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Das Lächeln der Frauen

Das Lächeln der Frauen

Titel: Das Lächeln der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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am
Schreibtisch, dann ließ ich das Telefonat manchmal über mich ergehen, versuchte
dabei weiterzuarbeiten und sagte so oft an den falschen Stellen »Aha« oder »Oh
je«, daß meine Mutter irgendwann schließlich aufgebracht schrie: »André, hörst
du mir überhaupt zu?!« Oder ich schnitt ihr, noch bevor sie loslegte, mit einem
gereizten »Ich kann jetzt nicht!« das Wort ab und mußte mir dann anhören, ich
sei hochgradig nervös und würde wahrscheinlich nicht vernünftig essen.
    Um
zu verhindern, daß Maman hundert Jahre mit mir beleidigt war, mußte ich
dann versprechen, sie abends von zu Hause aus »in Ruhe« anzurufen.
    Und
deswegen war es für alle Beteiligten besser, wenn sie im Büro erst gar nicht zu
mir durchdrang. »Wenn meine Mutter anruft, sagen Sie ihr, ich bin in einer
Konferenz und melde mich am Abend«, hatte ich Madame Petit immer wieder
eingeschärft, doch die Sekretärin machte gemeinsame Sache mit Maman.
    »Aber,
André - es ist doch Ihre Mutter!« sagte sie, wenn sie meine Order wieder
einmal unterwandert hatte. Und wenn sie mich ärgern wollte, fügte sie noch
hinzu: »Ich finde auch, daß Sie manchmal ziemlich gereizt sind.«
    »Hören
Sie, Madame Petit«, sagte ich jetzt und warf ihr einen drohenden Blick zu. »Ich
bin ziemlich im Druck, und Sie stellen auf keinen ... auf gar keinen Fall meine
Mutter durch. Und auch sonst niemanden, der meine Zeit stiehlt - außer es ist
Adam Goldberg oder jemand aus seiner Agentur. Ich hoffe, ich habe mich klar
ausgedrückt!«
    Die
hübsche Mademoiselle Mirabeau sah mich aus großen Augen an. Als ich sie in der
ersten Woche unter meine Fittiche genommen hatte und ihr geduldig die Abläufe
im Lektorat erklärte, hatte sie mich bewundernd angelächelt und schließlich
gesagt, ich wäre genauso wie dieser nette englische Verleger aus der Verfilmung
von John le Carrés Thriller Das Rußlandhaus - der mit den braunen Augen
und dem Bart - nur jünger natürlich.
    Das
hatte mir ziemlich geschmeichelt. Na ja, ich meine, welcher Mann wäre nicht
gern Sean Connery als britischer Gentleman-Verleger (in Jünger), der nicht nur
belesen ist, sondern auch noch intelligent genug, um alle Geheimdienste
auszutricksen. Nun sah ich ihren bestürzten Blick und strich mir unwirsch über
meinen kurzgestutzten braunen Bart. Wahrscheinlich hielt sie mich jetzt für
einen Unhold.
    »Wie
Sie wünschen, Monsieur Chabanais«, entgegnete Madame Petit spitz. Und als ich
hinausging, hörte ich, wie sie zu Mademoiselle Mirabeau sagte: »Der hat
vielleicht eine miese Laune heute. Und dabei ist seine Mutter eine so
entzückende alte Dame ...«
    Ich
knallte meine Bürotür zu und ließ mich in den Sessel fallen. Mißmutig starrte
ich in die Mattscheibe meines Computers und studierte mein Gesicht, das sich in
der dunkelblauen Fläche spiegelte. Nein, mit dem guten alten Sean verband mich
heute gar nichts. Außer daß ich noch immer auf den Rückruf eines Agenten
wartete, der zwar keine Geheimdokumente besaß, aber doch ein Geheimnis mit mir
teilte.
     
    Adam
Goldberg war der Agent von Robert Miller. Der wortgewandte und clevere
Engländer führte seit Jahren mit großem Erfolg seine kleine literarische
Agentur in London und war mir von unserem ersten Gespräch an sympathisch
gewesen. Inzwischen hatten wir schon so viele Buchmessen und mindestens ebenso
viele lustige Abende in Londoner Clubs und Frankfurter Bars hinter uns
gebracht, daß wir gute Freunde geworden waren. Er war es auch, der mir das Manuskript
von Robert Miller angeboten und für eine eher bescheidene Garantiesumme
verkauft hatte.
    So
lautete zumindest die offizielle Version.
    »Gut
gemacht, André!« hatte Monsieur Monsignac gerufen, als ich ihm erzählte, daß
der Vertrag unter Dach und Fach sei, und mir war ein bißchen flau gewesen.
    »Nun
mach dir mal nicht ins Hemd«, hatte Adam gesagt und gegrinst. »Ihr wolltet
einen Stephen Clarke, jetzt habt ihr einen.. Ihr werdet die Garantie locker
einspielen. Und du sparst noch die Übersetzung. Besser geht's doch gar nicht.«
    Und
nun war alles zu gut gegangen, und die Begehrlichkeiten wuchsen. Wer hätte denn
auch ahnen können, daß Robert Millers kleiner Paris-Roman sich so gut
verkaufte?
    Ich
ließ mich schwer in meinem Sessel zurückfallen und dachte daran, wie ich damals
auf der Frankfurter Buchmesse mit Adam in Jimmy's Bar gesessen hatte und
ihm erzählt hatte, was für eine Art Roman wir für unseren Verlag suchten.
    Beflügelt
von einigen alkoholischen Kaltgetränken

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