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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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schon einmal gehört zu haben. Der Mann konnte ein Milizionär sein wie der Verkehrspolizist, der ihn eben angesprochen hatte, womöglich war er aber auch ein privater Leibwächter.
    »Borja Gubenko, ein Geschäftsmann«, sagte Max.
    »Der Borja Gubenko?« Der Mann schien den Namen zu kennen. »War er ein enger Freund?«
    Max antwortete rasch: »Nicht gerade ein enger Freund, aber er hat mich hergebracht, und Tatsache ist, daß Renko ihn umgebracht hat und dann versucht hat, auch mich umzubringen. Wir stehen hier, die Kameras der Welt sind auf uns gerichtet. Die Welt ist Zeuge der heutigen Ereignisse, und ihr könnt doch wohl nicht zulassen, daß ein reaktionärer Agent wie Renko die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zieht. Er muß verschwinden. Wenn ihr ausrutscht und ihm zufällig in den Rücken schießt, wäre es kein großer Verlust.«
    »Ich mache nichts zufällig«, sagte der Mann.
    Max trat zur Seite und versuchte, seinen Weg fortzusetzen.
    »Wie gesagt, ich habe Kollegen hier.«
    »Ich weiß.« Der Mann nahm seine Maske ab. Es war Beno, Mahmuds Enkel. Sein Gesicht war fast so dunkel wie seine Maske, aber es wurde von einem Lächeln erhellt. »Deswegen sind wir hier. Falls du versuchen solltest, dich ihnen anzuschließen.«
    Der Größere zog Max an seiner Jacke zurück.
    »Wir haben Borja ebenfalls gesucht«, sagte Beno, »aber wenn Renko sich schon um ihn gekümmert hat, können wir uns ja auf dich konzentrieren. Als erstes wüßte ich gern Näheres über die vier Vettern von mir, die in deiner Wohnung in Berlin tot aufgefunden wurden.«
    »Renko, wovon redet der Mann?« fragte Max.
    »Und dann würden wir gern über Mahmud und Ali mit dir reden, und wenn es die ganze Nacht dauert«, sagte Beno.
    »Arkadi!« flehte Max.
    »Aber da es hier bald gefährlich wird«, sagte Beno, »gehen wir wohl besser woandershin.«
    Max riß sich los und lief quer über die Stufen nach unten. Am Fuß der Treppe glitt er aus, stürzte durch die Reihe der Kriegsveteranen, kam wieder auf die Füße und durchbrach den Kreis der um den Priester versammelten Gläubigen. Der größere Tschetschene lief hinter ihm her. Beno gab einer Gruppe in der Menge ein Zeichen und wies in Max’ Richtung. Mit seinem weißen Hemd war er leicht zu verfolgen.
    Beno sah Arkadi an. »Willst du bleiben? Es wird ein Massaker geben.«
    »Ich habe Freunde hier.«
    »Schaff sie fort.« Beno zog sich die Mütze wieder übers Gesicht und richtete die Löcher aus. Er ging eine Stufe hinunter.
    »Wenn nicht . viel Glück.« Dann verschwand er, eine dunkler werdende Gestalt in der Menschenmenge.
    Arkadi stieg die Stufen hinauf. Er erreichte die Plattform, als ein Sprecher aus der Tür trat, von Wachen geschützt, die schußsichere Schilde trugen. Der Sprecher, umringt von Kameras, gab bekannt, auf den Dächern nahegelegener Gebäude seien Heckenschützen gesichtet worden. Er huschte wieder ins Haus zurück, während die Journalisten auf der Plattform blieben.
    Irina war zusammen mit dem Sprecher aus der Tür getreten. »Du bist gekommen«, sagte sie.
    »Ich habe es versprochen.«
    Ihre Augen lagen vor Erschöpfung tief in ihren Höhlen, und zugleich leuchteten sie vor Begeisterung. »Stas ist drinnen. Er telefoniert mit München. Sie haben die Leitungen immer noch nicht gesperrt. Eine Direktübertragung. Er ist auf Sendung.«
    »Du solltest bei ihm sein«, sagte Arkadi.
    »Willst du, daß ich gehe?«
    »Nein. Ich will, daß du bei mir bleibst.«
    Als erneut Leuchtspurgeschosse über den Himmel zogen, mahnte die Stimme aus dem Lautsprecher vergebens, die Lichter gelöscht zu halten. Zigaretten glühten auf, Gasmasken wurden abgenommen - eine typisch russische Reaktion, dachte Arkadi. Auf dem Fluß war das Geräusch von Patrouillenbooten zu hören, und auf dem gegenüberliegenden Ufer näherten sich die Lichter eines Konvois. Die Frauen des äußeren Rings hatten angefangen zu singen, andere nahmen die Melodie auf und wiegten sich im Takt, so daß die Menge in der Dunkelheit aussah wie die Oberfläche der See oder eine vom Wind bewegte Grasfläche.
    »Laß uns zu ihnen gehen«, sagte Irina.
    Sie gingen die Stufen hinunter, durch den Ring der afghanischen Veteranen, vorbei an einer Reihe frisch entzündeter Kerzen. Weitere Kriegsveteranen in Rollstühlen waren eingetroffen und hatten Ketten durch die Speichen ihrer Räder. gezogen. Frauen schützten sie mit aufgespannten Regenschirmen. Das muß eine Parade gewesen sein, als die hier ankamen, dachte

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