Das Labyrinth
bekannt gemacht.«
»Weißt du, wer dieser Verkäufer ist?«
»Nein. Max kennt viele Leute. Er kann dir helfen, wenn du ihn nur gewähren läßt.«
»Wie du willst«, sagte Arkadi.
Sie küßte ihn. Bevor er aufstehen konnte, war sie gegangen.
Orpheus war in die Unterwelt hinabgestiegen, um Eurydike zu retten. Nach der griechischen Sage fand er sie im Hades und führte sie durch endlose, langsam ansteigende Höhlen zurück in die Welt der Lebenden. Doch die Götter hatten ihm auferlegt, daß er sich nicht umschauen dürfe, bis sie das Tageslicht erreicht hatten. Unterwegs spürte er, daß ihr Geist wieder zu einem warmen, lebenden Körper wurde.
Arkadi dachte über die logistischen Probleme nach. Orpheus war ihr offensichtlich vorangegangen. Hielt er ihre Hand, als sie die unterirdische Welt durchschritten? Hatte er ihr Handgelenk an seinem festgebunden, er, der Stärkere?
Daß sie die Prüfung nicht bestanden, war nicht Eurydikes Schuld. Es war Orpheus, der sich schließlich umwandte und mit diesem Blick Eurydike ins Reich der Schatten zurückschickte.
Manche Männer mußten einfach zurücksehen.
Zuerst wußte Arkadi nicht, ob Irina ihn tatsächlich besucht hatte, denn äußerlich schien sich nichts verändert zu haben. Max lud beide zum Frühstück in ein Hotel in der Friedrichstraße ein, lobte das renovierte Restaurant, schenkte Kaffee ein und legte Zeitungen mit Berichten über die Ausstellungseröffnung auf den Tisch.
»Sowohl >Die Zeit< als auch die >Frankfurter Allgemeine< bringen eine ausführliche Besprechung. Sehr zurückhaltend, aber positiv. Beide verweisen auf das, was die russische Kunst den Deutschen verdankt. Eine schlechte Kritik in der >Welt<, die offenbar nichts für moderne oder russische Kunst übrig hat. Eine noch schlechtere in der >Bildzeitung<, die sich mehr für Hormone und Sex interessiert. Gar nicht übel für den Anfang. Irina, du hast heute nachmittag Interviews mit >Art News< und dem >Stern<. Du kannst besser mit der Presse umgehen als Rita. Doch was noch wichtiger ist: Wir essen heute mit Sammlern aus Los Angeles zu Abend. Und die Amerikaner sind erst der Anfang, danach wollen die Schweizer mit uns reden. Das Nette an den Schweizern ist, daß sie nicht mit Kunstwerken protzen, sie kaufen sie einfach und legen sie dann in ihren Banktresor. Das erinnert mich: Ende der Woche nehmen wir das Rote Quadrat aus der Ausstellung, um es ernsthaft Interessierten leichter zugänglich zu machen.«
»Die Ausstellung sollte doch einen Monat laufen«, sagte Irina.
»Ich weiß, nur spielt die Versicherung da nicht mit. Rita wollte das Bild ursprünglich überhaupt nicht ausstellen, aber ich habe ihr gesagt, wie sehr dir daran gelegen ist.«
»Was ist mit Arkadi?«
»Arkadi.« Max seufzte auf, um zu zeigen, daß das ein Thema von geringerer Bedeutung war. Er tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. »Sehen wir einmal, was wir tun können. Wann läuft Ihr Visum ab?« fragte er Arkadi.
»In zwei Tagen.« Er war überzeugt, daß Max das wußte.
»Das ist ein Problem, weil die Deutschen keine politischen Flüchtlinge aus der Sowjetunion mehr aufnehmen.
Politisch ist da gar nichts zu machen.« Er wandte sich an Irina. »Tut mir leid, aber so ist es. Selbst wenn ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen ihn läuft. Niemand kümmert sich darum. Du selbst mußt dir da allerdings keine Sorgen machen. Wenn du mit mir reist, gibt’s überhaupt kein Problem.«
Er wandte sich wieder an Arkadi. »Da Sie sich also nicht absetzen können, Renko, muß Ihr Visum von der deutschen Ausländerpolizei verlängert werden. Ich kümmere mich darum. Sie brauchen eine Arbeitserlaubnis und eine Aufenthaltserlaubnis. Das geht natürlich nur, wenn das sowjetische Konsulat mitmacht.«
»Das wird es nicht«, sagte Arkadi.
»Dann sieht die Sache anders aus. Was ist mit Rodionow in Moskau? Will der Sie länger hierbehalten?«
»Nein.«
»Seltsam. Hinter wem sind Sie eigentlich her? Können Sie mir das sagen?«
»Nein.«
»Haben Sie es Irina gesagt?«
»Nein.«
»Hör schon auf, Max«, sagte Irina. »Jemand versucht, Arkadi umzubringen, und du hast gesagt, daß du ihm helfen willst.«
»Es geht nicht um mich«, sagte Max. »Es ist Boris. Ich habe mit ihm telefoniert, und er ist sehr besorgt um dich und nicht gerade glücklich darüber, daß die Galerie mit jemandem wie Renko in Zusammenhang gebracht werden könnte. Vor allem jetzt, wo unsere Arbeit sich auszuzahlen beginnt.«
»Boris ist Ritas
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