Das Lächeln der Frauen
gespannt wartete.
»Tja«,
sagte sie schließlich. »Ein bißchen seltsam ist das schon. Aber, mon Dieu, es
gibt diese merkwürdigen Zufälle. Wer weiß, vielleicht kennt der Autor dein
Restaurant oder hat mal was davon gehört. Ein Freund hat ihm davon
vorgeschwärmt, der mal dort gegessen hat bei einem Geschäftsbesuch in Paris.
Irgend so was. Und, versteh mich jetzt bitte nicht falsch, du bist etwas ganz
Besonderes, Aurélie, aber du bist sicherlich nicht die einzige Frau mit langen
dunkelblonden Haaren ...«
»Und
was ist mit dem Kleid? Was ist mit dem Kleid?« hakte ich nach.
»Ja,
das Kleid ...« Bernadette überlegte einen Augenblick. »Was soll ich sagen, es
ist ein Kleid, das du irgendwann irgendwo gekauft hast. Ich nehme mal an, es
ist kein Modell, das Karl Lagerfeld persönlich für dich entworfen hat, oder?
Mit anderen Worten - auch andere Frauen könnten dieses Kleid haben. Oder es war
mal in der Auslage eines Schaufensters an einer Puppe drapiert. Es gibt so
viele Möglichkeiten ...«
Ich
gab einen unzufriedenen Laut von mir.
»Aber
ich verstehe, daß dir das alles höchst erstaunlich vorkommen muß. Das würde mir
im ersten Moment sicherlich genauso gehen.«
»Ich
kann nicht glauben, daß das alles ein Zufall sein soll«, erklärte ich. »Das
glaube ich einfach nicht. «
»Meine
liebe Aurélie, alles ist Zufall oder Schicksal - wenn man so will. Ich
für meinen Teil denke, daß es für all diese merkwürdigen Koinzidenzien eine
einfache Erklärung gibt, aber das ist nur meine Meinung. Auf jeden Fall hast du
dieses Buch zum richtigen Zeitpunkt gefunden, und ich bin einfach froh, daß es
dich auf andere Gedanken gebracht hat.«
Ich
nickte und war ein wenig enttäuscht. Irgendwie hatte ich mir eine etwas
dramatischere Reaktion vorgestellt. »Aber du mußt zugeben, daß so etwas nicht
oft passiert«, sagte ich. »Oder ist dir schon mal so etwas passiert?«
»Ich
gebe alles zu«, erklärte sie lachend. »Und nein - mir ist so etwas noch nie
passiert.«
»Obwohl
du so viel mehr liest als ich«, ergänzte ich.
»Ja,
obwohl ich so viel mehr lese«, wiederholte sie. »Eigentlich schade.«
Sie
warf einen prüfenden Blick auf das Buch und drehte es dann um. »Robert Miller«,
sagte sie. »Nie gehört. Auf jeden Fall sieht er verdammt gut aus, dieser Robert
Miller.«
Ich
nickte. »Und sein Buch hat mein Leben gerettet. Wenn man so will«, fügte ich
rasch hinzu.
Bernadette
blickte auf. »Hast du ihm das geschrieben?«
»Nein,
natürlich nicht«, sagte ich. »Jedenfalls nicht direkt. Aber ja, ich habe mich
bei ihm bedankt. Und ihn zu einem Essen in mein Restaurant eingeladen, das er
ja - deinen Worten zufolge - entweder schon kennt oder von dem er gehört hat.«
Von dem Photo erzählte ich ihr nichts.
»Oh,
là là«, sagte Bernadette. »Du willst es aber wissen, was?«
»Ja«,
sagte ich. »Außerdem schreiben Leser manchmal Briefe an Autoren, wenn ihnen die
Bücher gut gefallen haben. So ungewöhnlich ist das nicht.«
»Willst
du mir den Brief vorlesen?« fragte Bernadette.
»Auf
keinen Fall.« Ich schüttelte den Kopf. »Briefgeheimnis. Außerdem hab ich ihn
schon zugeklebt.«
»Und
abgeschickt?«
»Nein.«
Erst jetzt wurde mir klar, daß ich mir über die Adresse noch gar keine Gedanken
gemacht hatte. »Wie macht man das eigentlich, wenn man an einen Autor schreiben
will?«
»Nun,
du könntest an den Verlag schreiben, und die leiten den Brief dann an den
Betreffenden weiter.« Bernadette nahm das Buch noch einmal zur Hand. »Laß mal
sehen«, sagte sie und suchte nach dem Impressum. »Ah, hier steht es: Copyright
Editions Opale, Rue de l'Université, Paris.« Sie legte das Buch wieder auf den
Küchentisch. »Das ist doch gar nicht weit von hier«, sagte sie und trank noch
einen Schluck Kaffee. »Da könntest du ja fast persönlich vorbeigehen und den
Brief abgeben.« Sie zwinkerte mir zu. »Dann ist er schneller da.«
»Du
bist blöd, Bernadette«, sagte ich. »Und weißt du was? Genau so werde ich es
machen.«
Und
so kam es, daß ich am frühen Abend einen kleinen Umweg nahm und die Rue de
l'Université entlang-spazierte, um ein längliches gefüttertes Kuvert in den
Postkasten der Editions Opale einzuwerfen. »An den Schriftsteller Robert Miller/Editions
Opale« stand auf dem Umschlag. Erst hatte ich nur »Editions Opale zu Händen
Herrn Robert Miller« geschrieben, aber »An den Schriftsteller« klang irgendwie
feierlicher, fand ich. Und ich gestehe, ein wenig feierlich war mir
Weitere Kostenlose Bücher