Das Laecheln der Chimaere
Heilöle. Marina mixte sich etwas in einer Porzellantasse zusammen. Unentschlossen berührte Katja eins der Porzellandöschen.
»Salz«, hörte sie Marina sagen. »Salz und Öl für ein Peeling. Ein ausgezeichnetes Mittel, probieren Sie es mal.«
Katja drehte sich rasch um. Marina saß auf einer Bank und rieb sich genussvoll mit einer stark duftenden Mixtur ein. Ihre Haut glänzte wie poliert.
»Ich bin zum ersten Mal hier«, sagte Katja.
»Das ist ein tolles Peeling für die Haut vor der Sauna«, versicherte Marina. »Mischen Sie es zu gleichen Teilen und nehmen Sie es mit hinein. Ich reibe Ihnen dann damit den Rücken ein, und Sie mir.«
Katja bereitete sich eine Mischung aus dem aromatischen Salz und aus Mandelöl zu, nahm sich ein Handtuch und einen Leinenhandschuh aus dem Regal und folgte Marina in die Sauna.
Puh, das war ja wie in der Sahara! Die trockene Gluthitze nahm ihr den Atem und zog ihr die Haut im Gesicht zusammen. Katja schöpfte etwas von dem kühlen Ölgemisch und rieb es sich auf die Haut.
»Danach fühle ich mich wie neugeboren.« Marina setzte sich auf eine Bank, fast direkt neben den heißesten Stein. »Wie eine Schlange, die sich gehäutet hat.«
»Sind Sie oft hier?«, fragte Katja. Das Sprechen fiel ihr schwer, in dieser Höllenglut klebte einem die Zunge am Gaumen fest.
»Einmal in der Woche fahre ich mindestens hierher, zusammen mit den Kindern. Im Herbst waren wir noch öfter hier. Kommen Sie, ich reibe Ihnen jetzt den Rücken ein.«
Mit geschickten Händen massierte sie Katja den Rücken. Anschließend streckte sie selber sich auf der Bank aus, und Katja war an der Reihe. Marinas Körper war straff und durchtrainiert, kein Gramm überflüssiges Fett, keine einzige Falte.
»Uff, ich kann nicht mehr, ich fühle mich schon wie geröstet.« Katja atmete schwer.
»Halten Sie noch ein bisschen aus. Drüben ist die Dusche und ein Becken für Hydromassage.« Marina zeigte auf die Tür.
»Danach muss ich mich unbedingt wiegen.« Katja schaute kritisch an sich herunter. »Ist es wahr, dass man nach der Sauna sofort ein halbes Kilo weniger hat?«
»Möglich . . . So, jetzt unter die Dusche und ins Massagebecken!«
Unter den warmen Strahlen der Dusche wusch Katja sich das Salz und das Öl ab. Auf der Haut spürte sie ein angenehmes Prickeln.
»Donnerstag vormittags ist man hier fast ganz allein«, erklang Marinas Stimme durch das Rauschen des Wassers. »Auch das Massagebecken ist meistens frei.«
»Kommen Sie nur zum Schwimmen, oder nehmen Sie hier auch noch an anderen Sachen teil?«, erkundigte sich Katja.
»Ich trainiere noch Kendo.«
»Oh, wirklich?«
»Sie haben hier ausgezeichnete Trainer, Frauen, die das in Japan gelernt haben. Allerdings muss man zuerst einen Einführungskurs mitmachen, der ziemlich öde ist – über die Philosophie des Zweikampfs und den Kodex der Samurai. Aber andererseits gehört das ja irgendwie zum Kolorit, nicht wahr?«
»Sicher. Aber mit Wasser-Aerobic kann ich doch mehr anfangen«, meinte Katja lächelnd.
»Ab nächster Woche nehme ich darin auch ein paar Stunden. Ich muss in Form kommen.« Marina schlug sich auf die runde, braungebrannte Hüfte. »Sonst fängt mein Mann an zu murren, ich ließe mich gehen.«
»Meiner schimpft auch immer mit mir, ich wäre zu faul«, sagte Katja mechanisch.
Das warme Wasser rauschte wie Regen. Marina ging zum Becken für die Hydromassage. Katja stellte die Dusche ab und trat an den Beckenrand. Das Becken war nicht sehr tief – ein heißes, heilkräftiges Wannenbad.
»Haben Sie eine Familienkarte?«, fragte Katja, während sie ins Wasser stieg.
»Ja, mein Mann hat sie gekauft. Ich interessiere mich für keine Sportart im besonderen. Hier kann man alles mal ausprobieren. Body-Shaping, Steppen, Aerobic, asiatischen Kampfsport, Trainingsgeräte, Schwimmen.«
»Ist er . . . Ihr Mann . . . nimmt er auch Unterricht in Kendo?«, fragte Katja.
»Oh nein. Er zieht einfachere Sachen vor«, antwortete die Witwe. »Das, was wir beide hier machen – Sauna, Schwimmen, Heimtrainer.«
Katja schöpfte heißes Wasser und betrachtete die Witwe von Saljutows ältestem Sohn, die sich dehnte und reckte und die kräftigen Wellen der Hydromassage genoss. Durch den schwülwarmen Dunst sah Katja ihr Gesicht, ihr dichtes, nasses Haar, das ihr offen auf die Schultern fiel. Mit einem Mal schien ihr ein kalter Hauch durch den warmen Nebel zu wehen und das Wasser im Bassin abzukühlen. Als hätte der Nordwind sich heimlich in dieses
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