Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
nicht.
„Los, hilf mir aufsitzen.“
Robin verschränkte die Finger und beugte sich vor. Mortimer stellte einen Stiefel in seine Hände, und Robin beförderte ihn mit einem Ruck in den Sattel. Mortimer sammelte die Zügel auf und riss Argos roh herum. Er ging im Schritt bis zum Tor und über die Zugbrücke. Dann schlug er ihm die Fersen in die Seite, und Argos trug ihn im fliegenden Galopp davon.
Robin folgte ihnen langsam aus dem Burghof, starrte einen Moment dem kleiner werdenden Punkt nach, der sich hügelab auf den Wald zubewegte, und machte sich auf den Weg ins Dorf.
Der Pferdemarkt von Waringham war das größte Ereignis des Jahres. Händler und Schausteller reisten von weit her an. Auf dem Dorfplatz, in jeder Gasse und auf den Wiesen am Tain hatten sie in mehr oder weniger ordentlichen Reihen ihre Stände aufgebaut und boten ihre Waren feil: Tuche und Werkzeuge, Töpfe, Pflüge und Saatgut, Hühner, Gänse, Rinder und Schweine, Gewürze und Wundermittel gegen Zahnweh, Gicht und Haarausfall, Wacholderschnaps und Branntwein, Gürtelschnallen und Messer, Eintopfgerichte mit Hammel- und Rindfleisch, Bier, Wein und Cider. Die Luft war erfüllt vom Lachen der Kinder, feilschenden Bäuerinnen, Händlern, die ihre Waren anpriesen und den verschiedensten Gerüchen.
Robin tauchte in die Menge ein, erstand ein Stück Ingwerkuchen bei einer dicken Bäckersfrau und schlenderte damit die Stände entlang, auf der Suche nach einem vertrauten Gesicht. Am dichtesten war das Gedränge auf dem Dorfplatz. Auch hier war ein Verkaufsring abgesteckt, wo Pferde verkauft wurden. Es waren keine Schlachtrösser, sondern grobgliedrige, träge Kaltblüter, ein paar Maultiere oder einfache Reitpferde, wie reiche Bauern, ärmere Landadlige und Kaufleute sie benutzten. Hier wurden die meisten Geschäfte in Schillingen gemacht, ein besseres Reitpferd brachte vielleicht auch ein Pfund. Die Schlachtrösser, die oben auf der Burg gehandelt wurden, kosteten hingegen bis zu hundert Pfund; mehr als ein Zimmermann in zwanzig Jahren verdiente.
Die größte Attraktion war jedoch nicht der Pferdemarkt, sondern der Löwe. In einem dichten, unordentlichen Knäuel standen die Menschen darum zusammengedrängt, und Robin musste sich fast gewaltsam einen Weg bahnen, um zu ergründen, was es dort zu sehen gab.
Der Löwe war ein riesenhaftes Ungetüm. Sein safrangelbes Fell schien mottenzerfressen, und sein grimmiger Kopf war von einer gewaltigen Mähne umgeben. Wenn er die Augen zukniff, nahm sein Gesicht einen verschlagenen, gefährlichen Ausdruck an. Robin bestaunte ihn fasziniert. Keins der Bilder, die er von Löwen gesehen hatte, wurde der Wirklichkeit gerecht, entschied er. Das hier war eine Bestie. Robin war froh über den stabilen Käfig, der ihn umgab. Der Käfig stand auf einem niedrigen Holzkarren und schien um den Löwen herumgebaut worden zu sein. Er entsprach jedenfalls genau seiner Größe. Wenn das mächtige Tier sich rührte, stießen seine Flanken gegen die dicken Eisenstäbe.
Als Robin in die vorderen Reihen vordrang, traf er auf Isaac und Agnes. Isaac winkte ihn näher. „Na endlich! Wir dachten schon, du würdest dich heute gar nicht mehr blicken lassen.“
Robin biss in seinen Ingwerkuchen. „Ich musste stundenlang warten, Argos war der Letzte. Und dann wurde er doch nicht verkauft.“
„Wieso nicht?“
„Geoffrey will ihn behalten.“
Isaac grinste breit. „Ja. Das hätte ich an seiner Stelle auch getan.“
Robin hielt ihm seinen Kuchen hin. „Hier. Willst du ein Stück?“
Isaac brach sich fast die Hälfte ab. Robin seufzte ergeben und gab den Rest Agnes.
„Sehr nobel, lieber Bruder.“
Isaac zuckte die Achseln. „Warum nicht, ich denke, er kann es sich leisten. Geoffrey wird Conrad eine schöne Stange Geld geben für Argos, weil er auf seinen Anteil am Erlös verzichten muss, und Conrad wird Robin etwas abgeben.“
„Meinst du wirklich?“, fragte Robin und strahlte.
„Klar“, antwortete Isaac mit vollem Mund. „Du bist ein gemachter Mann. Du könntest uns direkt ein Bier ausgeben, was meinst du?“
Der Löwenwärter, ein muskelbepackter, junger Kerl mit kleinen, gemeinen Augen und einer niedrigen Stirn, hob eine Eisenstange vom Boden auf, steckte sie durch die Gitterstäbe und stieß den Löwen damit in die Seite. Das mächtige Tier versuchte aufzuspringen, brachte dabei den Karren gefährlich ins Wanken, schüttelte seine Mähne und brüllte frustriert.
Die Menge raunte und wich ein wenig
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