Das Laecheln der Chimaere
Tod. Als es hieß, es sei Teterin, war sie plötzlich wieder verschwunden.«
»Kommt sie oft ins Kasino?«, fragte Kolossow.
»Früher schon. Seitdem ihr Mann tot ist, nicht mehr. Nur zu dieser Gedenkfeier.«
13
Obuchow hielt Wort und rief am Nachmittag zurück.
»Komm rüber. Ich erwarte dich in einer Stunde.«
Gennadi Obuchows neues Büro sah beeindruckend aus. Frisch renoviert, alles picobello. Auch Obuchow selbst war wie aus dem Ei gepellt, wie immer, schlank, elegant, im Profil einfach unwiderstehlich. Und wie immer duftete er nach einem teuren Eau de Toilette. Böse Zungen behaupteten, teure Duftwässerchen seien die größte Schwäche seines sonst unbestechlichen Charakters. Obuchow schwärmte wie eine hübsche Frau für Parfüms.
»Lass uns gleich zur Sache kommen. Ich habe heute wenig Zeit«, schnitt Obuchow Kolossows Gedankengänge ab. »Du weißt selbst, wie es an einem solchen Tag zugeht. Was konkret interessiert dich am › Roten Mohn ‹ ?«
»Was ist das für ein Lokal, wer ist der Besitzer, welche Leute verkehren dort«, antwortete Nikita prompt und nahm an dem langen Konferenztisch aus poliertem Fichtenholz Platz.
»Hast du denn selbst noch keine Erkundigungen eingezogen?«
»Dein Rat und dein Wissen kämen mir schon sehr gelegen.«
»Es stimmt, wir haben Informationen zu diesem Kasino.« Dafür, dass er Geburtstag hatte, war Obuchow erstaunlich ernst. »Aber es sind sehr allgemeine Informationen. Denn der › Rote Mohn ‹ und sein Besitzer Saljutow sind im Zusammenhang mit einem Verbrechen in unserer Kartei bisher noch nicht aufgetaucht.«
»Ist er schon lange im Geschäft, dieser Saljutow?«, fragte Nikita.
»Eine Ewigkeit. Zuerst war er Fabrikant – hat Baumaterialien und Haushaltschemikalien hergestellt. Dann hat er nicht weit von Moskau zwei Hotels der Luxusklasse gebaut. Schon dort war geplant, eine Art Spielklub zu organisieren. Aber die Hotels hat Saljutow dann verkauft. Und zwar äußerst günstig – noch vor der Wirtschaftskrise. Einen Teil des Geldes hat er dann in den › Roten Mohn ‹ investiert.« Obuchow nahm eine Mappe aus der Schreibtischschublade. »Der › Mohn ‹ gehört nicht in die Kategorie der Klubs, sondern ist ein reines Spielkasino. Mit dem einzigen Zweck, die Gäste zum Spielen zu animieren und ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen.«
»Und was spielt man dort?«
»Was überall an solchen Orten gespielt wird: Roulette, Einundzwanzig, Black Jack, Poker, Bakkarat. Organisiert ist alles auf hohem westeuropäisch-amerikanischen Standard. Die ersten beiden Jahre nach der Eröffnung hat ein amerikanischer Top-Manager aus Las Vegas für Saljutow gearbeitet. Mit dem Gesetz ist der › Mohn ‹ nie in Konflikt gekommen, alles in bester Ordnung. Die Steuern wurden regelmäßig und wohl auch ehrlich gezahlt.« Obuchow holte Luft. »Und nun zum spielenden Publikum . . .« Er schwang sich mit seinem Sessel zum Computertisch herum, schaltete den PC ein und suchte die nötige Datei heraus. »Hier, sieh her, vielleicht ist ja ein bekanntes Gesicht dabei.«
Auf dem Monitor erschienen verschiedene Gesichter und verschwanden wieder. Viele der Leute auf den Fotos kannte Kolossow tatsächlich, weil er sie schon oft im Fernsehen gesehen hatte, meistens in den Nachrichten oder in irgendeinem Politmagazin.
»Saljutows Kunden kommen hauptsächlich aus der Provinzelite. Hohe Beamte und Gouverneure aus Sibirien, dem Wolgagebiet, dem Fernen Osten und hohen Norden«, gab Obuchow seinen Kommentar dazu. »Und es wird dich interessieren, dass in all den Jahren, in denen das Kasino schon existiert, noch kein einziger Mafioso seine Schwelle überschritten hat.« Obuchow schien darüber fast betrübt zu sein. »Solche Leute haben dort keinen Zutritt. Die wirklich wichtigen Kunden besuchen den › Mohn ‹ übrigens auch nicht sehr häufig. Nur wenn sie nach Moskau kommen. Für sie ist der › Mohn ‹ genau das Richtige – angesehen und nicht für jedermann zugänglich. Wenn dagegen ein prominenter Politiker in solchen Klubs wie dem › Kristall ‹ oder › Palace ‹ oder › Golizyn ‹ auftaucht, schreiben gleich am nächsten Tag die Zeitungen über ihn: Der und der war dort und hat gespielt. Und noch einen Tag später booten ihn seine Konkurrenten bei der nächsten Kommunalwahl aus: Ein Spieler, der Bürgermeister oder Gouverneur werden will! In seinem Heimatbezirk oder in seiner Stadt hat die Bevölkerung kein Gas, keinen Strom und kein Wasser, und er verspielt Tausende in der
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