Das Laecheln Deines Moerders
Auch heute würde sie sich allein auf ihre Couch kuscheln. Und allein alte Filme sehen. Und wenn sie Glück hatte, fand sie im Kühlschrank noch ein paar Essensreste, die sie sich warm machen konnte. Allein.
Es kam nicht oft vor, dass sie sich in Selbstmitleid erging.
Also hör auch jetzt auf damit,
schalt sie sich. Aber wenn der Zug erst einmal in Gang gesetzt war, ließ er sich schwer wieder stoppen, das wusste sie. Schon wandten sich ihre Gedanken Adam und einer Zeit zu, in der sie nicht allein gewesen war. »Toll«, murmelte sie. »Jetzt fühle ich mich noch elender.« Sie beäugte Jim und Jean-Luc düster. »Wenigstens belehrt ihr zwei mich nicht ständig, dass ich lange genug getrauert habe und endlich wieder leben soll.«
Ein Klopfen an der Tür ließ beide Hunde knurrend aufspringen.
»Sitz«, befahl Jenna und humpelte zur Tür, um durch den Spion zu blicken. Ein Seufzen. Draußen stand Adams Vater und tappte ungeduldig mit dem Fuß. Sie öffnete die Tür. »Hi, Dad.« Jenna, die ihre Eltern Jahre zuvor verloren hatte, war von Adams Familie rasch adoptiert worden. Sie nickte in Richtung der dunklen Gestalt, die auf der anderen Seite des Flurs aus einer Tür spähte. »Hallo, Mrs. Kasselbaum.«
Mrs. Kasselbaum trat auf den Flur, ihr silbernes Haar perfekt frisiert, der Hauskittel gebügelt und gestärkt – ganz wie immer. »Hallo, Jenna. Ihr junger Mann ist ja nicht lange geblieben.«
Adams Vater zog die buschigen Augenbrauen hoch. »Was für ein junger Mann? Und wo ist dein Auto? Ich hab’s draußen nicht gesehen?«
»Guten Abend,
Dad. Komm rein.«
Seth Llewellyn wandte sich zu Mrs. Kasselbaum um. »Welcher junge Mann? Wo ist ihr Auto?«
Mrs. Kasselbaum beugte sich verschwörerisch vor. »Sie ist mit einem Mann nach Hause gekommen. Groß, gut gekleidet, attraktiv. Blond, braune Augen. Was mit dem Auto ist, weiß ich nicht.«
Jenna schaute flehend zur Decke. »Komm
rein,
Dad. Schönen
Abend,
Mrs. Kasselbaum.«
Seth würdigte Jenna nicht einmal eines Blickes. »Wie groß? Wie attraktiv?«
Mrs. Kasselbaum klimperte mit den Lidern. Sie hatte etwas übrig für Adams Vater, der schon verwitwet gewesen war, als Jenna ihn kennen gelernt hatte. »Ungefähr so groß wie Sie«, sagte Mrs. Kasselbaum kokett, und Jenna verdrehte erneut die Augen. Steven Thatcher – wenn auch definitiv nicht »ihr« junger Mann – war um einiges größer als Seth. Mrs. Kasselbaum übte wieder ihren Augenaufschlag. »Aber längst nicht so attraktiv wie Sie.«
Seth lachte. »Na, nun hören Sie aber auf.« Auch er beugte sich nun konspirativ zu ihr. »Und wie lange ist er geblieben?«
Jenna schlug die Stirn gegen den Türrahmen. Ein paar Mal hintereinander. Die beiden Tratschmäuler beachteten sie nicht.
»Sechzehn Minuten.« Mrs. Kasselbaum nickte bestätigend.
Seth schürzte die Lippen. »Nur sechzehn Minuten?«
Mrs. Kasselbaum hob ihre knochigen Schultern und seufzte dramatisch. »Ich kann nur mitteilen, was ich gesehen habe.« Sie warf Jenna einen herablassenden Blick zu. »Den Rest muss sie Ihnen wohl selbst erklären.«
»Oh, du lieber Himmel!« Jenna schüttelte den Kopf. »Dad, ich habe mir den Fuß umgeknickt und kann jetzt nicht mehr stehen.«
Seth sah sie zerknirscht an. »Warum hast du das denn nicht gleich gesagt, Liebes?« Er winkte der enttäuschten Mrs. Kasselbaum zum Abschied und scheuchte Jenna zurück in die Wohnung. Drinnen stemmte er die Hände in die Hüften. »Wie ist das mit deinem Fuß passiert? Wer war der junge Mann? Und wo ist dein Auto?«
Jenna seufzte. Sie liebte Adams Familie von Herzen, aber manchmal konnte sie einem auf die Nerven gehen. Sie humpelte zum Sofa und setzte sich. »Kein junger Mann. Es war der Vater eines meiner Schüler aus dem Abschlussjahrgang, also muss er mindestens – oh, ich weiß auch nicht – mindestens vierzig sein.«
Seth zuckte zusammen. »Vierzig ist natürlich steinalt.«
»Du weißt genau, was ich meine.«
»Und hat dieser vierzigjährige Vater eines deiner Schüler aus dem Abschlussjahrgang auch einen Namen?«
»Er heißt Steven Thatcher. Ich habe ihn wegen seines Sohnes angerufen, und als wir uns trafen, hat er mich versehentlich umgerannt. Ich bin gefallen und habe mir den Fuß umgeknickt. Er hatte ein schlechtes Gewissen deswegen und hat mich nach Hause gefahren.«
Seth sah sie entgeistert an. »Das Auto steht immer noch auf dem Schulparkplatz? Das ist nicht gut. Ich fahre rüber und hole es.« Schon wandte er sich zum Gehen.
Jenna
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