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Das Labyrinth

Das Labyrinth

Titel: Das Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Aura von Aftershave, machte allerdings den Eindruck, gut ausgeschlafen zu sein. »Ich habe Rodionow gesagt, daß wir Sie kaum entdecken würden«, sagte er zur Begrüßung. »Sie müssen oft hiergewesen sein.«
    »Sie sollten in Ihr Büro zurückkehren und Ihren Bericht schreiben«, sagte Rodionow. »Statt dessen verschwinden Sie einfach, rufen mich dann an und verlangen von mir, Sie mitten im Nirgendwo zu treffen.«
    »Kaum ein Nirgendwo«, sagte Arkadi. »Gehen wir.«
    Er begann, auf das Tor zuzugehen.
    Rodionow blieb an seiner Seite. »Wo ist der Bericht? Wo sind Sie gewesen?«
    Die Straße lag noch in tiefem Schatten. Albow hob die Augen und blinzelte in das Sonnenlicht, das oben in den Baumwipfeln spielte. »Stalin hatte eine Reihe von Datschen rund um Moskau, nicht wahr?«
    »Das hier war seine Lieblingsdatscha«, sagte Arkadi.
    »Ihr Vater hat ihn sicher häufig besucht.«
    »Stalin liebte es, die Nächte zu durchtrinken und zu reden. Morgens gingen sie dann meist hier spazieren. Beachten Sie, daß die größeren Bäume Tannen sind. Hinter jeder Tanne mußte ein Soldat stehen, der sich absolut ruhig zu verhalten hatte und nicht gesehen werden durfte.«
    Von beiden Seiten der Straße drang das Geräusch raschelnder Zweige zu ihnen, als versuchten irgendwelche Mäuse mit ihnen Schritt zu halten.
    Rodionow war immer noch wütend. »Sie haben Ihren Bericht nicht geschrieben.«
    Er wich zurück, als Arkadi in seine Jackentasche griff. Statt der Nagant holte er jedoch ein Bündel gelber, sauber beschriebener Blätter hervor.
    »Das muß noch getippt werden. Auf die entsprechenden Formulare. Wir werden es zusammen in meinem Büro durchgehen«, sagte Rodionow.
    »Und dann?« fragte Arkadi.
    Rodionow fühlte sich ermutigt. Ein Bericht, selbst handgeschrieben, war ein Zeichen der Unterwerfung.
    »Wir sind alle tief erschüttert durch den Tod unseres Freundes, General Penjagin«, sagte Rodionow. »Und ich kann verstehen, wie tief Sie die Ermordung Ihres Inspektors getroffen haben muß. Dennoch kann nichts Ihr Verschwinden und Ihre wilden Verdächtigungen entschuldigen.«
    »Was für Verdächtigungen?« Arkadi ging weiter. Bisher hatte er seine Telefongespräche mit Albow und Borja Gubenko mit keinem Wort erwähnt.
    »Ihr sprunghaftes Benehmen«, sagte Rodionow.
    »Wieso sprunghaft?« fragte Arkadi.
    »Ihr Verschwinden«, sagte Rodionow. »Ihre unprofessionelle Weigerung, sich an den Penjagin-Ermittlungen zu beteiligen, nur weil Sie sie nicht leiten. Ihre Fixierung auf den Fall Rosen. Die Belastung, wieder in Moskau zu sein, war zuviel für Sie. Ein Ortswechsel ist zu Ihrem eigenen Besten.«
    »Weg von Moskau?« frage Arkadi.
    »Es ist keine Degradierung«, sagte Rodionow. »Tatsache ist, daß es Verbrechen auch in anderen Städten als Moskau gibt, wirklich heiße Pflaster. Ich leihe meine Männer immer dorthin aus, wo sie wirklich gebraucht werden. Ohne den Fall Rosen sind Sie entbehrlich.«
    »Wohin?«
    »Baku.«
    Arkadi mußte lachten. »Baku liegt nicht nur außerhalb Moskaus, sondern auch außerhalb Rußlands.«
    »Man hat mich um meinen besten Mann gebeten. Das ist eine Chance für Sie, sich zu bewähren.«
    Angesichts des dreifachen Bürgerkriegs, der zwischen Aserbaidschanern, Armeniern und der Armee geführt wurde und den Kämpfen der verschiedenen Mafia-Organisationen um den Drogenhandel, war Baku eine Mischung aus Beirut und Miami. Es gab keinen bequemeren Platz auf der Erde, um einen Mann wie Arkadi verschwinden zu lassen.
    Zwanzig Meter hinter ihnen betrat Minin die Straße und klopfte sich die Blätter vom Mantel, was das Zeichen auch für die anderen Männer war, zwischen den Bäumen aufzutauchen. Der Zigeuner joggte zurück und stellte sich neben Minin.
    Arkadi fühlte sich längst als Teil einer Parade. »Ein neues Betätigungsfeld«, sagte er.
    »Das ist die richtige Einstellung«, sagte Rodionow.
    »Ich glaube, Sie haben recht. Es ist Zeit für mich, Moskau zu verlassen«, sagte Arkadi. »Nur dachte ich nicht an Baku.«
    »Es ist nicht Ihre Sache zu entscheiden, wohin Sie gehen«, sagte Rodionow. »Und wann.«
    Sie hatten das Tor erreicht. Von nahem gesehen, war es nicht schwarz, sondern dunkelgrün, mit einem Wachgang über einer hölzernen, durch Stahlplatten verstärkten Doppeltür und Wachtürmen auch an beiden Seiten. Eine Schranke versperrte Neugierigen den Weg, aber wer konnte der Versuchung schon widerstehen? Arkadi trat näher und ließ seine Hände über die nach wie vor liebevoll gepflegte

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