Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
und als der König hörte, was sie getan hatten, befahl er sie zu sich, hieß sie niederknien und betrachtete sie mit finsterer Miene. Dann schlug seine Stimmung um – mit der entnervenden Plötzlichkeit, die inzwischen berüchtigt war. Statt sie für ihr riskantes, eigenmächtiges Handeln zu bestrafen, erteilte er allen dreien aus einer Laune heraus den Ritterschlag.
Die Banalität dieses Ereignisses erfüllte Raymond mit heißem Zorn. Er hatte das Gefühl, um etwas betrogen worden zu sein, auf das er sich jahrelang vorbereitet hatte. Oder wenigstens hatte er das versucht. Jetzt fragte er sich, ob er seine Zeit verschwendet hatte.
Er ließ sowohl seinen Schützling als auch seinen Freund im Lager zurück und stahl sich unerlaubt zum Ufer des kleinen Flusses, wo das Gemetzel stattgefunden hatte. Das hohe Gras war zertrampelt und hier und da vom Blut dunkelbraun gefärbt, aber die Iren hatten ihre Toten fortgeschafft.
Raymond schlenderte am Ufer entlang, schleuderte Steine ins Wasser und trat gegen Baumstämme.
„Raymond …“
Er fuhr erschrocken herum und sah einen eher schmächtigen Soldaten auf sich zukommen. Er wischte sich eilig mit dem Ärmel übers Gesicht. „Godiva.“
Sie ließ sich neben einem Baumstamm im Ufergras nieder. „Ich gratuliere dir.“
„Nein, tu das nicht. Dazu besteht kein Grund. Ich weiß nicht, was aus einem Mann einen Ritter macht, aber sicher nicht diese leere Geste zwischen Morgenandacht und Frühstück.“
Sie nahm ihren Helm ab, legte ihn zwischen die Füße und sah zu Raymond auf. „Sei nicht gekränkt. Geh ihm nicht in die Falle.“
Raymond setzte sich zu ihr. Es war erst ihr zweites Treffen unter vier Augen. Es war zu schwierig und gefährlich. Sie waren sich bewusst, dass ein großer Reiz von dieser Gefahr ausging, aber sie war zu tödlich, um sie wirklich zu genießen.
Raymond atmete tief durch. „Es ist sicher nicht klug, aber ich bin froh, dass du gekommen bist.“
„Ich bin froh, dass du froh bist, Sir Raymond.“
„Neidest du mir diesen lächerlichen Ritterschlag, oder warum bohrst du in meiner Wunde?“
„Nein.“ Sie lächelte schwach. „Es ist nicht unbedingt immer leicht, wenn ein Mädchen ein Schwert besser führen kann als eine Sticknadel, aber ich neide dir nichts und meinen Brüdern ebenso wenig.“
Er fasste sich ein Herz und nahm ihre Hand. „Warum bist du so?“
Sie hob leicht die Schultern und zog die Hand nicht weg. „Ich bin vermutlich nicht so, wie du glaubst. Für gewöhnlich trage ich Kleider und spiele die Harfe und lese französische Gedichte. Nur … das allein reicht mir nicht. Also habe ich meinem Vater keine Ruhe gelassen, bis er mir beibrachte, was er meinen Brüdern beibrachte. Mein Vater war nie wirklich dagegen. Er meint, ich sei der Abenteurer in der Familie. Aber jetzt sagt er, ich müsse ans Heiraten denken, und vorher wollte ich …“ Sie brach plötzlich ab, sah ihn erschrocken an und lachte dann. „Mein Vater ist auch der Meinung, ich sei zu geschwätzig.“
Raymond grinste. „Heute ziehen wir weiter nach Carlow, heißt es. Dort bleiben wir über Nacht. Denkst du, wir könnten uns heute Abend sehen?“
Sie zögerte und schüttelte dann den Kopf. „Nein.“
„Bist du auf Wache?“
„Die Männer der Garde des Weißen Hirschs sind nie außer Dienst“, intonierte sie mit eherner Stimme.
„Und was ist mit den Frauen der Garde des Weißen Hirschs?“
Sie lachte leise, und der Laut verursachte Raymond eine Art wohligen Schauer.
„Nein, es geht nicht. Mein Bruder will nicht …“
„Sieh an. Dein Bruder ist ein wahrer Freund“, grollte Raymond.
Sie legte den Kopf zur Seite und sah ihn forschend an. „Ist es etwa nicht die Wahrheit, was er sagt?“
Raymond seufzte, dann kniete er sich vor sie ins Gras, nahm eine Handvoll ihrer Haare und drückte sie an sein Gesicht. Er ließ die Hand wieder sinken, beugte sich vor und küsste Godiva auf die Stirn. „Was immer er sagt, ich würde niemals die Situation einer hilflosen jungen Frau ganz allein und ohne Begleitung in der königlichen Leibwache ausnutzen.“
Sie stand auf und klopfte nachlässig ihre Hosen ab. „Besser, ich gehe. Lass mir eine Viertelstunde Vorsprung.“
„Nicht mal ein Kuss im hellen Tageslicht?“, bat er und stand ebenfalls auf.
Sie legte die Hände auf seine Schultern, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange.
„Hm. Wie schwesterlich …“, brummte er.
Sie trat zurück. „Du bist niemals
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