Das Laecheln der Chimaere
mehrere Monate in Ihrer Wohnung gelebt hat, nicht kennen?«
»Sie fantasieren«, wiederholte Shanna. »Und um dieses Thema ein für allemal abzuschließen: Ja, ich kenne diesen Mann, aber nur als engen Freund von Philipp Saljutow. Die beiden jungen Leute waren mehrmals im Kasino, immer gemeinsam. Und im Kasino ist der Mann, über den Sie mir derart impertinente Fragen stellen, allen nur unter seinem Spitznamen Legionär bekannt.«
»Sehr schade, dass Sie nicht die Wahrheit sagen wollen.«
»Ich habe keine Ahnung, welche Wahrheit Sie hören wollen!« Shanna begann zu schreien. »Was soll das alles eigentlich?«
»Das ist ein offizielles Verhör, genauer gesagt, vorerst nur die Einleitung dazu.« Kolossow griff in die Schreibtischschublade, holte ein Formular heraus, legte es auf die Tischplatte und strich es mit wichtiger Miene glatt. »Vielleicht sollte ich Sie zunächst offiziell warnen, dass Sie für Falschaussagen juristisch zur Verantwortung gezogen werden.«
»Warnen Sie mich, wovor Sie wollen«, antwortete Shanna gehässig.
»Tja, in diesem Fall . . .« Kolossow schob das Formular beiseite. »So habe ich mir unser Gespräch nicht vorgestellt, Shanna Markowna. Sie weigern sich also strikt, über den Legionär zu sprechen?«
»Aber ich weiß ja gar nicht, wer er ist!«, schrie Shanna so aufrichtig, zornig und leidenschaftlich, dass sofort klar war – sie log und würde weiterlügen und alles mit Schaum vor dem Mund abstreiten. Natürlich gab es hundert Wege, sie jetzt in die Enge zu treiben. Aber das würde Zeit in Anspruch nehmen. Und Nikita wollte aus diesem interessanten Verhör so viel wie möglich herausholen. Deshalb beschloss er, Großmut walten zu lassen, einen Schritt zurückzuweichen, das Gespräch wieder zur Ausgangsposition zu lenken, um dann mit einer anderen Taktik anzugreifen.
»Warum schreien Sie denn so? Wir haben Hinweise, dass Sie zu einem Gast des Kasinos, der den Spitznamen Legionär trägt, intime Beziehungen unterhalten. Bin ich verpflichtet, diese Hinweise zu überprüfen? Ja, das bin ich. Und ich frage Sie ganz offen danach, ohne irgendwelche Tricks. Ich lege meine Karten auf den Tisch. Aber Sie schreien mich gleich so an. Nun gut, Sie kennen ihn also nicht näher. Ich war ja selbst im Zweifel – würde eine so interessante Frau wie Sie sich mit einem so windigen Gauner einlassen? Außerdem ist er ja auch noch gar nicht trocken hinter den Ohren, er könnte Ihr Sohn sein . . . Und würde eine so interessante Frau wie Sie sich derart vergessen, dass sie wegen so einem grünen Jungen durch ganz Moskau irrt, ihn in Bars und auf Männerklos sucht . . .«
»So ein Schwachsinn.« Shanna Basmanjuk knipste nervös mit ihrem Feuerzeug und zündete sich eine neue Zigarette an. »Ein phänomenaler Schwachsinn ist das!«
»Ich darf also folgende Aussage zu Protokoll nehmen: › Den Kasinogast mit Spitznamen Legionär kenne ich nicht näher. ‹ « Kolossow kritzelte eifrig in das Protokollformular. » › Ich kenne ihn nur als Freund von Philipp Saljutowa Ist es so richtig?«
Shanna beobachtete misstrauisch, wie er schrieb.
»Wie konnten Sie überhaupt auf so einen Gedanken kommen!«
»Na ja, er ist doch ein ganz attraktiver Bursche«, brummte Kolossow friedfertig. »Ich habe ihn im Kasino gesehen. Er ist also mit Philipp befreundet? Kitajew hat mir angedeutet, Saljutow sähe diese Freundschaft gar nicht gern. Stimmt das?«
Shanna schwieg wachsam, als vermute sie in dieser Frage eine neue, verborgene Falle.
»Ja, das ist richtig«, sagte sie schließlich widerwillig. »Soweit ich weiß, ist Waleri Wiktorowitsch der Meinung, sein Sohn könne bei der Wahl seiner Freunde etwas vorsichtiger sein.«
»Vielleicht fühlt er sich nach dem Tod seines Bruders einsam?«
Shanna Markowna hob langsam den Kopf und sah Kolossow an. In ihrem Blick lag plötzlich ein neuer, veränderter Ausdruck.
Katja betrat den Umkleideraum der finnischen Sauna. Sie schaute sich um – alles hier war aus freundlichem, hellem Holz. An den Wänden Regale aus Kiefer, auf denen sich frische Frotteehandtücher, Bademäntel, Massagehandschuhe und Badekappen stapelten. Außerdem stand dort eine Menge verschiedener Porzellanflakons, Kästchen und Dosen.
Marina Saljutowa zog ihren Badeanzug aus, warf ihn auf eine Bank, ging zum Regal, nahm ein Porzellandöschen und einen schmalen Flakon mit einem eingeschliffenen Glasstopfen heraus. Katja betrachtete neugierig die Fläschchen im Regal, las die Etiketten – Aroma – und
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