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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Mann«, sagte Irina zu Arkadi. »Ein typischer Deutscher.«
    »Bist du ihm je begegnet?« fragte Arkadi. »Nein.«
    Max schien unangenehm berührt zu sein. »Boris fürchtet, daß dein Arkadi in Schwierigkeiten steckt, da er mit der russischen Mafia zu tun hat. Wenn etwas davon an die Öffentlichkeit dringt, könnte es für die Ausstellung verhängnisvoll sein.«
    »Ich habe nichts mit der Galerie zu schaffen«, sagte Arkadi.
    Max fuhr fort: »Boris glaubt, daß Renko dich ausnutzt.«
    »Wozu?« fragte Irina.
    Sie war in der Nacht zu ihm gekommen. Es war kein Traum, dachte Arkadi. Argwöhnisch achtete sie auf alles, was Max sagte oder tat. Neue Grenzen waren gezogen worden, und Max bemühte sich, sie nicht zu übertreten.
    »Um hierbleiben zu können, um sich zu verstecken - ich weiß es nicht. Ich sage nur, was Boris denkt. Wenn du willst, daß Renko bleibt, werde ich alles tun, um ihm das zu ermöglichen. Ich verspreche es. Solange ich ihn habe, habe ich schließlich auch dich, wie es scheint.«
     

Sie benahmen sich wie ein Paar aus dem Westen. Sie hätten George und Jane heißen können oder Tom und Sue. Sie machten einen Schaufensterbummel, kauften ein Sporthemd für Arkadi, das er gleich anzog, spazierten durch den Tiergarten zum Zoo, wo sie die Löwen ignorierten und statt dessen den Ponywagen zusahen. Begegneten weder Tschetschenen noch Kunstsammlern. Versuchten gar nicht erst, geistreich oder witzig zu sein. Normalität ist ein Zauber, der leicht zerbricht.
    Um zwei Uhr brachte Arkadi sie zur Galerie, ging zurück zum Bahnhof Zoo und warf ein paar weitere Münzen in sein Schließfach. Er versuchte, Peter anzurufen, aber wieder meldete sich niemand. Peter schien wütend oder nicht mehr interessiert zu sein. Arkadi hatte den Kontakt zu ihm verloren.
    Als er den Hörer auflegte, läutete es. Arkadi trat einen Schritt zurück. Auf dem Bürgersteig verkauften Afrikaner ehemaligen DDRlern französische Koffer und Reisetaschen. Übermüdete Jugendliche mit Rucksäcken und langen Haaren standen vor einer Wechselstube an. Niemand kam, um den Hörer abzunehmen. Schließlich tat er es.
    Peter Schiller sagte: »Renko, Sie sind ein miserabler Agent. Sonst würden Sie nicht zweimal aus derselben Telefonzelle anrufen.«
    »Wo sind Sie?«
    »Schauen Sie über die Straße. Sehen Sie den Mann in der hübschen Lederjacke, der da gerade telefoniert? Das bin ich.«
     
    Bei gutem Wetter war die Fahrt in die Umgebung der Stadt ein Vergnügen. Sie fuhren durch den Grunewald und dann an der Havel entlang, auf der Hunderte von Segelbooten kreuzten. Aus der Ferne sahen sie aus wie Möwen.
    »Bei Ihrem ersten Anruf hörte ich einen Zug an Ihrem Ende der Leitung, naja, und etwas Glück muß der Mensch eben haben. Mit ein paar logischen Schlüssen und einem gehörigen Schuß Intuition kam ich schließlich auf den Bahnhof Zoo - in dem laut Fahrplan zur Zeit Ihres Anrufs gerade ein Zug eingefahren sein mußte.«
    »Sie verstehen Ihren Job, das läßt sich nicht leugnen.«
    Peter ging nicht darauf ein. »Als Sie gestern vom Bahnhof Zoo aus anriefen, war ich dort. Ich bin Ihnen durch ganz Berlin gefolgt. Ist Ihnen aufgefallen, wie die Stadt sich verändert hat?«
    »Ja.«
    »Als die Mauer fiel, wurde überall gefeiert. Ost- und West-Berlin wieder eine Stadt! Es war wie eine wilde Liebesnacht. Und anschließend dann war’s wie der Morgen danach, an dem man feststellen muß, daß die Frau, nach der man sich so gesehnt hat, einem die Taschen durchwühlt, die Brieftasche wegnimmt und auch noch die Wagenschlüssel haben will. Die Euphorie war verflogen. Aber das ist nicht die einzige Veränderung. Wir waren auf die Rote Armee vorbereitet, aber nicht auf die russische Mafia. Ich habe Sie gestern beschattet. Sie haben die Leute gesehen.«
    »Es ist wie in Moskau.«
    »Davor habe ich Angst. Verglichen mit euren Gangstern sind die deutschen Kriminellen wie die Regensburger Domspatzen. Die russischen Mafiosi bringen sich auf offener Straße um. Boutiquen halten ihre Türen verriegelt und engagieren Privatwächter, ziehen nach Hamburg oder Zürich. Das ist schlecht fürs Geschäft.«
    »Was Sie aber nicht allzusehr aufzuregen scheint.«
    »Nach München sind sie noch nicht vorgedrungen. Und bevor Sie da auftauchten, war das Leben geradezu langweilig.«
    Arkadi wußte nicht, wie lange Peter Schiller ihn verfolgt hatte. Er wartete nur darauf, die Namen Max Albow, Irina Asanowa oder Margarita Benz zu hören.
    Irgendwo im Wald dann, zwischen Dörfern

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