaßen. Die Tische im Inneren des Restaurants lagen hinter den Spiegelbildern der Straße verborgen. In den Fensterscheiben spiegelte sich die Buchsbaumhecke des Parks wie eine feste, grüne Wand.
    Es war der Biergarten von Rudis Videoband. Arkadi hatte gedacht, daß er sich in München befand, weil er in die Aufnahmen der Stadt eingefügt war, eine Annahme, die ihm im nachhinein so dumm erschien, daß sich ihm der Magen umdrehte.
    Ein Kellner starrte ihn an. »Ist Frau Benz hier?« fragte Arkadi.
    Der Kellner warf einen Blick auf den am weitesten hinten stehenden Tisch, genau den, an dem die Frau auf dem Videoband saß. Ihr Stammplatz offensichtlich.
    »Nein.«
    Warum war Margarita Benz in das Band eingefügt worden? Der einzige Grund, der Arkadi einfiel, war der, daß sie Rudi nie zuvor gesehen hatte, ihren Namen nicht preisgeben wollte, und Rudi sie daraufhin zur Identifikation aufgenommen hatte. Aber sie war eine Frau, die ihren eigenen Tisch in einem eleganten Restaurant in Berlin hatte. Was konnte ein Moskauer Geldwechsler mit ihr zu schaffen haben?
    Der Kellner blickte ihn immer noch an. »Danke.« Arkadi wandte  sich  ab  und  erkannte  sein eigenes Spiegelbild in der Scheibe, als ob auch er in das Videoband Einlaß gefunden hätte.
     
    Auf dem Rückweg zur Wohnung kaufte Arkadi eine Wolldecke, ein Handtuch, Seife und einen Pullover in intellektuellem Schwarz. Um achtzehn Uhr wurde er von Max und Irina abgeholt und fuhr mit ihnen im Lift hinunter in die Tiefgarage.
     
    »Sie sind schlank, Sie können so was tragen«, sagte Max. In seinem mit Messingknöpfen besetzten Blazer sah er aus wie ein betuchter Freizeitschipper an Bord seiner Yacht.
    Irina trug ein smaragdgrünes Kleid, das ihre roten Haare vorteilhaft zur Geltung brachte. Sie war so nervös und aufgeregt, daß sie zu vibrieren schien.
    Arkadi war fasziniert von dem neuen Leben, das sie führte.
    »Scheint ja eine große Sache zu sein. Willst du mir nicht sagen, worum es geht?«
    »Es ist eine Überraschung«, sagte sie.
    »Verstehen Sie etwas von Kunst?« fragte Max, als ob er ein Kind in das Gespräch mit einbeziehe.
    »Arkadi wird das Bild kennen«, sagte Irina.
    Sie fuhren mit dem Daimler am Tiergarten entlang und dann zur Kantstraße. Irina drehte sich zu Arkadi um. Ihre Augen schienen in dem wie von einer Muschelschale reflektierten Innenlicht der Limousine besonders groß. »Ist alles in Ordnung? Ich habe mir Sorgen gemacht, als du anriefst.«
    Max fragte: »Er hat angerufen?«
    »Ich freue mich schon sehr auf den heutigen Abend«, sagte Arkadi.
    Irina streckte die Hand nach ihm aus. »Ich bin froh, daß du mitkommst«, sagte sie. »Du wirst sehen: Es ist vollkommen.«
    Sie parkten direkt am Savignyplatz. Als sie zur Galerie hinübergingen, wurde Arkadi sich bewußt, daß ihn ein bedeutendes kulturelles Ereignis erwartete. Distinguiert aussehende Männer begleiteten Matronen in Perlen und Juwelen. Künstler in Schwarz schritten neben Frauen in Strickkleidern. Fotografen drängten sich um den unscheinbaren Eingang zur Galerie. Arkadi schlüpfte hinein, während Irina ein kurzes Gewitter von Blitzlichtern über sich ergehen ließ. Im Hausflur hatte sich eine Schlange vor der Messingtür eines

Weitere Kostenlose Bücher