Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
811 die Frau erkennt, komme ich nicht wieder.«
Ich lasse ihn stehen und weiß, auch ohne mich umzudrehen, dass er jetzt mit seinem Handy beschäftigt ist.
In Raum 811, Halle 8, erwartet mich in einem Lederwarenladen bereits eine Vietnamesin. Sie ist älter als der junge Mann, aber nicht weniger feindselig. Ich mochte Vietnamesinnen noch nie, Asiatinnen generell nicht. Die meisten sind wenig ansehnlich, finde ich. Das trifft auch auf diese hier zu.
»Danke, dass ich Ihnen für einen Moment Ihre kostbare Zeit stehlen darf«, sage ich und reiche ihr die Hand. Sie greift zögerlich danach. Die Hand fühlt sich warm und feucht an. Ich lächle, bevor ich zur Sache komme.
»Mich würde interessieren, ob Ihnen diese Tasche hier bekannt vorkommt.« Ich zeige auf die Handtasche auf dem Foto. Sie schüttelt den Kopf, obwohl die Wände um uns herum voller Handtaschen hängen, die aussehen, als wären sie aus genau demselben Schlangenlederimitat gefertigt.
»Oh, da schau her. Ist das nicht dieselbe?« Ich gebe mich überrascht, nehme eine der Taschen von der Wand und halte sie hoch. Die Vietnamesin blickt auf die baumelnde Tasche, als sähe sie das gute Stück zum ersten Mal.
»Also, ich glaube schon«, sage ich. »Was meinen Sie?«
Sie meint nichts.
»Wenn ich es mir recht überlege, bin ich mir ziemlich sicher. Ich würde sogar behaupten, dass die Frau ihre Tasche zu hundert Prozent hier bei Ihnen gekauft hat.«
Sie hebt die Schultern. Eine ihrer ausgewiesenen Charakterzüge scheint Hartnäckigkeit zu sein.
»Wissen Sie was? Mir scheint, dass Sie alle hier im Dong-Xuan-Center nicht gerade gesprächig sind. Kann das sein? Das bedeutet in der Regel, nach der Philosophie von deutschen Ermittlungsbeamten, dass Sie was zu verbergen haben. Verstehen Sie?«
Sie schüttelt den Kopf.
»Na gut. Versuchen wir es anders. Ich weiß, Sie wollen nichts sagen, Sie können nichts sagen und Sie dürfen nichts sagen. Das verstehe ich, ehrlich. Aber ich fürchte, Sie müssen auch mich verstehen. Denn wenn Sie nichts sagen, sehe ich mich gezwungen, mit einer ganzen Horde von Polizeibeamten wiederzukommen, die keine besonders guten Manieren haben. Und was das zu bedeuten hat, das verstehen Sie bestimmt, oder?«
»Asia-Escort«, fällt es aus ihrem Mund wie eine faulige Frucht.
»Hä?«
»www.asiaescort.de. Mehr kann ich nicht sagen.«
»Na, das ist doch schon allerhand. Danke und bis zum nächsten Mal.«
Nicht nur Nagelstudios und Nähstuben gibt es im Dong-Xuan-Center sondern natürlich auch einen Computer– und Elektronikgroßhandel, in dem neben PC s, Laptops und sonstigen elektronischen Geräten auch ein kleines Internetcafé betrieben wird. Dort suche ich im Netz nach dem Asia-Escort und werde fündig. Es handelt sich dabei tatsächlich um einen Escort-Service von asiatisch aussehenden Nutten. Ich scrolle über die Damen hinweg und bleibe an einem Gesicht hängen: Nora! Das könnte sie sein. Trotz der nicht perfekten Aufnahme der Hotelüberwachung erkenne ich eine Ähnlichkeit mit dem Bild auf der Homepage. Und Überraschung: Nora ist nicht nur eine Frau. Nora ist eine Frau mit dem gewissen Extra , eine TS , eine Transsexuelle, die für 200 Euro die Stunde, plus Vermittlungsgebühr, Zugang zu ihrem Geheimnis erlaubt.
Ich empfange dich in meinem Reich – einem Kosmos voller Zauber, Fantasie und Erregung. Ich habe eine Menge Gesichter, viele Seiten – und bin sehr gespannt auf dich.
Halleluja, der Gastrokritiker Dr. Stefan Ehrenfeld kam auf den Geschmack und hat sich von einer Transe die Rosette massieren lassen.
Ich drucke mir den Eintrag aus und beschließe zu überprüfen, was diese Nora so draufhat.
Falls ich deine Aufmerksamkeit erregt habe, buche mich, und wir starten unsere gemeinsame Exkursion in die geheimnisvolle Welt der Liebe und Lust. Deine Nora.
ICH
Wenn du neugierig und willig bist, die ersten Schritte unserer Exkursion zu machen, dann reiche mir die Hand, und wir werden das erotische Universum gemeinsam erleben. Natürlich kannst du mich auch für einen anspruchsvollen Escort buchen, auch für längere Zeit oder für deine Geschäftsreisen. Vielleicht willst du aber auch einfach bei einem Drink in heimeliger Atmosphäre mit Kerzenschein meine Anwesenheit kosten.
Ich warte. Es ist fünf vor zehn. Ich habe Nora auf zehn bestellt. Es war ziemlich einfach, einen Termin über den Escort-Service zu buchen. Alles lief übers Internet und weitgehend anonym. Ich musste nur eine Vermittlungsgebühr über meine
Weitere Kostenlose Bücher