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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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ist Zeit zu fahren«, sagte Katja.
    Philipp schlug seinen Mantel zu. Er schaute die starr auf der Treppe stehende Frau an.
    »Leb wohl, Tante Polja«, sagte er. Dann ging er zur Tür, ohne Katja anzusehen, als sei auch sie nur eine Sache, so wie diese Treppe, wie der Teppich auf dem Boden, wie die Witwe seines Bruders, und setzte sich ohne ein Wort des Abschieds an Marina in Kolossows Shiguli.

33
    Auf der Rubljowskoje-Chaussee gerieten sie in einen ellenlangen Stau. Philipp schwieg mürrisch und schaute auf die verstopfte Straße. Katja saß neben ihm auf dem Rücksitz. Als sie sich umdrehte, sah sie gleich hinter ihnen Bindjushny in seinem Auto sitzen und bei offenem Fenster rauchen.
    Es dämmerte schon, als sie das Kasino erreichten. Das Gebäude war hell erleuchtet. Zumindest war das Katjas erster Eindruck, als sie von der Allee aus die in Scharlachrot und Gold flimmernde Werbetafel an der Fassade erblickte: Ein gigantisches Kartenspiel spreizt sich zum Fächer, und wie aus einem Füllhorn purzeln Goldmünzen heraus, der Herzkönig, die Herzdame, der Karobube, das Karo-As. Dann läuft eine Welle über das leuchtende Bild, die Karten verwandeln sich in Blumen und fließen in eine riesige rote Mohnblüte zusammen, die sich vor den Augen des Betrachters öffnet.
    Als sie näher kamen, verblüffte sie der Kontrast zwischen diesem leuchtenden Tableau und dem dunklen, toten Gebäude. In den meisten Fenstern des Kasinos brannte kein Licht. Im Erdgeschoss waren nur der Eingang und das Vestibül erleuchtet. Philipp Saljutow stieg die Stufen hinauf und läutete an der Tür. Ein Wachmann öffnete. Schweigend, ohne weitere Fragen zu stellen, ließ er sie hinein. Er hatte Kolossow und Bindjushny erkannt.
    Nikita schaute sich um: Ja, das Kasino war geschlossen, das war nicht mehr zu ändern. Aber dennoch lebte es. Die Türen der Bar waren weit geöffnet. Im Vestibül standen die Männer des Sicherheitsdienstes. Der marmorne Springbrunnen mit der Fortuna plätscherte leise. Aus dem Großen Saal hörte man gedämpfte Stimmen.
    Schritte wurden laut – leichte Absätze, die über den Marmorfußboden klapperten. Eine Frau in einem schwarzen Kostüm kam ihnen aus dem Spielsaal entgegen – Shanna Basmanjuk, der Pit-Boss.
    »Guten Abend«, begrüßte sie die Ankömmlinge gleichmütig. »Sie wollen zu Waleri Wiktorowitsch? Er ist seit heute früh im Kasino. Philipp . . . du auch hier? Hallo.« Ihr Blick glitt über ihre Gesichter, blieb an Katja hängen, dann schaute sie wieder Philipp an. Kolossow hatte den Eindruck, als wolle sie Saljutows Sohn etwas fragen.
    Sie weiß noch nicht, dass Djakow tot ist, dachte er. Wie wird sie sich verhalten, wenn sie es erfährt? Und wenn es stimmt, dass Saljutow ihn getötet hat – wie wird sie darauf reagieren? Wird sie wieder lügen? Oder endlich reden?«
    »Shanna Markowna, wir müssen dringend Waleri Wiktorowitsch sprechen«, sagte er. »Es wäre gut, wenn auch Sie und Gleb Kitajew an dem Gespräch teilnehmen könnten. Gleb Arnoldowitsch ist doch hier? Bitte rufen Sie ihn.«
    »Kitajew ist nicht da. Er . . . er ist heute nicht erschienen«, antwortete Shanna. »Bitte kommen Sie mit.« Sie wies auf die Tür zum Großen Saal. »Waleri Wiktorowitsch ist dort drüben.«
    Saljutow stand am anderen Ende des Saales neben dem Tisch mit dem Glücksrad. Gerade begann es sich zu drehen, als hätte ein unsichtbarer Croupier es in Gang gesetzt. Ein melodisches Signal erklang, und der Finger der Fortuna zeigte auf den Sektor »Joker«.
    »Waleri Wiktorowitsch, wo ist Kitajew?«, fragte Nikita so laut, dass es im ganzen Saal zu hören war.
    Saljutow zögerte einen Augenblick, bevor er antwortete: »Er ist weggefahren. Er arbeitet nicht mehr bei mir.«
    »Seit wann?«
    »Seit heute.«
    »Und wo war er in der letzten Nacht?«
    Saljutow gab keine Antwort. Er schaute seinen Sohn an.
    »Waleri Wiktorowitsch, haben Sie eine Pistole vom Typ Makarow?«, stellte Nikita die nächste Frage.
    Wieder antwortete Saljutow nicht, blickte immer nur Philipp an. Katja sah ihre Gesichter, und von neuem überwältigte sie dies Gefühl . . . wie eine Welle, eine riesige, trübe Welle . . .
    »Ja, er hat eine Pistole!«, rief Philipp mit schneidender Stimme. »In einem Safe oben in seinem Büro. Ich zeige Sie ihnen, kommen Sie!«
    Er wollte zur Tür, aber da versperrte Shanna ihm unerwartet den Weg.
    »Was soll das heißen?«, rief sie empört. »Philipp! Was redest du? Wie kannst du es wagen?! Was hat das alles zu

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