Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
Essen vorzukosten.
„Wozu?“, fragte Harry düster. „Wenn sie mich vergiften wollen, und du stirbst an meiner Stelle, werden sie es eben beim nächsten Frühstück tun.“
„Ja, ja. Trotzdem. Vielleicht sollten wir einfach dazu übergehen, das Essen nicht mehr anzurühren. Sie werden uns holen, ehe wir verhungert sind.“
„Glaubst du wirklich?“
„Ja.“
„Wie willst du das wissen? Wir haben keine Nachrichten gehört, seit wir hier eingesperrt sind.“
„Aber so, wie ich die letzten Nachrichten verstanden habe, steht ganz England hinter deinem Vater. Der König kann es Verrat und Rebellion nennen, bitte, aber wenn jeder Mann in England ein Verräter ist und gegen den König rebelliert, dann stimmt irgendwas nicht, oder?“
Harry nickte, aber ohne echte Überzeugung. Die langen Monate, die er dem König ausgeliefert gewesen war, hatten an ihm gezehrt, und er hatte keine rechte Kraft mehr, um ihrer Gefangenschaft zu trotzen. Raymond versuchte alles, um ihm Mut zu machen, aber Harry war sicher, dass er bald sterben würde. Er hatte resigniert und wünschte beinah, er müsse nicht mehr allzu lange warten.
Als es klopfte, zog Raymond erstaunt die Brauen in die Höhe. „Nanu, was sind das für neue Sitten?“
Er ging zur Tür und öffnete. Auf der Schwelle stand ein Benediktiner in einer ordentlichen schwarzen Kutte mit weiter Kapuze, in der Hand hielt er ein großes Holzkreuz.
Raymond trat einladend beiseite. „Oh, das ist sehr gut von Euch, Bruder. Ihr werdet sehnsüchtig erwartet.“
Der Mönch trat ein und schloss die Tür.
Raymond wandte sich um. „Harry, hier ist …“
Er sah aus dem Augenwinkel, dass der Bruder das Kreuz auseinanderzog, Stahl blitzte auf. Im nächsten Moment hatte der Mönch sich von hinten auf ihn gestürzt, und Raymond spürte einen scharfen, stechenden Schmerz im Rücken.
„Ich habe mich auf die feigen Methoden deines Vaters verlegt“, zischte eine heisere Stimme in sein Ohr, und Raymond fühlte ein Reißen, als die Klinge aus seinem Körper gezogen wurde. Er schlug auf den Boden und versuchte sogleich, wieder aufzustehen. Aber es ging nicht. Es war, als wäre er am Boden festgenagelt. Er konnte nicht atmen, und plötzlich war ihm furchtbar kalt.
„Wache“, keuchte er verwirrt, und dann ging ihm auf, wie sinnlos es war. Selbst wenn seine Stimme laut genug gewesen wäre, wären sie auf sein Rufen ganz sicher nicht gekommen.
Er hob den Kopf und sah den Mönch auf Harry zugehen, langsam, den erhobenen, blutverschmierten Dolch in der Rechten.
Harry stand am Tisch, eine Hand leicht auf die Lehne eines Sessels gestützt, und sah ihm ausdruckslos entgegen.
Raymond versuchte wieder, auf die Füße zu kommen. Es war zwecklos. Schweiß lief ihm in die Augen, und er kniff sie zu und ballte die Fäuste. „Herrgott, steh nicht so da. Wehr dich! Verdammt, du bist … Harry of Lancaster …“
Harry trat einen Schritt zurück. „Raymond …“
„Zieh dein Schwert, ich kann dir nicht helfen.“
Harry runzelte die Stirn, nahm seinen Gegner in Augenschein und zückte den Dolch. „Wir wollen doch fair bleiben. Nehmt die Kapuze ab, Bruder, damit ich Euer Gesicht sehen kann.“
Der falsche Mönch warf den Kopf zurück, die Kapuze fiel auf seine Schultern und entblößte einen wohlgeformten Kopf mit schwarzen, leicht ergrauten Haaren. Raymond war nicht wirklich überrascht. Er biss die Zähne zusammen, vertagte das Problem seiner Atemnot und kroch.
Mortimer machte eine plötzliche Bewegung auf Harry zu, und der Junge wich geschickt aus, griff aber selber nicht an. Raymond hatte sie fast erreicht und streckte eine Hand nach dem Saum der Kutte aus, als Mortimer wieder auf Harry zusprang und sich seinem Griff somit entzog.
„Lass den Dolch doch fallen, Junge“, schlug Mortimer mit einem Lächeln in der Stimme vor. „Du willst doch gar nicht kämpfen. Im Grunde weißt du doch, dass dein Vater ein Verräter ist.“
Harry schüttelte den Kopf und wich ihm wiederum aus. „Nein, Sir, das ist er nicht.“
„Komm schon. Du kannst es ruhig zugeben. In Wirklichkeit liebst du deinen König.“
Harry ließ die Waffe sinken. „Nennt mir einen einzigen Grund, den ich hätte, das zu tun …“
Raymond hustete erstickt, und ein wenig Blut kam aus seinem Mund wie ein Sprühregen. „Vorsicht … Lass dich nicht ablenken.“
Harry sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Oh mein Gott, Raymond!“
Mortimer machte einen Satz auf ihn zu, Harry glitt im letzten Moment um den Tisch
Weitere Kostenlose Bücher