Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
verhindern, dass sie eine Strategie aufbauen können.“
„Du meinst also, sie lassen uns laufen, wenn sie Gloucester nach England gebracht haben?“
„Ja. Wie ich sagte, anderenfalls wären wir schon tot.“
Raymond beschlich ein neuer, grässlicher Gedanke. „Und was ist, wenn sie wissen wollen, wie unsere Nachricht lautet?“
„Dann wird einer von uns beiden früher oder später seinen Schwur brechen.“
Nach ungefähr zwei Stunden reichte ihnen das Wasser bis über die Knöchel. Dann kam der Anstieg zum Stillstand. Sie wateten ein wenig umher, und Mortimer blieb immer an Raymonds Seite.
„Wie in aller Welt soll man hier schlafen?“, fragte Raymond ratlos.
„Bei Ebbe.“
„Im Schlamm?“
„Es wird uns nichts anderes übrigbleiben.“
Raymond schauderte. „Wie lange bis zum Parlament?“
„Drei Wochen.“
„Bis dahin haben wir uns den Tod geholt.“
„Wenn du nur fest genug daran glaubst, wird es so kommen. Verdammt, hör auf zu jammern, Waringham.“
Raymond biss sich auf die Lippen, hielt den Mund und jammerte in Gedanken weiter.
„Du und ich haben schon feuchter und kälter geschlafen. Das ist nicht so schlimm, wir sind jung. Aber ich frage mich, ob sie Gloucester auch hier irgendwo eingesperrt haben. Dann wär’s jedenfalls kein Wunder, dass er krank geworden ist.“
„Hör mal, das glaubst du nicht im Ernst, oder?“, erwiderte Raymond entrüstet. „Er ist des Königs Onkel.“
„Ja. Du hast wahrscheinlich recht. Das würden sie wohl doch nicht wagen. Wenn Lancaster davon erführe, könnte der König sich auf einiges gefasst machen.“
Als das Wasser zu sinken begann, brachten die Wachen ihnen Essen. Es waren drei Soldaten.
„Wenn einer von euch Schwierigkeiten macht, legen wir euch in Ketten“, drohte einer.
„Niemand macht hier Schwierigkeiten.“ Mortimer reichte ihm eine Münze. „Wär’s wohl möglich, dass ihr uns ein Licht lasst?“
Der Soldat wiegte die Münze in der Hand. „Hast du noch mehr davon?“
„Nein, das ist alles.“
Mortimer log. Sie hatten beide noch ihre Geldbeutel, denn sie waren nicht beraubt worden. Sie hatten sie in einer Ecke unter dem Stroh vergraben, weil sie glaubten, dass die Wachen ihnen doch nur alles wegnehmen würden, wenn sie ihr Geld entdeckten.
Der Mann brummte. „Na schön. Licht. Aber für vernünftiges Essen krieg ich eure Stiefel.“
Raymond und Mortimer wechselten einen Blick. Dann schüttelte Raymond den Kopf. „Nein, danke, Sir. Wir werden mit dem vorliebnehmen, was ihr uns bringt. Zu nass für nackte Füße.“
Der Soldat grinste und reichte jedem von ihnen eine Schale dünner Suppe und ein Stück hartes Brot. „Na dann. Wohl bekomm’s.“
Er befestigte die Fackel an der Wand, und sie gingen hinaus. Raymond sah sich neugierig um. Ihr Verließ war ein winziger Raum mit einer gewölbten Decke, irgendwo tief in den Eingeweiden der Burg. Die Mauern waren feucht bis Hüfthöhe und mit Pilz bewachsen. Der Boden war schlammig und von einer dünnen, nassen Strohschicht bedeckt. Ein unwirtlicher, trostloser Ort. Aber Raymond war dankbar für das Licht. Er tunkte sein Brot in die Suppe und biss ab. „Hhmm. Schmeckt wie gedünstete Rattenschwänze.“
Mortimer grinste geisterhaft in seine Schale. „Ich bin erleichtert zu hören, dass du wieder geschmacklose Bemerkungen machst.“
Je mehr Zeit verging, desto ruhiger wurde Mortimer, dessen größte Sorge es gewesen war, dass sie kommen würden, um ihnen ihr Geheimnis zu entlocken. Aber offenbar war Mowbray nicht im Geringsten an ihrer Botschaft interessiert. Also ergab er sich in sein Schicksal und wartete einfach. Raymond fand es schwieriger. Seit sie Licht hatten, konnte er seine Angst halbwegs unter Kontrolle halten, aber die Angst blieb trotzdem. In engen Räumen eingesperrt zu sein war seit jenen Tagen und Nächten im Tower der größte Schrecken für ihn. Manchmal träumte er heute noch davon. Einmal, kurz nachdem sein Vater Lady Blanche geheiratet hatte, hatte Vater Nicholas ihn wegen irgendeines Vergehens in einen winzigen Raum neben dem Weinkeller gesperrt. Schon auf dem Weg in den Keller hatte Raymond geheult und um Gnade gefleht, aber Vater Nicholas war wie immer unerbittlich. Als der Junge allein im Dunkeln war, heulte er nicht mehr. Er rannte mit dem Kopf gegen die Tür und trat dann so lange davor, bis er sich den Fuß brach. Sein Vater hatte ihn gefunden und nach oben getragen. Am nächsten Tag hatte er Vater Nicholas zurück nach Oxford
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