Das Laecheln der Chimaere
Bedeutung?
»Shanna hatte ihn angerufen«, sagte er schließlich leise, »so gegen eins. Sie . . . Die beiden hatten eine Beziehung. Sie bat ihn um ein Wiedersehen. Sie hatte an diesem Tag Dienst – sie hat gesagt, das Kasino sei wieder geöffnet worden und sie müsse zur Arbeit. Aber bis drei Uhr habe sie noch Zeit, und sie könnten sich irgendwo treffen. In einer Bar . . .«
»Und der Legionär ist zu diesem Treffen gefahren?«
»Ja, offenbar haben sie sich irgendwo in der City verabredet, sie rennt ja dauernd durch die Geschäfte.«
»Sagen Sie, Philipp, hat Ihr Freund manchmal Shannas Wagen benutzt?«, fragte Katja und unterbrach für einen Moment ihre Mitschrift.
»Ja. Wenn sie sich nicht stritten, also wenn sie zusammen waren«, Philipp hielt seinen Blick noch immer gesenkt, »dann hat sie ihn fast immer fahren lassen. Er war ein erstklassiger Autofahrer, schließlich ist er ja mal Rennen gefahren. Oder war das etwa auch gelogen?«
»Nein«, antwortete Nikita, »da hat er Ihnen die Wahrheit gesagt. Er war tatsächlich Rennfahrer.«
»Um wie viel Uhr ist er damals zurückgekommen?«, fragte Katja.
»Irgendwann abends. Wann genau, weiß ich nicht mehr . . . Er sagte, dass . . . Also, er war mit Shanna zusammen, sie hatten sich ein Hotelzimmer genommen. Ich dachte, er würde sie wie üblich zu uns mitbringen, und ich müsste mich gegen Abend mal wieder verdrücken. Aber er sagte, nein, sie ist nach Hause gefahren, um sich vor der Arbeit noch umzuziehen. Sie wäre schon spät dran gewesen . . .«
»Wie, Shanna war also auch früher schon bei Ihnen zu Hause?«, fragte Nikita.
»Ja, wenn sie nicht gerade Streit hatten.«
»Sie, Philipp, haben die Wohnung in der Pjatnizkaja-Straße gemeinsam mit Djakow gemietet?«
»Ja.«
»Und gestern haben Sie beide dort nicht übernachtet? Der Legionär ist am Abend nach diesem Telefonanruf weggefahren, wie Sie sagen, und Sie haben ihn dann die ganze Nacht gesucht?«
»Ich . . . ich habe die Nummer des Anrufers gesehen und sofort gewusst – es ist etwas passiert. Ich bin ins Kasino gefahren, aber es war niemand dort. Nicht einmal die Wache, alles war abgeschlossen. Ich habe überall angerufen, bei meinem Vater, bei Kitajew, alle Telefonnummern, die ich kannte, aber nirgends hat sich jemand gemeldet. Mehr konnte ich nicht tun. Ich bin dann zurück nach Hause und habe beschlossen, am Morgen zur Miliz zu gehen, um alles zu erzählen.«
»Wann?«
»Was, wann?«
»Wann sind Sie nach Hause zurückgekehrt?«
»In der Nacht, um drei Uhr früh etwa . . . Ich wusste einfach nicht mehr, was ich noch tun sollte.«
»Um drei?«
Katja starrte Nikita erstaunt an: Was hatte er plötzlich? Er sah aus, als hätte er ein Gespenst erblickt.
»Wie lautet eure Anschrift?« Kolossow beugte sich abrupt vor. »Pjatnizkaja-Straße Nummer . . .«
»Nummer 9, Wohnung 28.«
»Verdammt!« Nikita schlug krachend mit der Faust auf den Tisch. Katjas Schreibmaschine blieb nervös ruckelnd stehen. »Dann hat er uns eine falsche Adresse untergejubelt. Ach, verflucht . . .«
»Wer?« Philipp erhob sich etwas. »Mein Vater?«
32
»Katja, komm mal einen Moment mit nach draußen.« Ohne Philipps Frage zu beantworten, zog Kolossow Katja vor die Tür. »Na, was hältst du von dieser neuen Wendung? Wo hast du ihn eigentlich aufgegabelt?«
Katja berichtete flüsternd, wie Philipp sich an der Pforte aufgeführt hatte.
»Und was sollen wir deiner Meinung nach jetzt unternehmen?«, fragte Kolossow.
»Wir müssen sofort zu Saljutow fahren«, antwortete sie, »aber nicht nur zu ihm. Nikita, ich habe dir ja schon einmal gesagt: Von dieser Familie wissen wir so gut wie nichts. Und es ist eine seltsame Familie, um es vorsichtig zu formulieren, in der der Sohn den eigenen Vater anzeigt.«
Diesmal überlegte Kolossow nicht lange. Laut brüllte er Saljutow junior durch die Tür zu: »Philipp, komm mit und zeig uns, wo diese Makarow war.«
Philipp stand langsam auf. Kolossow rief auf dem Revier in Skarabejewka an und bat Bindjushny, mit seinem Wagen zum Haus der Saljutows in Iljinskoje zu fahren und sie dort in vierzig Minuten zu treffen.
Auf dem ganzen Weg von Moskau nach Iljinskoje sprachen sie kein Wort. Nikita steuerte den Wagen. Philipp schaute zum Fenster hinaus und betrachtete die verschneiten Vorstädte, den Wald und die Felder, die den Weg säumten. Katja beobachtete die beiden verstohlen. An der Ortseinfahrt von Iljinskoje, wo die Chaussee zum Haus der Saljutows abzweigte, erwartete sie Iwan
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