Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
Herz begehrt.
Ich war vorher noch nie hier. Ich meide in der Regel Orte, an denen zu viele Menschen derselben Ethnie, Nationalität oder Konfession zusammenkommen. Hier sind mir zu viele Asiaten, vor allem Vietnamesen auf einem Haufen. Man sagt, dass es hier neben dem alltäglichen Schrott auch alles gebe, was man sonst noch zum Leben zu benötigen glaubt. Aber auch das, was den unnatürlichen Tod herbeiführen kann, ist hier zu bekommen: Kalaschnikows, Makarovs, Schlagringe, Springmesser, Drogen. Des Öfteren gab es hier in der jüngsten Vergangenheit Razzien der Zollfahnder.
Wo man allerhand illegale Waffen und bewusstseinserweiternde Substanzen erwerben kann, dort dürfte auch ein Hinweis zur Identität der Frau mit den asiatischen Gesichtszügen auf dem Foto der Überwachungskamera zu finden sein. Zumal es hier im größten Asia-Markt der Hauptstadt für Prostitution höchstwahrscheinlich ebenfalls eine eigene Halle gibt.
Und tatsächlich, es dauert nicht lange, da treffe ich auf einen alten Bekannten, der aber offenbar keinen großen Wert darauf legt, an diese Bekanntschaft erinnert zu werden. Es ist ein Vietnamese, der während meiner Zeit bei der Drogenfahndung Stammkunde bei uns war.
»Keine Angst, ich bin nicht wegen deiner Geschäfte hier«, sage ich, damit die Angst nicht seine Zunge lähmt. »Mich interessiert vielmehr, wer das hier ist.« Ich halte ihm das Foto der Überwachungskamera unter die Nase. Er sagt nichts, zuckt nur gleichgültig mit den Schultern, als wäre sein Name Hase und er wüsste von nichts.
»Du kennst sie?«, sage ich, als wandere der Hase gleich in den Kochtopf. In seinen Körper kommt Bewegung. Er schüttelt vehement den Kopf.
»Soll das heißen, ich muss in anderer Funktion wiederkommen?«
Er sieht mich mit großen Augen an, als verstünde er mich nicht.
»Entweder du sagst mir jetzt, wer das da ist«, ich tippe auf das Foto, »oder ich bin in kürzester Zeit mit einem Einsatzkommando wieder hier und nehme deinen kleinen beschissenen Laden und deine Wohnung auseinander.« Ich schaue mich um und betrachte seinen Kosmetikgroßhandel – oder das, was er dafür hält. Ich habe noch nie so viel hässlichen Plunder auf einem Haufen gesehen. Das sind keine Kosmetikartikel, das sind Tausende künstlicher Fingernägel in Farben, die in den Augen schmerzen. Ebenso viele Parfümflaschen, Döschen mit Puder, Pasten, von denen ich gar nicht erst wissen will, woraus sie bestehen, und sonstige Präparate, auf die der Gesundheit zuliebe möglichst verzichtet werden sollte.
»Ich schwöre dir, dass wir irgendwas finden, was dich nicht gerade erfreuen wird, verstanden?«
Er nickt eingeschüchtert und macht das erste Mal den Mund auf.
»Ich weiß nichts. Aber frag doch mal da vorne beim Friseur nach.« Er zeigt den Gang entlang.
»Beim Friseur? Du meinst, der weiß Bescheid?«
Er nickt kaum merklich. Das Dong-Xuan-Center ist nicht nur ein riesiges Einkaufsparadies für Asiaten, sondern auch eine Dienstleistungsoase. Nagelstudios, Nähstuben, Reisebüros, Massageläden, sogar Fahrschulen, Steuerberater und Rechtsanwälte sind hier zu finden. Auch einige, vor allem vietnamesische, Restaurants blasen den Geruch von Bratfett in die Luft, der wie eine übel riechende Glocke unter der Hallendecke hängt.
»Wie heißt du eigentlich?«
»Hung.«
»Oh, Hung, der Heldenhafte.« Ich lache schadenfroh. Er sieht mich an, als würde er darüber nachdenken, ob sein Mut reicht, mir eine runterzuhauen. Er scheint sich dagegen zu entscheiden. Ich ziehe ab. Als ich beim Friseur ankomme, lässt dieser gerade sein Handy in der Schürze verschwinden und gibt zu erkennen, dass er mich bereits erwarte. Ich mache einen auf freundlich und halte dem jungen, vielleicht zwanzigjährigen Mann die Hand hin, doch er schlägt sie aus. Ich setze mich in einen der Friseurstühle und betrachte ihn hinter mir im Spiegel.
»Hung meint, dass du mir sagen kannst, wer das ist.« Ich halte ihm das Foto wie einen Haftbefehl hin. »Weil auch du gerne eine Razzia vermeiden würdest, stimmt’s?«
Er starrt mich feindselig an. Dann wirft er einen ebenso feindseligen Blick auf das Foto.
»Ich kenne sie nicht.«
In diesem Moment weiß ich, dass er lügt. Er scheint es zu bemerken und tippt zögerlich auf die Handtasche der Frau auf dem Foto.
»Aber ich weiß, wer diese Taschen verkauft.«
»Und?«
»Halle 8, Raum 811.«
»Danke.« Ich springe aus dem Stuhl. »Wiedersehen.«
Er erschrickt.
»Nein, nein, keine Angst. Wenn
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