Das Lächeln der Frauen
immer, wenn du ihn trägst.«
Und
so kam es, daß ich am frühen Nachmittag des sechzehnten Dezembers in einem
karmesinroten Mantel vor dem Temps des Cerises stand, das montags
eigentlich geschlossen hatte - eine Abenteurerin, eingehüllt in den Duft von Heliotrop und die Farbe des Glücks.
Eine
halbe Stunde später stand ich in der Küche und bereitete das Essen zu. Es war
mein Geburtstagsessen, aber mehr noch war es das Menu, mit dem ich mich dafür
bedanken wollte, daß ein schrecklich unglücklicher Novembertag mit einem
versonnenen Lächeln geendet hatte - einem Lächeln, das den Weg für etwas Neues
bereiten würde.
Und
nicht zuletzt war es natürlich auch das erste Essen mit Robert Miller.
Ich
hatte lange überlegt, mit welchen kulinarischen Genüssen ich den englischen
Schriftsteller beeindrucken wollte - und war am Ende doch bei dem Menu
d'amour gelandet, das mein Vater mir hinterlassen hatte.
Dieses
Menu war sicherlich nicht das Raffinierteste, was die französische Küche zu
bieten hatte, aber es hatte zwei unschlagbare Vorzüge: Es war leicht, und ich
konnte es perfekt vorbereiten, so daß ich während des Essens meine ungeteilte
Aufmerksamkeit jenem Mann zuteil werden lassen konnte, dessen Ankunft ich - ich
gebe es zu - mit Spannung erwartete.
Ich
band mir die weiße Schürze um und packte die Tüten aus, die ich mittags auf dem
Markt gefüllt hatte: frischer Feldsalat, zwei Selleriestangen, Orangen,
Makadamianüsse, kleine weiße Champignons, ein Bund Möhren, rote Zwiebeln,
glänzende, fast schwarze Auberginen und zwei leuchtendrote Granatäpfel,
Lammfleisch und Schinkenspeck. Kartoffeln, Sahne, Tomaten, Gewürze und Baguette
gab es im Vorrat der Küche immer, und das etwas herbe Blutorangenparfait mit
Zimt, das zusammen mit den Gateaux au chocolat den krönenden Abschluß
des Menu d'amour bildete, hatte ich schon am Abend vorher zubereitet.
Als
Vorspeise würde es Feldsalat mit frischen Champignons, Avocados,
Makadamianüssen und kleinen scharf angebratenen Schinkenspeckwürfelchen geben.
Und darüber kam - und das war das Besondere - Papas köstliche Kartoffelvinaigrette.
Zunächst
aber mußte ich mich um das Lammragout kümmern, denn je länger es im Ofen bei
schwacher Hitze schmorte, desto zarter wurde das Fleisch.
Ich wusch das
rosafarbene Lammfleisch und tupfte es behutsam mit einem Geschirrhandtuch
trocken, bevor ich es würfelte, in Olivenöl anbriet und zur Seite stellte. Dann
blanchierte ich die Tomaten in kochendem Wasser, zog die Haut ab und entkernte
das Fruchtfleisch.
Die Tomaten
würden erst ganz am Schluß zusammen mit dem Weißwein in den Schmortopf kommen,
damit ihr starkes Aroma das übrige Gemüse nicht zu stark dominierte. Ich holte
mir ein Glas und goß mir etwas von dem Pinot Blanc ein, den ich auch zum Kochen
nehmen würde.
Leise summend
schnitt ich die Granatäpfel auf und holte die Kerne mit einer Gabel heraus. Sie
rollten mir entgegen wie schimmernde rote Süßwasserperlen. Ich war es gewohnt,
schnell zu kochen, doch wenn ich mir wie an diesem Tag viel Zeit für die
Zubereitung der Speisen nahm, wurde das Kochen eine nahezu poetische
Angelegenheit, in der ich mich völlig verlieren konnte. Meine anfängliche
Aufregung legte sich mit jedem Handgriff mehr und mehr, und hatte ich mir anfangs
noch ausgemalt, wie der Abend mit Robert Miller wohl verlaufen würde, und mir
überlegt, was ich ihn fragen wollte, so fand ich mich nach einer Weile mit
erhitzten Wangen und in gelöster Stimmung wieder.
Der köstliche
Duft des Lammragouts erfüllte die Küche. Es roch nach Thymian und Knoblauch.
Die kleinen Blättchen des Feldsalats lagen gewaschen und geputzt in einem
großen Edelstahlsieb, die Champignons waren in hauchdünne Scheiben geschnitten,
die Avocados gewürfelt. Ich schmeckte die Kartoffelvinaigrette ab und stellte
die kleinen Gateaux au chocolat, die darauf warteten, zu Ende gebacken
zu werden, auf die Metallanrichte. Dann band ich mir die Schürze ab und hängte
sie an den Haken. Es war kurz nach halb sieben, und alles war bereitet. Die
Flasche Champagner lag schon seit Stunden im Kühlschrank. Nun brauchte ich nur
noch zu warten.
Ich ging ins
Restaurant hinüber, wo ich einen Tisch in einer Nische am Fenster gedeckt
hatte. Das untere Drittel des Fensters war mit einer durchbrochenen weißen Baumwollgardine
verhängt, um meinen Gast und mich vor neugierigen Blicken von draußen zu
schützen. Ein Silberleuchter mit einer Kerze stand auf dem Tisch, und in
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