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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gabl
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geschickt.
    Jetzt trat Raymond nicht gegen die Tür, er rannte auch nicht mit dem Kopf dagegen. Aber jedes Mal, wenn er aufwachte, war er erschüttert, dass sein Vater nicht gekommen war. Und er schämte sich dessen. Nach einer Woche fühlte er sich so ausgelaugt, dass er glaubte, er werde eingehen, lange bevor sie sie laufen ließen. Aber es war Mortimer, nicht er, der krank wurde.
    Raymond wurde von seinem mühsamen Husten wach. „Mortimer? Alles in Ordnung?“
    „Ich schätze, ich hab mich erkältet.“
    „Na ja, das ist kein Wunder. Komm, lass uns aufstehen. Das Wasser steigt.“
    Sie stellten sich mit dem Rücken an die Türwand, die am wenigsten von Schimmel befallen war, und lehnten sich dagegen.
    „Willst du die Geschichte weiter hören?“, fragte Mortimer.
    „Unbedingt.“
    „Also: Am zweiten Morgen ritt der Burgherr wiederum auf die Jagd, und seine Gemahlin schlich sich erneut in Sir Gawains Schlafgemach …“
    Die Geschichten waren Mortimers Idee gewesen, und sie halfen Raymond genauso wie damals. Natürlich kannte er die Geschichte von Sir Gawain und Lady Bertilak schon, aber Mortimer konnte sie so wunderschön erzählen, dass es keine Rolle spielte. Raymond lauschte fasziniert, und je länger er lauschte, umso bedenklicher erschien ihm Mortimers Husten.
    „Hör lieber auf. Es wird schlimmer.“
    „Aber jetzt wird es doch erst richtig spannend.“
    „Trotzdem. Lass uns eine Pause machen. Und iss deine Rattenschwanzsuppe.“
    „Danke, mir ist schon schlecht.“
    „Komm schon, Mortimer, wir müssen essen.“
    „Ja. Vielleicht später. Ich glaube, ich lege mich noch ein Weilchen hin.“
    „Soll das ein Witz sein? Das Wasser steht immer noch drei Zoll hoch.“
    „Egal.“ Er setzte sich in den Morast, verschränkte die Arme auf den angezogenen Knien und bettete den Kopf darauf. Und hustete.
    Als die Flut am nächsten Tag kam, konnte Mortimer nicht aufstehen. Der Husten war ein ersticktes Röcheln geworden. Raymond kniete sich hin, griff unter seinen Achseln hindurch, legte beide Hände auf seinen angewinkelten Arm und zog ihn auf seinen Schoß. Der Arm fühlte sich heiß an, und auf Mortimers Stirn stand Schweiß. Raymond lehnte sich mit der Schulter gegen die Wand und hielt Mortimer praktisch in den Armen, weil dieser die ganze Zeit schlief und drohte, zur Seite zu rutschen. Es wurde eine lange, sehr lange Flut. Raymonds Beine wurden so gefühllos, dass er weder Nässe noch Kälte spürte.
    „Und der Grüne Ritter schlug wieder zu und ritzte die Haut in Gawains Nacken ein …“
    Raymond fühlte seine Stirn. „Sch. Sprich nicht so viel, Mortimer.“
    „Hör doch. Hör doch, wie es weitergeht.“
    „Ja. Ich höre.“
    „Wo war ich?“
    Ehe er antworten konnte, öffnete sich die Tür, und die Wachen kamen herein. Einer wechselte die Fackel aus, der zweite hielt die Schalen mit der Suppe, der dritte stand wachsam in der Tür.
    „Was ist mit ihm?“, fragte er Raymond.
    „Er braucht einen Arzt. Er ist sehr krank.“
    „Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen.“
    „Dann einen Priester. Ich … bitte Euch.“
    „Und was kriege ich dafür?“
    Raymond nickte auf die gegenüberliegende Ecke zu. „Nehmt von mir aus, was da ist, aber helft uns.“
    Der Soldat durchschritt den Raum, ohne Raymond aus den Augen zu lassen, und wühlte mit der Stiefelspitze das feuchte Stroh auseinander. Er fand die Geldbeutel, hob sie auf und wog sie abschätzend in der Hand. „Das hättest du besser gleich rausgerückt, Bürschchen. Dann hätte keiner von euch krank werden müssen.“
    „Was ist jetzt mit einem Arzt?“
    „Nein. Ärzte sind hier nicht erwünscht, sie sind zu geschwätzig. Aber ich sehe zu, was ich für euch tun kann.“
    Raymond nickte dankbar.
    „Gawain hätte den Grünen Gürtel niemals behalten dürfen“, flüsterte Mortimer. „Aber auch ein Ritter ist nur ein Mann und fürchtet sich vor dem Tod.“
    Raymond zog ihn ein Stück höher und sah den Wachsoldaten flehentlich an. „Tut irgendwas. Und, bitte, bringt uns mehr Wasser.“
    Er bekam das Wasser. Es stillte Mortimers quälenden Durst und reichte auch noch, um kühle Umschläge auf seine Stirn zu legen, aber der Zustand des Kranken besserte sich nicht. Das Fieber stieg weiter, und es rasselte in seinen Lungen. Raymond war ratlos. Genau genommen war er verzweifelt. Er hatte keine Ahnung, was er tun könnte, um Mortimer zu helfen.
    Viele Stunden später, er wusste nicht, ob Tag oder Nacht war, wurde die Tür geöffnet, und ein

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