Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
wieder rein.« Es ist Kupfer, einer der älteren Kollegen von der Spurensicherung, der es leise vor sich hin murmelt. Natürlich ist das auf mich gemünzt.
Es wird ganz still im Besprechungszimmer. Auch Kleeberg sagt nichts mehr. Er geht langsam, fast in Zeitlupe, auf Kupfer zu.
»Was hast du da gesagt?«
»Das weißt du ganz genau.« Kupfer pariert seinen Blick.
»Und ob ich das weiß. Falls du auf den da anspielst«, er zeigt auf mich, »kann ich dir nur sagen, dass es einen Grund hat, dass er hier verdeckt ermittelt. Der Grund ist, dass wir – du und du«, er zeigt auf die Kollegen, »und auch du, Kupfer, dass wir unfähig sind, diesen verschissenen Fall zu lösen. Dass wir sogar unfähig sind, interne Informationen für uns zu behalten. Verstehst du, Kupfer? Und dadurch«, er stampft auf den Zeitungen herum wie ein ungezogenes Kind, »wird alles nur noch schlimmer! Du kannst dich gerne mal mit dem Staatsanwalt unterhalten, Kupfer, oder mit Dr. Wenger, dann möchte ich mal sehen, ob dir eine derartige Bemerkung noch mal über die Lippen kommt. Soll ich gleich einen Termin für dich machen?«
Kupfer kapituliert, senkt den Kopf und scheint auf Kniehöhe nach einem Versteck zu suchen.
Irgendwie sieht der wütende Kleeberg albern aus. Ich muss schmunzeln.
»Was gibt’s denn da zu grinsen?« Kleeberg sieht mich an, als wäre ich der Nächste, den er mit Worten filetieren will.
Ich schüttle den Kopf.
»Raus! Alle!«
Auch ich will mich davonmachen.
»Sie bleiben!«
Während die Kollegen den Raum verlassen, fordert Kleeberg mich auf, Platz zu nehmen. Ich bleibe stehen. Irgendwie scheint er sich beruhigt zu haben. Irgendwie scheint ihm der Gefühlsausbruch peinlich zu sein. Er sammelt die Zeitungen vom Boden auf und legt sie auf den Konferenztisch.
»Sie können jederzeit aussteigen.« Seine Stimme klingt wieder gefälliger. »Aber wenn Sie weitermachen, wenn Sie weiter verdeckt ermitteln, dann erwarte ich, dass alles, was Sie herausfinden, alles, was ich Ihnen sage, absolut alles vertraulich zu behandeln ist. Ist das klar?«
»Ich habe nichts damit zu tun.« Mein Blick ruht auf den Zeitungen.
»Ich weiß.«
Das überrascht mich dann doch. Er wendet sich ab und blickt auf die Tafel an der Wand, an der die Fotos der beiden Mordopfer hängen, dazu Hinweise und Erkenntnisse der Spurensicherung.
»Ich glaube Ihnen.« Er schaut mich noch immer nicht an. »Aber mein Vorgesetzter und einige Kollegen sind sich da nicht so sicher.« Er dreht sich wieder zu mir. »Es war schwer genug, denen klarzumachen, dass wir Sie brauchen. Die zweifeln an Ihren Methoden. Die zweifeln an Ihnen. Und die bezweifeln auch, dass Sie entscheidend zur Aufklärung des Falles beitragen können.«
Ich zucke mit den Schultern.
»Und Sie?« Ich blicke auf das vergrößerte Foto der asiatischen Frau von der Überwachungskamera des Hotels. Irgendetwas irritiert mich. Irgendetwas auf dem Foto sieht falsch aus.
»Ich weiß, dass Sie uns helfen können.« Auch Kleeberg scheint meine kurzzeitige Irritation zu bemerken. »Aber nicht, weil ich Ihnen traue.« Sein Blick pendelt zwischen dem Foto an der Tafel und mir. »Ich traue Ihnen nicht , und das wissen Sie längst. Aber ich weiß, was Sie zu leisten imstande sind. Sie haben es schon mal unter Beweis gestellt. In München, Sie erinnern sich?«
Das ist wieder eine dieser Kleeberg’schen Frechheiten. Sie erinnern sich? Ich erinnere mich nicht nur daran, es bereitet mir seither schlaflose Nächte. Das Gesicht mit den erschrockenen Augen gehört seitdem zu meinem Leben. Ähnlich wie die fristlose Kündigung des Polizeidienstes vor zwei Jahren. Davon habe ich mich bis heute nicht erholt. Kleeberg scheint das zu wissen. Er lächelt hinterhältig.
»Haben Sie die Asiatin eigentlich schon ermittelt?«
»Noch nicht.«
ICH
Es ist eine vollkommen andere Welt. Asien in Europa. China, Japan, Pakistan, Thailand, Indien, Vietnam mitten in Deutschland. Hier haben in Berlin die Schlitzaugen das Sagen. Das Dong-Xuan-Großhandelscenter in Lichtenberg ist der Vorratsbunker des fernen Ostens für Menschen aus der Hauptstadt. Hier kaufen die Berliner Asiaten ein. Aus allen Schichten. Auf dem alten Industriegelände in Lichtenberg bieten Hunderte von Händlern Textilien, Lederwaren, Spielzeug und Lebensmittel in mehreren Hallen an. Von gebleichten Jeans, Polyamid-Socken und sprechenden Tannenbäumen bis hin zu Uhren, Schmuck, Elektronik, Reizwäsche und Plastikpflanzen gibt es hier alles, was das asiatische
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