Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
Er stand noch immer im Flur, verweilte noch lange an der Tür, hörte ihre Schritte auf dem langen Hausflur. Dann den Aufzug.
Er ging zurück ins Wohnzimmer und schaute aus dem Fenster. Es regnete. Er schwankte zwischen Hochgefühl und Trauer, zwischen unfassbarem Glück und unerträglicher Entbehrung.
Unten auf der Straße tauchte sie ganz klein auf. Sie drehte sich um und schaute nach oben. Er winkte. Dann überquerte sie die Straße, verschwand am Park Inn Hotel und bog ab zum Alexanderplatz. Als sie nicht mehr zu sehen war, schlug er das Plumeau auf der Couch zurück – das T-Shirt! Das gelbe T-Shirt lag auf dem Laken – it’s war zu sehen, brain verdeckt. Er legte sich auf die Couch, drückte das T-Shirt an sich und zog das Plumeau bis über die Nase hoch. Draußen klopften Regentropfen an die Fensterscheiben.
ICH
Ich stehe nackt am offenen Fenster. Gegenüber leuchtet der Fernsehturm. Die Spitze blinkt rot. Ich rauche und puste den Qualm hinaus in die warme Sommerluft. Auf dem Alexanderplatz sind Touristen unterwegs; einige sind betrunken, schwanken ineinander gehakt umher. Frauen kreischen kurz und laut auf. Am Brunnen sitzen Punks mit ihren Hunden im Halbrund, lassen Bierflaschen kreisen, während ihre Hunde sich balgen.
Ich bediene mich an der Minibar. Stefan Ehrenfeld hat dasselbe getan. Die Spirituosen im kleinen Zimmerkühlschrank waren am Morgen leer. Sein Alkoholgehalt im Blut betrug nach der Obduktion noch 1,2 Promille. Womöglich stand auch Ehrenfeld hier am Fenster, bevor Nora kam. Vielleicht auch danach noch, als sie wieder weg war. Er hat einen Cognac getrunken, auf den Platz hinuntergeschaut und seine Befriedigung genossen. Spermaspuren befinden sich am schlaffen Schwanz, was durch die Obduktion belegt ist. Vielleicht hatte er auch Gewissenbisse. Womöglich machte er sich zum wiederholten Male Vorwürfe, es mit dieser kleinen Nutte getrieben zu haben, während seine Frau fest davon ausging, er sei gerade in Stuttgart oder München, um wieder ein Sterne-Restaurant im Auftrag einer Gourmet-Zeitschrift zu testen.
Womöglich war ihm seine Frau aber auch egal. Schon lange verband ihn nichts mehr mit ihr. Die Kinder waren mittlerweile erwachsen und aus dem Haus. Seine Frau interessierte sich schon lange nicht mehr für ihn. Sie spielte Bridge, traf sich mit ihren steinreichen Freundinnen und reiste viel. Wahrscheinlich war es ihr völlig egal, mit wem ihr Mann ins Bett ging – so wie es ihm egal war, was seine Frau trieb. Er hätte sich eigentlich schon längst von ihr scheiden lassen sollen. Sie wollte aber nicht. Sie wollte die Fassade aufrechterhalten. Sie wollte nach außen hin eine heile Welt. Ein Spiel, in das sie beide ungefragt einwilligten. Ehrenfeld war es gleich. Solange er die kleine Transe zweimal im Monat ficken konnte und neben ihr womöglich noch andere, fehlte ihm nichts.
Wahrscheinlich war er ganz in Gedanken gewesen, als es an seiner Zimmertür geklopft hatte. Vermutlich erschrak er kurz und sagte sich, Nora hätte etwas vergessen. Vielleicht hatte er sich suchend im Zimmer umgeblickt, hatte auf die Schnelle aber nichts entdecken können. Dann hatte er sich das Handtuch um die Hüfte gewickelt, war ein wenig säuerlich zur Tür gegangen und hatte für einen kurzen Moment überlegt, ob er Nora noch einmal ins Zimmer bitten sollte, da er plötzlich wieder eine leichte Geilheit spürte. Ich könnte sie ausnahmsweise ein zweites Mal vögeln, dachte er sich vielleicht und öffnete die Tür.
Und dann erschrak er ein weiteres Mal. Denn vor der Tür hatte nicht Nora gestanden, sondern jemand anders, den er nicht kannte. Noch mehr allerdings erschrak er über die Mündung der Pistole, in die er geradewegs blickte. Vielleicht dachte er in diesem Moment daran, die Tür einfach wieder zuzuschlagen. Aber er hätte es nicht nur denken, sondern auch tun sollen. Zum Denken und Handeln war die Zeit zu kurz. Noch ehe er reagieren konnte, hatte ihn ein Schlag am Kopf getroffen. Die Obduktion ergab ein Hämatom an der Stirn. Vermutlich von einem stumpfen Gegenstand. Es musste die Waffe des ungebetenen Gastes gewesen sein. Ehrenfeld war zurückgewichen; sein Handtuch war heruntergerutscht und zu Boden gefallen. Sein Mörder hatte das Zimmer betreten und die Tür hinter sich geschlossen, hatte Ehrenfeld zum Bett gedrängt und seine Hände mit Handschellen an die Bettpfosten gefesselt. Dann hatte er ihm mit Klebeband den Mund verschlossen …
Ich lege mich nackt aufs Bett, fessle meine linke
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