Das Lächeln der Frauen
einen Tisch, der hinten
in der Nische am Fenster eingedeckt war, und setzte mich auf einen der
Holzstühle am Eingang. »Wissen Sie, als ich heute in den Kalender sah, dachte
ich plötzlich ... sechzehnter Dezember, da war doch was, da war doch was. Und
dann fiel es mir wieder ein. Und da dachte ich, Sie würden sich vielleicht
freuen, wenn ich Ihnen einen Strauß Blumen vorbeibringe.« Ich lächelte
gewinnend und stellte die Flasche Crémant auf den Tisch neben mir. »Ich
habe Ihnen ja angedroht, daß ich eines Tages mal in Ihr Restaurant kommen
würde, wissen Sie noch?« Ich breitete die Arme aus. »Et voila - da bin
ich.«
»Ja ... da
sind Sie.« Es war ihr anzusehen, daß sie sich nicht so wahnsinnig über mein
plötzliches Auftauchen freute. Sie blickte verlegen auf die dicken Rosen und
schnupperte daran. »Das ist ... ein wunderbarer Strauß, Monsieur Chabanais ...
nur ... also eigentlich ist das Restaurant heute geschlossen.«
Ich schlug mir
mit der Hand vor die Stirn. »So was, das hatte ich jetzt ganz vergessen. Dann
ist es ja ein Glück, daß ich Sie überhaupt hier antreffe.« Ich setzte mich auf.
»Aber was machen Sie überhaupt hier? An Ihrem Geburtstag? Sie arbeiten
doch wohl nicht heimlich, oder?« Ich lachte.
Sie drehte
sich um und holte eine große Glasvase unter der Theke hervor.
»Nein,
natürlich nicht.« Ich bemerkte, wie sich ihr Gesicht mit einem zarten Rosaton
überzog, als sie jetzt in die Küche ging, um die Vase mit Wasser zu füllen. Sie
kam zurück und stellte die Rosen auf die Holztheke, wo auch die Kasse stand und
das Telefon.
»Tja, also
dann ... vielen Dank, Monsieur Chabanais«, sagte sie.
Ich stand auf.
»Heißt das, Sie werfen mich raus, ohne daß ich wenigstens die Gelegenheit bekomme,
mit Ihnen auf Ihr Wohl anzustoßen? Das ist bitter.«
Sie lächelte.
»Ich fürchte fast, dafür reicht die Zeit nicht mehr. Sie kommen wirklich etwas
ungelegen, Monsieur Chabanais. Tut mir leid«, setzte sie noch einmal mit bedauernder
Miene hinzu und faltete ihre Hände.
Ich gab vor,
erst jetzt den eingedeckten Tisch zu bemerken, der einsam vor dem Fenster
stand. »Oh«, sagte ich. »Oh là là! Sie erwarten noch jemanden.
Das sieht ja sehr nach einem romantischen Abend aus.«
Ich sah sie
an. Ihre dunkelgrünen Augen glänzten.
»Na, wer immer
es auch ist, er kann sich glücklich preisen. Sie sehen heute abend besonders
hübsch aus, Aurélie.« Ich strich über die Flasche, die noch immer auf dem Tisch
stand. »Wann kommt denn Ihr Gast?«
»Um acht Uhr«,
sagte sie und schob sich die Haare nach hinten.
Ich sah auf
die Uhr. Viertel nach sieben. In wenigen Minuten würde Adam anrufen. »Ach,
kommen Sie, Mademoiselle Bredin, ein Glas im Stehen auf Ihr Wohl!« bat ich. »Es
ist doch erst Viertel nach sieben. In zehn Minuten bin ich wieder verschwunden.
Ich mache auch die Flasche auf.«
Sie lächelte,
und ich wußte, daß sie nicht nein sagen würde.
»Also gut«,
seufzte sie. »Zehn Minuten.«
Ich kramte in
meiner Hosentasche nach einem Flaschenöffner. »Sehen Sie«, sagte ich. »Ich hab
sogar das Werkzeug mitgebracht.« Ich zog an dem Korken, und er glitt mit einem
sanften Plopp aus dem Flaschenhals.
Ich füllte den
Schaumwein in zwei Gläser, die Aurélie aus der Vitrine geholt hatte. »Dann
nochmals alles Gute! Es ist mir eine Ehre«, sagte ich, und wir stießen an. Ich
trank den Crémant in großen Schlucken und versuchte, ruhig zu bleiben,
obwohl mein Herz so hämmerte, daß ich Angst hatte, man könnte es hören. Der
Countdown lief. Gleich würde das Telefon klingeln, und dann würde man sehen, ob
ich wirklich dazu verdammt war, zu gehen. Ich sah angelegentlich in mein Glas,
dann wieder in das schöne Gesicht von Aurélie. Um etwas zu sagen, sagte ich:
»Sie kann man aber auch keine zwei Wochen aus den Augen lassen, was? Man dreht
sich einmal um - und schon haben Sie einen neuen Verehrer.«
Sie wurde rot
und schüttelte den Kopf.
»Wie?« sagte
ich. »Kenne ich ihn etwa?«
»Nein«, sagte
sie.
Und dann
klingelte das Telefon. Wir sahen beide zur Theke, aber Aurélie Bredin machte
keine Anstalten, an den Apparat zu gehen.
»Wahrscheinlich
jemand, der reservieren will«, sagte sie. »Da geh ich jetzt nicht dran, der Anrufbeantworter
ist eingeschaltet.«
Man hörte ein
Klicken, dann die Ansage des Restaurants. Und dann erklang Adams Stimme.
»Ja, guten
Abend, hier spricht Adam Goldberg, dies ist eine Nachricht für Aurélie Bredin«,
sagte er ohne Umschweife. »Ich bin der
Weitere Kostenlose Bücher