Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
dass hier etwas faul ist. Ich knöpfe mir erneut das Band vor. Kaum ist Nora verschwunden, taucht um 22:08 Uhr inmitten einer Gruppe von Männern, die sich leicht schwankend zur Rezeption bewegen, eine Person in der Hotellobby auf, fast wie ein Schatten, der auf direktem Weg zum Aufzug huscht. Schwarzer Trenchcoat, schwarze Hose, schwarzer Hut, tief ins Gesicht gezogen. Der Mann sieht aus wie Django in den Italo-Western von Sergio Corbucci. Er bewegt sich so geschickt, dass er nur von hinten zu sehen ist. Ich spule vor, bis Django um 23:57 Uhr erneut am Aufzug auftaucht und verschwindet. Er war also fast zwei Stunden im Hotel.
Komisch. Was hat er da gemacht? Vielleicht war er es, der bei Ehrenfeld gewesen ist, nachdem Nora gegangen war! Dann könnte Django der Täter sein.
Immer wieder schaue ich mir die Aufnahmen an und muss dabei feststellen, dass sich mit dem ausgedruckten Bild nichts anfangen lässt. Für ein Fahndungsfoto taugt es nicht. Würde dieses Foto veröffentlicht, gäbe es Tausende von Hinweisen, aber keinen, der weiterhelfen würde.
Ich lasse die beiden Empfangsdamen kommen, die zur Tatzeit Dienst hatten. Die Blondine wirkt eingeschüchtert, nachdem ich ihr meine Plastikkarte gezeigt habe. Ich lege den Frauen das vergrößerte Bild von Django auf den Tresen.
»Können Sie sich an den Mann erinnern?«
Beide verneinen.
»Haben Sie ihn vielleicht davor oder danach schon einmal gesehen?«
»Das könnte doch jeder sein«, sagt die Blondine. Es klingt wie ein Vorwurf.
Stimmt. Jeder und keiner.
ICH
Ich stehe im kalten Flur. Das Licht ist aus. Durch seltsame Geräusche werde ich wach.
Ich war vielleicht zehn Jahre alt, und wir lebten bereits seit ein paar Jahren im Westen. Es war spät in der Nacht, vielleicht zwei, drei Uhr. Ich hatte mich im Schlafanzug aus meinem Kinderzimmer geschlichen, auf Zehenspitzen den Flur entlang zum Schlafzimmer meiner Mutter. Dahinter waren Geräusche zu hören. Stimmen. Atmen. Ich drückte mein Auge an das zugige Schlüsselloch. Was ich sah, verschlug mir den Atem. Es machte mir Angst und weckte gleichzeitig meine Neugier. Ich hatte sofort das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Die Nachttischlampe brannte. Auf dem Bett lag meine Mutter. Sie war nackt. Über ihr kniete ein Mann, ebenfalls nackt. Ich bekam immer nur Ausschnitte zu sehen, die aber in meinem Kopf zu einem Film mit vierundzwanzig Bildern pro Sekunde montiert wurden. Mein Schädel war die Spule, die Netzhaut wurde zur Projektionsfläche.
Erste Sequenz: Meine Mutter sitzt auf dem Mann und bewegt sich immer wieder rauf und runter. Zuerst langsam, dann immer schneller. Ihre Hände stützen sich auf seinen Knien ab. Schnitt, zweite Sequenz: Meine Mutter kniet auf allen vieren vor dem Mann, der hinter ihr kniet und seinen Unterleib vor und zurück bewegt, wobei er ihr mit der flachen Hand auf den Hintern schlägt und keucht, Ich fick dich! Ich fick dich!, während meine Mutter dazu noch lauter stöhnt. Schnitt, dritte Sequenz: Das Gesicht meiner Mutter ist zwischen den Beinen des Mannes, und sein Gesicht zwischen ihren.
Fortwährend wiederholten sich die Sequenzen, ratterten wie ein Endlosband in meinem Kopf. Gebannt schaute ich ihnen zu und vergaß dabei das Schlucken, sodass mir der Speichel aus den Mundwinkeln auf den Boden tropfte. Irgendwann blieben beide erschöpft auf dem Bett liegen. Ich schlich mit tauben Beinen, aber zittrigen Knien zurück in mein Zimmer. Bis zum Morgen lag ich wach, während mir die Bilder wie Statuen aus Stein vor Augen standen.
Am nächsten Morgen saß der Mann im Bademantel mit meiner Mutter am Tisch und schmierte sich ein Marmeladenbrötchen.
»Ich bin Rainer«, sagte er, als ich hereinkam. Meine Mutter, die danebensaß, legte ihm demonstrativ den Arm um die Schultern, als wollte sie sagen: Der gehört ab jetzt zu mir.
»Rainer kommt jetzt öfters«, sagte Mutter. Der Mann bekräftigte es durch mehrmaliges Kopfnicken und streckte mir die Hand entgegen.
»Ich fick dich!«, rief ich und rannte aus der Küche mit der festen Absicht, den Mann umzubringen.
Ich brachte ihn natürlich nicht um. Stattdessen musste ich mich bei ihm entschuldigen, weil meine Mutter drohte, mich andernfalls ins Internat abzuschieben.
Ich entschuldigte mich. Rainer war nicht nachtragend, gab sich locker. »Ich verstehe dich ja«, sagte er. »Wir mögen nun mal die gleiche Frau, was?« Er klopfte mir mit der flachen Hand auf die Schulter, wie meiner Mutter in der Nacht auf den Arsch.
Nachher fickt er
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