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Das Lächeln der Kriegerin

Das Lächeln der Kriegerin

Titel: Das Lächeln der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pilipp Bobrowski
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schlechteren Zustand gewesen als zu dem Zeitpunkt, da sie mit Adar aus der Grenzfeste zurückgekehrt war. Das Gras, von hunderten Stiefeln niedergetrampelt, hatte eine gelbliche Farbe angenommen. Das feindliche Heer musste längst aus Waldruh abgezogen und auf dem Weg nach Iden sein.
    Wusste man dort bereits davon? Hatte man die Söldner geschickt, um den Feind aufzuhalten? Nein, dafür waren es zu wenige. Lothiel zählte fünf Tote, dazu das Grab des feindlichen Kriegers. Viel wahrscheinlicher war, dass der Trupp mit einer Warenlieferung aus Iden gekommen war und zur Grenzfeste wollte. Die Fuhrwerke wurden immer bewacht, um Wegelagerern entgegentreten zu können. Nun waren die Männer aber auf das feindliche Heer gestoßen, dem sie hilflos unterlagen.
    Vielleicht war einer der Söldner entkommen und konnte nun in Iden von der Gefahr berichten? Lothiel ging langsam an der Stelle des grausamen Mordens vorbei und suchte nach Spuren, die auf eine gelungene Flucht hindeuteten. Sie wusste nicht genau, was sie zu finden hoffte und zunächst konnte sie nichts entdecken. Doch dann sah sie einige hundert Schritte weiter etwas zwischen den Bäumen liegen. Es schien ein großes Bündel zu sein, das auf die linke Seite der Straße gerollt war. Sie lief darauf zu. Als sie es fast erreicht hatte, blieb sie abrupt stehen. Noch ein toter Körper. Auch ein Söldner. Ein Pfeil ragte aus seinem Rücken.
    Lothiel fiel ein weiteres Mal auf die Knie. Jetzt war alles vergebens. Wenn der Feind bereits nach Iden marschierte, wenn er sich vor ihr auf der Straße befand, wie konnte sie dann rechtzeitig die Nachricht überbringen, ohne selbst in seine Hände zu fallen? Sie würde zum Hof zurückkehren müssen, eingestehen, dass keine Hoffnung mehr bestand. Doch sie blieb, wo sie war, hockte mitten auf der Straße, das Gesicht in den Handflächen verborgen.
     
    Jemand stieß sie von hinten in den Rücken. Lothiel drehte langsam den Kopf. Es war Carroch.
    »Ja, mein Guter«, seufzte sie. »Ich komme. Lass uns zurückreiten und die Hoffnung begraben.«
    Der Hengst warf den Kopf hoch und schnaubte. Er hatte nichts von seiner stolzen Haltung verloren. Lothiel richtete sich auf. Ein Stück vor ihr gabelte sich die Straße. Die Hauptstraße führte in einem leichten Bogen nach rechts, während ein schmaler verwachsener Weg eine scharfe Biegung nach links vollzog. Lothiel erinnerte sich, dass Adar einmal von der Alten Straße erzählt hatte. Sie stammte aus Tagen, in denen Laindor noch nicht geeint war, und führte in den Süden. Heute, da sich drei große Handelsrouten, der Bhal, die Ost- und die Bhalstraße, in Iden trafen, wurde sie kaum noch genutzt, obwohl auch sie weiter südlich eine Verbindung zur Bhalstraße hatte.
    Lothiel zog Rochons Karte hervor. Sie fand sich bestätigt. Wenn sie diesen Weg nähme, könnte sie vielleicht den vorrückenden Feind umgehen und rechtzeitig in Iden sein. Auf der Alten Straße käme sie sicher nicht so schnell voran und würde einen großen Umweg in Kauf nehmen. Auch wusste sie nicht, wie weit ihr das Heer voraus war. Doch es gab wenigstens eine kleine Hoffnung.
     
    Lothiel gönnte sich und Carroch wenig Ruhe. Der Weg war tückisch. An vielen Stellen hatte sich der Wald die Straße zurückerobert. Immer wieder musste Lothiel absteigen und umgestürzte Bäume oder wuchernde Sträucher umgehen. Am Abend befand sie sich noch auf dem Weg nach Süden, obwohl sie gehofft hatte, sie könne schon bald nach Westen reiten. Sie führte Carroch zu einem kleinen Bach abseits der Straße. Als er getrunken hatte, gab sie ihm Hafer aus dem Futtersack. Dann suchte sie nach Feuerholz. Es war ihre zweite Nacht im Freien. Zwar fühlte sie sich jetzt sicherer vor feindlichen Kriegern, doch dafür befand sie sich in einer unbekannten Wildnis. Sie hoffte, ein kleines Feuer könne die nächtlichen Kreaturen und böse Träume fernhalten. Sie aß ein paar Bissen von dem Dörrfleisch und beobachtete Carroch. »Du wirst mich in dieser Nacht beschützen, nicht wahr?«
    Der Hengst schaute zu ihr herüber und suchte dann weiter nach saftigen Gräsern.
     
    Die Reiter sprengten über die weite Graslandschaft. Ein Mann ritt ihnen voraus. Trotz der Entfernung bemerkte Lothiel seine eindrucksvolle Erscheinung. Wie ein Heerführer, stolz und edel, saß er auf seinem Ross.
    »Rochon!«, rief sie.
    Der Angerufene wendete sein Pferd und kam auf sie zu, gefolgt von der Reiterschar. Lachend winkte Lothiel, hoffte ein Zeichen der Wiedersehensfreude im

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