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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gabl
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immer ein Werben und Gewinnen gewesen, wie in den alten Geschichten. Das hier war ihm fremd. Er hatte auch kein gutes Gefühl dabei. Es war … sündig. Und zum ersten Mal in seinem Leben konnte er verstehen, was in Eva vorgegangen war, als sie den Baum mit den Äpfeln betrachtete. Es war sündig, verboten, unheilvoll und vollkommen unwiderstehlich. Er trat auf Lady Mowbray zu, legte die Hände um ihre Arme und presste die Lippen auf ihren Mund. Sie drängte sich ihm entgegen und führte eine seiner Hände zu ihrer Brust. Raymond schloss die Augen. Ihre Haut fühlte sich an wie ein sonnegewärmter Pfirsich, und ihr Duft war unbeschreiblich. Sie fuhr mit der Hand in seinen Hosenbund, mit der anderen setzte sie einen Becher an seine Lippen. Raymond schluckte. Zweimal, dreimal. Als er sie wieder näher an sich ziehen wollte, entglitt sie ihm plötzlich. Er hörte sie leise lachen, wie eine helle Glocke. Dann riss der Klang abrupt ab, und es war Schwärze vor seinen Augen.
    Er wachte mit widerwärtigen Kopfschmerzen auf. Er lag auf dem Rücken und hatte das Gefühl, er könne sich nicht rühren. Ich muss vom Pferd gefallen sein, überlegte er. Natürlich, es fiel ihm wieder ein. Eine störrische Brut von einem Jährling, Kresos. Der Gaul hatte ihn nicht nur abgeworfen, sondern ihn auch noch mitten vor die Stirn getreten. Conrad hatte ihm aufgeholfen, seinen Kopf untersucht und lächelnd gesagt: „Es scheint, du musst noch ein bisschen schneller werden, mein Junge …“
    Conrad war tot. Conrad war an der Pest gestorben. Raymonds Gedanken gerieten ins Stocken, und er schlug die Augen auf. Es war vollkommen finster.
    „Oh nein. Lieber, süßer Jesus, bitte nicht …“
    „Raymond.“ Mortimers Stimme.
    „Wo sind wir?“
    „Rate.“
    Raymond tastete mit geschlossenen Augen. Stroh. Feuchtigkeit. Eine Mauer, an der Wassertropfen hingen. Er berührte etwas Weiches, Schwammiges auf der Mauer und zog die Hand eilig zurück. Er schwitzte und merkte gerade noch rechtzeitig, dass er schreien würde. Hart biss er die Zähne aufeinander, und nur ein ersticktes Wimmern kam heraus.
    „Nur die Ruhe“, murmelte Mortimer beschwichtigend. „Du musst aufstehen. Der Boden wird immer feuchter. Ich schätze, die Flut steigt an. Vermutlich werden wir nasse Füße kriegen.“
    Raymond drehte sich auf die Seite und stützte die Hände auf. Eine Weile war er vollauf damit beschäftigt, auf die Füße zu kommen. Das war gut. Es lenkte ihn von seinem Grauen ab.
    „Flut?“
    „Ich denke, unser neues Quartier liegt unterhalb der Flutlinie. Und wenn das Wasser ansteigt, dringt es hier ein. Fragt sich nur, wie hoch. Aber wahrscheinlich nicht so hoch, dass wir ersaufen. Wenn sie uns umbringen wollten, wären wir schon tot.“
    Raymond wagte nicht, sich an die schwammige Wand zu lehnen. Mit kraftlos herabhängenden Armen stand er in der Dunkelheit und überlegte, ob er dem nicht alles in allem den Vorzug gegeben hätte. „Sie haben irgendetwas in unseren Wein gemischt, oder?“
    „Ja. Feiges Gesindel. Mowbray schenkte mir den letzten Becher ein. Als ich merkte, dass er bitter schmeckte, war es schon zu spät. Aber ich dachte, du wärest davongekommen. Du warst schon weg.“
    „Lady Mowbray … sie ist mir gefolgt.“ Er schwankte leicht. Er wünschte, es gäbe irgendetwas, woran er sich festhalten konnte. Er wünschte, er hätte Licht, und sei es nur ein ganz kleines. Er keuchte – er konnte nichts dagegen tun.
    „Was ist mit dir, Raymond?“
    „Ich … ich glaub, ich kann das nicht aushalten.“
    Mortimer ertastete Raymonds Hand und nahm sie zwischen seine. Mortimers Hände waren warm und groß, tröstlich. „So schlimm ist es nicht. Nur feucht und dunkel. Das ist alles.“
    „Keine Ratten?“
    „Nein, keine Ratten. Vermutlich wegen des Wassers. Komm schon. Du bist nicht mehr acht Jahre alt und klein und verängstigt. Jetzt ist jetzt. Du musst dich zusammennehmen.“
    Raymond atmete tief durch. „Du hast recht.“
    Aber er war noch nicht sicher, ob er das konnte. Er hörte ein schwaches Gluckern, und Feuchtigkeit drang durch seine Stiefel. Er versuchte, den Boden zu erkennen. Zwecklos.
    „Warum hat Mowbray das getan, was denkst du?“
    Mortimer hatte über diese Frage nachgegrübelt, seit er zu sich gekommen war. „Er will nicht, dass Gloucester Kontakt zu seinen Brüdern aufnimmt, bevor sie ihn vor dem Parlament anklagen. Vielleicht steht die Anklage nicht auf besonders sicheren Füßen. Und der König fürchtet Lancaster. Er will

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