Das Laecheln Deines Moerders
»Ned hat mich getragen. Ich wollte, dass du es als Erste erfährst.« Sie streckte ihrer Freundin die linke Hand entgegen, und Jenna schluckte, als sie den Diamanten an Caseys Ringfinger sah. Tränen brannten in ihren Augen. O nein, sie würde Caseys großen Augenblick nicht mit ihren eigenen, kleinen Problemchen ruinieren.
Also lächelte sie erst Ned, dann Casey zu. »Ich freue mich sehr für euch.«
Und dann brach sie in Tränen aus.
Casey sagte einen Moment lang nichts, sondern legte nur ihre Hand auf Jennas. Dann wandte sie sich zu Ned um. »Frag Allison, ob sie etwas Stärkeres als Eistee hat. Und wenn sie Nein sagt, frag Seth, wo er seinen Schnaps versteckt.«
Jenna schniefte. »Ich darf keinen Alkohol trinken. Ich nehme Schmerzmittel.«
»Ist auch nicht für dich«, erwiderte Casey. »Ich will damit meine Nerven beruhigen, damit ich Steven Thatcher nicht umbringe.«
Freitag, 14. Oktober, 15.30 Uhr
Neil stand mitten in Kellys Zimmer und blickte sich frustriert um. Er hatte stundenlang das Zimmer durchsucht, jeden Quadratzentimeter unter die Lupe genommen, aber nichts gefunden. Aber es
musste
etwas geben, dachte er, während er zum Fenster ging. Er betrachtete das kreisrunde Loch in der Scheibe und stellte sich vor, wie der Täter eingedrungen war. Die zerwühlte Decke auf Kellys Bett ließ darauf schließen, dass sie sich heftig gewehrt hatte, doch der Angreifer war größer und stärker gewesen. Wahrscheinlich hatte er ihr einen Mundschutz aufs Gesicht gepresst, sodass sie das Ketamin eingeatmet hatte und innerhalb weniger Sekunden bewegungsunfähig gewesen war. Aber in diesen wenigen Sekunden hatte sie gekämpft.
Sie war jung und fit, eine sportliche Cheerleaderin. Ihre Trophäen hingen an der Wand im Wohnzimmer der Templetons. Sie war sehr gut gewesen, und um so gut zu werden, musste man über Kraft und Körperbeherrschung verfügen. Doch sie war so zierlich wie ihre Mutter.
»Mrs. Templeton«, rief er, und einen Augenblick später kam die erschöpfte und von Sorgen zerfressene Mutter herein. »Ich brauche Ihre Hilfe.«
Mrs. Templeton musterte ihn misstrauisch. »Was ist?«
»Ich möchte mir genau vorstellen können, wie Ihre Tochter sich gegen ihren Angreifer gewehrt hat. Sie haben dieselbe Größe. Würden Sie die Szene mit mir nachspielen?«
Mrs. Templetons Miene verhärtete sich. »Wo soll ich ste
hen?«
Neil lächelte. »Direkt hier, neben mir.« Behutsam drehte er sie um, sodass sie ihm den Rücken zuwandte, und legte ihr eine Hand über den Mund. »Und jetzt wehren Sie sich. So sehr Sie können.« Er zuckte zusammen, als ihr Ellenbogen ihn in die Rippen traf, und sie verharrte. »Nein, Ma’am. Kämpfen Sie gegen mich an. Tun Sie es.« Also begann sie, sich in seinem Arm zu winden und zu drehen, griff in seine Jacke und zerrte daran, bis sich ein Knopf löste und durchs Zimmer flog. Er ließ sie los, und sie wandte sich zu ihm um. Ihre Wangen glühten, und ihr Atem kam stoßweise.
»Und?«
Neil öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder, als etwas Pelziges in die Ecke lief, in die der Knopf gerollt war. Er legte einen Finger auf die Lippen, damit sie nichts sagte, und gemeinsam sahen sie zu, wie die Katze der Templetons den Knopf zwischen die Zähne nahm.
Schweigend folgten sie der Katze, die in ein ungenutztes Zimmer, wahrscheinlich das Gästezimmer, huschte und dort unter einem Sessel verschwand. Neil hob den Sessel an, und die Katze duckte sich, fauchte und rannte davon. Dort, wo sie eben noch gesessen hatte, lag ein kleiner Haufen funkelnder Knöpfe. Mrs. Templetons Augen weiteten sich. »Denken Sie …?«
»Ich bete darum«, sagte Neil ernst. »Ich bete innig.«
Freitag, 14. Oktober, 15.30 Uhr
»Du hast Besuch«, sagte Seth, und Jenna stöhnte. Nicht schon wieder. Casey war weg, und Jenna wollte schlafen.
»Geh weg, Dad. Ich will keinen Besuch mehr.«
»Den willst du«, erwiderte Seth und öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Jim sprang schwanzwedelnd und hechelnd herein und tänzelte aufgeregt vor seinem Frauchen hin und her. Er sah fit und gesund und zufrieden aus. »Wendy meint, Jean-Luc braucht noch ein paar Tage, damit die Nähte ausheilen können, aber Jim wollte sie schon gehen lassen.«
Jenna warf einen Blick auf Seths glückliche Miene und Jims wedelnden Schwanz und brach in Tränen aus.
Freitag, 14. Oktober, 15.50 Uhr
»Steven.«
Steven, der über Papiere gebeugt saß, hob den Kopf und blickte in Kents aufgeregtes Gesicht. Augenblicklich
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