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Das Lächeln der Kriegerin

Das Lächeln der Kriegerin

Titel: Das Lächeln der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pilipp Bobrowski
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auf der Straße geradewegs auf Arminas zu marschieren. Und der dünnen Besiedlung wegen waren die Aussichten groß, dass sich die Kunde vom Einmarsch nicht so schnell verbreitete. Wenn sie auf diesem Weg bis Iden vordrangen und die Bewohner der kleinen Siedlung ebenso überraschen konnten wie die der Feste, dann – Lothiel wusste das von ihrem Vater – war der Weg zur Königsstadt frei.
    Was war also zu tun? Hoffentlich kannte Adar eine Lösung. Schließlich sollte nicht nur die Königin die Botschaft erhalten, auch die Menschen in Iden mussten gewarnt werden.
    Lothiel zügelte das Pferd. Sie war fast schon zu Hause.
    Blieb sie nicht noch immer die Einzige, die diese Aufgabe durchführen konnte? Adar erlaubte ihr sicher nicht, sie zu übernehmen.
    Wenn des Feindes Heer schon so weit vorgedrungen war, begäbe sie sich in große Gefahr. Vor allem wenn sie ihr Ziel erreichen sollte und sich auf den Rückweg machte. Außerdem ritt man nach Iden sehr viel länger als nach Waldruh. Wer sollte in dieser Zeit ihre Arbeit auf dem Hof verrichten? Sie konnte Adar und Naneth doch nicht noch länger im Stich lassen.
    Es geht um weit mehr als die Arbeit auf dem Hof. Wäre ich sein Sohn, zögerte Vater nicht, mich zu schicken.
    Lothiel wendete das Pferd.
    Wie stolz werden Adar und Naneth auf ihre Tochter sein, wenn sie ihnen erzählen kann, dass die Menschen Idens gewarnt sind und die Botschaft für die Königin nach Arminas tragen. Auch Rochon wird mir dankbar sein.
     
    Zurück auf der Oststraße wandte sie sich diesmal nach rechts. Es war das erste Mal, dass sie Richtung Westen ritt. Sie wusste nur das Wenige, das Adar ihr über den Weg erzählt hatte. Zu Pferd würde sie sicherlich vier Tage brauchen, bis sie Iden erreichte. Um die Reiseverpflegung musste sie sich keine Sorgen machen, denn neben der ausreichenden Wegzehrung Rochons hatte ihr ja auch Naneth noch einen Mundvorrat mitgegeben. Jetzt erst fiel Lothiel auf, dass sie seit dem gestrigen Mittag nichts gegessen hatte. Sie ließ Carroch halten, band ihm den Futtersack um und setzte sich zum Essen an den Straßenrand.
    Großen Appetit hatte sie nicht. Sie war zu aufgeregt. Die Aufgabe, die sie sich auferlegt hatte, die neuen Landstriche, die sie kennenlernen, auch die Menschen, auf die sie treffen würde – all das ließ ihr keine Ruhe. Größer als die Aufregung war nur die Furcht vor dem, was sie hinter sich auf der Straße wusste. Und das schlechte Gewissen ihren Eltern gegenüber. Zum ersten Mal hörte sie nicht auf ihren Vater.
    Auch kehrten die Bilder aus ihrem Traum wieder. Steckte in ihnen vielleicht doch eine dunkle Vorahnung? Waren ihre Eltern in Gefahr? Nein! Das konnte nicht sein. Der Hof lag weit abseits der Straße. Vater, Mutter und Rochon waren dort sicherer als in jeder Ortschaft, solange es gelänge, den Vormarsch der Maskenkrieger frühzeitig zu stoppen. Lothiel musste ihre Aufgabe zu Ende führen.
    »Mach dir nichts aus dunklen Träumen«, sagte Naneth immer. »Am nächsten Tag scheint die Sonne umso heller.«
     
    Lothiel war nach der kurzen Rast noch nicht weit gekommen, als Carroch scheute. Sie wollte ihn beruhigen, doch dann hatte sie Mühe, nicht selbst laut aufzuschreien. Die Straße beschrieb vor ihr einen weiten Bogen nach rechts. Dort lagen ein umgeworfenes Fuhrwerk und daneben ein regloser Körper. Als Lothiel sich durchringen konnte, langsam weiterzureiten, tauchten in der Biegung weitere auf. Hier musste ein grausamer Kampf stattgefunden haben. Sie stieg ab und näherte sich vorsichtig. An der Kleidung erkannte sie, dass es sich um Söldner handelte. Keiner von ihnen war mehr am Leben und jeder zeigte schwere Hieb- und Stich Verletzungen.
    Lothiel spürte ein flaues Gefühl im Magen. Ihre Beine trugen sie nicht mehr, sie ließ sich neben der Straße ins Gras sinken und atmete mehrmals tief durch. Sie hatte auf der Grenzfeste einmal einen Wagen gesehen, auf dem man einen Toten abtransportierte. Doch das hier war viel schlimmer.
    Als sie sich wieder aufrichten konnte, untersuchte sie das Fuhrwerk. Man hatte es offenbar geplündert, die Zugtiere ausgespannt und es dann zur Seite gekippt. Neben dem Wagen war ein Hügel aufgeschüttet worden. Darauf lag, sorgfältig ausgerichtet, ein schweres Wams aus dunklem Leder, wie sie es bei den Posten auf dem Hügel vor Waldruh gesehen hatte. Das Zeichen auf der Brust zeigte eine rote Faust.
    Mit einem Schlag begriff Lothiel, was sie schon am Vortag beunruhigt hatte. Die Straße war in einem

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