Das Lächeln der Frauen
Kopf herein.
»Monsieur Chabanais!« sagte sie vorwurfsvoll. »Monsieur Goldberg hat schon zweimal
versucht, Sie zu erreichen, und bei Ihnen ist ständig besetzt! Ich hab ihn
jetzt gerade in der Leitung, kann ich ...?«
»Ja!« rief
ich. »Um Himmels willen ja!«
Mein Freund
Adam war wie immer von einer buddhistischen Gelassenheit.
»Das wird aber
auch Zeit«, hatte ich ihn angeschnauzt, als er entspannt sein »Hi-Andy-how-is-it-going?« in den Hörer rief.
»Wo steckst du
überhaupt?! Hast du eine Ahnung, was hier los ist? Ich dreh am Rad, und du
meldest dich auf keinem deiner beknackten Apparate. Wieso ist deine Agentur
eigentlich nicht besetzt? Jeder macht mir Streß wegen diesem blöden Miller.
Wildgewordene alte Damen rufen hier an und wollen seine Adresse. Monsignac will
eine Lesung. Der Figaro will eine Story. Und weißt du, was passiert,
wenn der Alte rauskriegt, daß es keinen Miller gibt?! Dann kann ich hier meine
Kartons packen und gehen!«
Irgendwann
mußte ich doch Luft holen, und Adam nutzte die Gelegenheit, um auch etwas zu
sagen.
»Calm down,
my friend«, sagte er. »Alles wird gut. Jetzt beruhige dich erst mal. Und
welche deiner Fragen soll ich jetzt zuerst beantworten?«
Ich knurrte in
den Hörer.
»Also ... ich
war ein paar Tage in NewYork und habe Verlagsbesuche gemacht, Carol hat mich
begleitet und Gretchen hatte dummerweise zeitgleich eine Muschelvergiftung,
weswegen letztendlich keiner in der Agentur war. Meine Familie hat die
Gelegenheit genutzt und ist zur Grandma nach Brighton gefahren Emma hatte das
private Mobiltelefon dabei, aber das Aufladegerät vergessen. Und mein Handy
spinnt zur Zeit, vielleicht war auch der Empfang einfach zu schlecht, jedenfalls
kam deine Nachricht so bruchstückhaft und verzerrt an, daß ich nicht verstanden
habe, was überhaupt los ist. Murphys Gesetz - ganz klassisch.«
»Murphys
Gesetz?« fragte ich. »Was ist das wieder für eine Ausrede?«
»Keine
Ausrede. Was schiefgehen kann, geht schief«, sagte Adam. »Das ist Murphys
Gesetz. Aber mach dir nicht ins Hemd, Andy! Erstens: Du wirst nicht deine
Kartons packen. Und zweitens: Wir kriegen das schon hin.«
»Du meinst: Du
kriegst das schon hin«, erwiderte ich. »Du mußt nämlich deinem netten Zahnarzt-Bruder
verklaren, daß er hier in Paris antanzen darf, um für zwei Tage Robert Miller
zu spielen. Schließlich war die Sache mit dem Photo deine Idee. Ich wollte gar
kein Photo, erinnerst du dich? Aber du konntest ja den Hals nicht
vollkriegen mit deinen ganzen blöden Details. Photo, Hund, Cottage, Humor.« Ich
unterbrach mich einen Moment selbst. »Lebt mit seinem kleinen Hund Rocky in
einem Cottage. Rocky!« Ich spie das Wort förmlich aus. »Wer kommt schon
auf die Idee, seinen Hund Rocky zu nennen? Das ist doch völlig gaga!«
»Für einen
Engländer ist das ganz normal«, behauptete Adam.
»Aha. Nun ja! Bon. Wie ist er denn überhaupt so drauf, dein Bruder? Ich meine ... versteht er
Spaß? Kann er sich ausdrücken? Denkst du, er schafft es überhaupt, überzeugend
aufzutreten?«
»Oh ... well
... ich denke schon ...«, erklärte Adam, und ich hörte ein leises Zögern in
seiner Stimme.
»Was ist?«
hakte ich nach. »Jetzt sag nicht, daß dein Bruder inzwischen nach Südamerika
ausgewandert ist.«
»Oh, nein!
Mein Bruder würde niemals ein Flugzeug besteigen.« Adam schwieg wieder, aber es
klang nicht so entspannt wie sonst.
»Ja ... und?«
bohrte ich nach.
»Well«, sagte
er. »Es gibt nur dieses eine winzige Problemchen ...«
Ich stöhnte
auf und fragte mich, ob unser englischer Nicht-Autor inzwischen das Zeitliche gesegnet
hatte.
»Er weiß
nichts von dem Buch«, sagte Adam ruhig.
»Was?« schrie
ich, und in einem Roman wären die Buchstaben mindestens in einer Schriftgröße
von hundertfünfundzwanzig Punkt erschienen. »Du hast es ihm gar nicht gesagt? Ich meine - soll das ein Witz sein oder was?« Ich war außer mir.
»Nein, kein
Witz«, sagte Adam knapp.
»Aber du hast
mir doch erzählt, daß er how very funny gesagt hat. How very funny - das
waren seine Worte!«
»Nun ja - um
ehrlich zu sein, das waren meine Worte«, erklärte Adam zerknirscht. »Es
gab ja damals gar keinen Grund, ihm schon alles zu erzählen. Das Buch ist in
England nie erschienen. Und selbst wenn ... mein Bruder liest sowieso nie.
Höchstens Fachbücher über den neuesten Stand der Technik in bezug auf
Implantate.«
»Meine Güte,
Adam«, sagte ich. »Du hast vielleicht Nerven! Und was ist mit dem Photo?
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