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Das Laecheln Deines Moerders

Das Laecheln Deines Moerders

Titel: Das Laecheln Deines Moerders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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Garett, Charlie, Seth und sie, die sie neben dem Platz sitzen würde, den Adam immer eingenommen hatte. Der Platz, der nun leer blieb. Sie alle würden sich setzen, an den Händen halten, und Garrett würde das Tischgebet sprechen.
    Und das würde der erste üble Augenblick werden, denn über den leeren Platz zu greifen, um Seths Hand zu nehmen, machte ihr umso bewusster, dass Adam nicht mehr bei ihnen war. Der zweite Moment würde kommen, wenn jeder von ihnen auf Adam trank. Jenna konnte sich nicht mehr erinnern, was sie letztes Jahr gesagt hatte, und ihr fiel nichts ein, was sie dieses Jahr hätte sagen können. Und allein der Gedanke verursachte ihr Übelkeit.
    Sie gab sich einen Ruck und nahm die Treppe in Angriff, doch beim ersten Schritt schien ihr Magen Purzelbäume zu schlagen, und sie musste sich setzen. Von hier aus konnte sie Adams Wagen am Gehwegrand sehen. Die Werkstatt hatte tatsächlich in der kurzen Zeit Reifen im alten Stil auftreiben können, aber es hatte sie einiges an Geld gekostet. Dennoch hatte sie die Rechnung stumm bezahlt; sie war froh gewesen, dass sie den Oldtimer an diesem Abend unversehrt würde mitbringen können. Es fehlte noch, dass sie der Familie an Adams Todestag gestehen musste, dass der Wagen nicht in Ordnung war.
    Sie hörte, wie sich die Tür hinter ihr öffnete, hörte das Klimpern von Armreifen – Allisons Tochter Charlie – und nahm Essensduft wahr. Es würde Adams Lieblingsessen geben,
Sloppy Joes,
genau wie letztes Jahr. Auch das war eine Familientradition. Am Gedenktag eines Toten gab es dessen Leibspeise. Sie gedachten Adams Mutter mit Leber und Zwiebeln und Adams mit Hacksauce aus der Dose. Abgesehen davon, dass die Llewellyns ein ganz klein wenig exzentrisch waren, hatten sie auch überhaupt keinen Geschmack, was Essen betraf.
    Die Armreifen klimperten lauter, bis sich die elfjährige Charlie neben sie fallen ließ und die Arme vor der Brust verschränkte. »Hi, Tante Jenna«, sagte sie mit übertrieben düsterer Stimme. Charlie nannte sie Tante Jenna, seit sie sechs gewesen war, und Jenna gefiel es so.
    »Warum so traurig?«, fragte Jenna, obwohl sie wusste, dass Charlie keinen Grund brauchte. Sie befand sich in der Einflugschneise zur Pubertät, das war alles.
    »Ich hasse dieses Hackzeug aus der Dose«, brummelte Charlie. »Wieso fand Onkel Adam das eigentlich so lecker?«
    Jenna sah sie mit einem warmen Lächeln an. »Das weißt du nicht?«
    Charlie verzog den Mund. »Wenn ich es wüsste, würde ich ja nicht fragen, oder?«
    Jenna fuhr ihr durch das kurze Haar. »Freche, kleine Göre«, sagte sie freundlich. »Dein Onkel hat sich immer
Sloppy Joes
gewünscht, weil deine Mutter eine grausige Köchin ist und das so ziemlich das einzige Gericht war, das sie nicht völlig verderben konnte.« Sie beugte sich zu Charlie und flüsterte verschwörerisch: »Eigentlich mochte er chinesische Gerichte am liebsten.« Eine Erinnerung stellte sich ein und traf sie mit solch einer Wucht, dass es ihr den Atem nahm. Sie sah die winzige Wohnung, die sie sich in ihrer Anfangszeit geteilt hatten, Adam, gesund und munter auf dem Bett, einen Pappkarton vom Chinaimbiss in der einen, die Essstäbchen in der anderen Hand, nackt bis auf die Brille und das breite Grinsen. Sie wusste noch genau, dass sie damals gedacht hatte, sie bräuchte nichts anderes außer ihn, um glücklich zu sein.
    Charlie brachte sie mit einem Kichern in die Realität zurück, und die Erinnerung entglitt ihr wie eine Welle, die sich ins Meer zurückzog. Warte, wollte sie rufen, aber sie wusste, dass es vergebliche Mühe war. Adam war nicht mehr da. Sie konnte sich nicht mehr auf ihn verlassen. Und sie hatte längst gelernt, auch ohne ihn glücklich zu sein. Doch, das hatte sie.
    »Und das stimmt wirklich? Alles nur wegen Moms Kochkünsten?«
    Jenna schluckte den Kloß herunter, der in ihrer Kehle saß. »Wirklich.«
    »Und ich dachte schon, ich wäre die Einzige.«
    Jenna schluckte wieder und drängte die Gefühle, die sie zu überschwemmen drohten, zurück. »Nein, bist du nicht.« Sie zog sich auf die Füße. »Aber das hier bedeutet deiner Mom eine Menge, also lass uns jetzt reingehen.«

Samstag, 1. Oktober, 19.00 Uhr
    »Du wolltest mich sprechen, Dad?«
    Victor Lutz schaute von den Geschäftsbüchern auf. Rudy stand im Türrahmen seines Arbeitszimmers, und seine breiten Schultern füllten die Öffnung beinahe vollständig aus. Sein Sohn war ein gut aussehender Junge. Dunkles Haar, braun gebrannte Haut,

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