Das Lächeln der Frauen
Kanada verbracht hatten, war ihnen diese Sprache vertraut. Adam sprach
von Berufs wegen fließend Französisch, während sein Bruder eher etwas radebrechte,
aber sein Wortschatz war doch beachtlich, und es machte ihm offenbar nichts
aus, vor Publikum zu sprechen. Immerhin hatte er ja auch schon auf
Zahnarztkongressen Vorträge zur Prophylaxe und Behandlung von Parodontose
gehalten.
Wir
sprachen das Interview mit dem Figaro durch, das am nächsten Morgen
stattfinden sollte, dann die wenigen Passagen, die am Abend in der Buchhandlung
zu lesen waren. Ich erklärte ihm den Ablauf der Lesung und riet ihm dringend,
seine neue Unterschrift als »Robert Miller« noch ein paarmal zu üben, damit er
sich beim Signieren der Bücher nicht verschrieb.
»Ich
müß das gleich proubieren!« rief er, nahm einen Stift und ein Blatt Papier zur
Hand und malte in schwungvoller runder Schrift seinen neuen Namen.
»Robert
Miller«, sagte er und blickte zufrieden auf die Signatur. »Das sieht wirklich
sexy aus, findet ihr nicht?«
Nach
der Lesung, die um acht Uhr beginnen sollte und maximal eineinhalb Stunden
dauern würde, war noch ein Abendessen im kleinen Kreis vorgesehen (»Ganz gemütlich!«
hatte Monsieur Monsignac betont), an dem natürlich der Autor, der Buchhändler
(der das Buch mit Sicherheit gelesen hatte), Jean-Paul Monsigniac (der von dem
Buch nur Anfang, Mitte und Schluß kannte), Michelle Auteuil (die das Buch
überflogen hatte, als es noch im Fahnenstadium war), Adam Goldberg (der das
ganze Buch kannte) und meine Wenigkeit teilnehmen sollten. Ich muß sagen, daß
mir vor diesem kleinen gemütlichen Abendessen ein wenig graute.
Die
Lesung in einer Buchhandlung läuft doch immer irgendwie gleich ab: Begrüßung
durch den Buchhändler, Begrüßung durch den Verlag (in diesem Fall sollte ich
diesen Job übernehmen, da ich die ganze Sache moderieren würde), der Autor
spricht ein paar Worte, daß er sich freut, hier zu sein und so weiter und so
fort, und liest ein paar Abschnitte. Dann Applaus, hat noch jemand eine Frage
an den Autor? Immer dieselben Fragen: Wie sind Sie dazu gekommen, dieses Buch
zu schreiben? In Ihrem Buch gibt es einen kleinen Jungen, der ohne Vater
aufwächst - sind Sie dieser Junge? Wollten Sie immer schon Schriftsteller
werden? Schreiben Sie an einem neuen Buch? Wovon handelt es? Spielt es wieder
in Paris? Und manchmal, eher selten, kommen Fragen wie: Wann schreiben Sie
(morgens, mittags, abends, nachts), Wo schreiben Sie (mit Blick ins Grüne, nur
vor einer weißen Wand, im Café, im Kloster), und natürlich auch gerne: Woher
nehmen Sie eigentlich Ihre Ideen?
Aber
oft sind die Menschen auch gar nicht mal so wißbegierig oder vielleicht auch zu
schüchtern, um etwas zu fragen, und in diesem Fall sagt der Buchhändler,
Lektor, Moderator dann so etwas wie: Dann hätte ich noch eine Frage, um die
ganze Sache ein wenig abzurunden. Oder aber er sagt: Wenn keiner mehr eine
Frage hat, dann danke ich Ihnen, daß Sie gekommen sind, und einen großen Dank
natürlich an unseren Autor, der jetzt gerne Ihre Bücher signieren wird. Neuerlicher
Applaus. Und dann kommen die Leute, um das Buch zu kaufen und es sich signieren
zu lassen. Und am Ende werden ein paar Photos gemacht.
Eine
Autorenlesung ist eine schöne übersichtliche Angelegenheit, wenn Sie mich fragen.
Bei
einem Abendessen im kleinen Kreis gab es größere Unwägbarkeiten, vor allem,
wenn man etwas zu verbergen hatte. So groß war mein Antizipationsvermögen
nicht, daß ich alle möglichen und unmöglichen Themen, die bei einem solchen
Essen zur Sprache kommen konnten, vorwegnehmen konnte. Ich sah Monsieur
Monsignac schon vor mir, wie er den angeblich so frankophilen Engländer
plötzlich fragte: »Essen Sie gerne Schnecken?« und dieser angewidert das
Gesicht verzog. Ich hoffte, daß man nicht zuviel über Bücher sprechen würde,
denn Sam Goldberg war nicht firm in der Bestsellerliste und es war nicht
auszuschließen, daß er Marc Levy für einen Schauspieler oder Anna Gavalda für
eine Opernsängerin hielt.
Andererseits
würde Sam Goldberg von Adam und mir flankiert werden wie von zwei Bodyguards.
Und mit ein bißchen Geistesgegenwart seitens des Zahnarztes würde der Abend
schon ganz passabel verlaufen.
Ich
riet Sam, sich bei heiklen Fragen aus dem Publikum oder beim Essen auf seine
nicht ausreichenden Sprachkenntnisse zurückzuziehen. »Oh, sorry, das
habe ich nikt ganz verstanden, wie meinen Sie das?«, sollte er treuherzig
fragen, und dann
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