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Das Lächeln der Frauen

Das Lächeln der Frauen

Titel: Das Lächeln der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Barreau
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ich als junger Mann die Möglichkeit gehabt
hätte, unglaubliche acht Wochen auf einer Trauminsel zu weilen und es mir dort
mit einer karibischen Schönheit in allen Stellungen und an weißen Stränden nett
zu machen, wäre ich nicht schwermütig gewesen, sondern vor guter Laune
wahrscheinlich übergeschnappt. Vielleicht fehlte mir der nötige Tiefgang.
    Ich
formulierte eine behutsame Absage und machte eine Kopie für Monsieur Monsignac.
Mittags brachte Madame Petit die Post und fragte mich mißtrauisch, ob ich geraucht
hätte.
    Ich sah sie
mit unschuldiger Miene an und hob die Hände.
    »Sie haben geraucht,
Monsieur Chabanais«, sagte sie und erspähte den kleinen Aschenbecher, der
hinter meinem Ablagekorb auf dem Schreibtisch stand. »Sie haben sogar in meinem Büro geraucht, ich habe es genau gerochen, als ich heute morgen
hereingekommen bin.« Sie schüttelte mißbilligend den Kopf. »Fangen Sie nicht
wieder damit an, Monsieur Chabanais, es ist so ungesund, das wissen Sie
doch!«
    Ja, ja, ja,
ich wußte alles. Rauchen war ungesund. Essen war ungesund. Trinken war ungesund.
Alles, was Spaß machte, war irgendwann ungesund oder machte dick. Zuviel
Aufregung war ungesund. Zuviel Arbeit war ungesund. Im Grunde war das ganze
Leben eine einzige gefährliche Gratwanderung, und am Ende fiel man beim
Kirschenpflücken von der Leiter oder wurde auf dem Weg zum Bäcker von einem
Auto überfahren wie die Concierge in dem Roman Die Eleganz des Igels.
    Ich nickte
stumm. Was sollte ich auch sagen? Sie hatte ja recht. Ich wartete, bis Madame
Petit aus dem Zimmer gerauscht war, dann klopfte ich mir nachdenklich eine weitere
Zigarette aus dem Päckchen, lehnte mich zurück und sah ein paar Sekunden später
zu, wie sich die kleinen weißen Rauchkringel, die ich in die Luft pustete,
langsam auflösten.
     
    Seitdem Madame Petit mich des
Rauchens im Büro überführt hatte, waren weitere beunruhigende Dinge passiert,
die meiner gesunden Lebensweise bedauernswerterweise im Wege standen. Der
gesündeste und am wenigsten aufregende Moment war dabei wahrscheinlich noch das
sonntägliche Mittagessen bei Maman in Neuilly, wobei ich nicht behaupten
möchte, daß vollgefüllte Teller mit Choucroute und fettem Schweinefleisch und
Würsten (die Mutter meiner Mutter kam aus dem Elsaß, deswegen ist Choucroute
für sie ein Muß) das Beste ist, was man seinem Körper zuführen kann. Auch die
Tatsache, daß die »Überraschung«, die Maman am Telefon angekündigt
hatte, sich als ihre stets leidende Schwester und eine redselige, aber
schwerhörige und aus diesem Grunde sehr laut sprechende Lieblingscousine (nicht meine Lieblingscousine) entpuppte, die sie dazugeladen hatte, machte das
Mittagessen auf Elsässer Keramik nicht gerade zu einem wahren Vergnügen für
mich. Das Choucroute lag mir wie ein Stein im Magen, und drei alte Damen, die
einen gestandenen Mann von immerhin achtunddreißig Jahren und einem Meter
fünfundachtzig im Wechsel mit mon petit boubou oder mon petit chou (mein
kleiner Kohlkopf) anredeten, machten mich wahnsinnig. Ansonsten lief alles wie
immer, nur dreifach verstärkt.
    Ich wurde
gefragt, ob ich dünner geworden wäre (Nein!), ob ich nicht bald mal heiraten
wollte (Sobald die Richtige auftauchte), ob Maman noch auf ein Enkelchen
hoffen durfte, das sie dann mit Choucroute vollstopfen durfte (Aber sicher, ich
freute mich schon jetzt darauf), ob im Job alles gut liefe (Klar, alles lief
bestens). Dazwischen wurde ich wiederholt aufgefordert, »doch noch ein bißchen
nachzunehmen« oder zu erzählen »was es Neues gibt«.
    »Was gibt's
Neues, André, erzähl mal!«
    Drei
Augenpaare sahen mich erwartungsvoll an, und ich war so etwas wie das
Sonntagsradio. Diese Frage war immer sehr ermüdend. Die wirklichen Neuigkeiten
aus meinem Leben konnte ich nicht erzählen (oder hätte an diesem Tisch irgend
jemand begriffen, daß ich hochgradig nervös war, weil ich eine zweite Identität
als englischer Autor angenommen hatte und die Sache auffliegen konnte?), also
faselte ich etwas vom letzten Wasserrohrbruch in meiner Altbauwohnung, und das
war auch gut so, denn die Konzentrationsfähigkeit des Damentrios hielt nicht
lange vor (vielleicht war das, was ich von mir gab, auch nicht spannend genug).
Jedenfalls wurde ich schon bald von der schwerhörigen Cousine mit einem lauten
» Wer ist gestorben?« unterbrochen (diesen Satz sagte sie im Verlauf des
Mittags allerdings noch weitere fünf Mal, ich schätze, immer dann, wenn sie dem
Verlauf

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