Das Lächeln der Kriegerin
jedoch verschwand der fröhliche Ausdruck aus seinem gutmütigen Gesicht und er sagte etwas unsicher:
»Wenn sie einen so anschaut, kann es einem aber kalt den Rücken herunterlaufen. Ist mit ihr alles in Ordnung? Sie ist doch nicht verrückt?«
»Lasst sie …«, platzte Selldur heraus, bevor Rochon ihn zurückhielt.
Lothiel wollte etwas sagen, aber Magor kam ihr zuvor. Zu ihrer Verwunderung schwang ein wenig Ärger in seiner Stimme.
»Das, Herr, ist Lothiel, Tochter des Adar, eines geachteten und verdienten Schützen von Rimgarth. Sie war es, die die Nachricht vom Eindringen des Feindes bis zur Königin brachte. Nun ist sie, Trägerin Leithians, wieder auf dem Weg nach Arminas, um an der Seite der Königin Laindor zu verteidigen und den Tod ihrer Eltern zu rächen.«
Lothiel glaubte ehrliche Anerkennung in den Augen des Fürsten zu lesen, als er sich ihr direkt zuwandte.
»Wenn dem so ist, verzeih mir meine unüberlegten Wor te. Denn dann habe ich schon von dir gehört. Vor sechs Tagen kam ein Bote zu mir und brachte die grausamen Nachrichten aus Arminas. Ich erfuhr zunächst, wie die Lage im Land sei und welche Befehle Araniel ausgegeben hatte. Ich kümmerte mich um das Vorrangigste. Am andern Tag befahl ich den Boten erneut zu mir. Er konnte mir nicht alle Zusammenhänge berichten, denn er selbst kam nicht aus der Hauptstadt, sondern ward von Fürst Ened geschickt. Doch ich erfuhr, dass es einem Mädchen aus Glanosts Grafschaft gelungen sei, Naurhirs Truppen zu überflügeln. Also waren es wohl dein Mut und deine Entschlossenheit, die ich in deinen Augen sah. Ich bitte ich dich deshalb: Schließe dich mit deinen Gefährten mir an. Denn wir sind auf dem Weg nach Iden, um es aus den dreckigen Händen dieser fremdländischen Brut zu befreien. Auf dieser Seite erwartet uns Ened, vom Süden her werden uns Sundan und Marcon unterstützen. Wenn die Schlacht geschlagen ist, reiten wir auf der Oststraße nach Arminas. Da du denselben Weg hast, sollten wir ihn gemeinsam beschreiten.«
Lothiel nickte. »Ich danke Euch, Herr. So bleibt es uns erspart, Iden zu umgehen. Ich werde mich besser fühlen, wenn ich dem Mörderpack nicht ausweichen muss und Arminas auf der Oststraße entgegenreiten kann.«
Sie ritten nicht mehr weit, denn der Abend war schon fort geschritten. Die Männer Amruns errichteten ein Lager mitten auf der nun recht breiten Straße. Für den Fürsten und die Edlen unter seinen Gefolgsleuten wurden Zelte aufgestellt.
Lothiel setzte sich ein wenig abseits und beobachtete Rochon, der sich unter die Männer an einem der Feuer gemischt hatte. Magor war in eines der Zelte gegangen.
Selldur trat zu ihr. »Sie scheinen Freude daran zu haben, in den Kampf zu ziehen. Rochon ist bester Laune und so gar Magors Stimmung hat sich gebessert.«
»Verstehst du sie nicht?«, fragte Lothiel. »Vor wenigen Stunden noch waren wir allein in einer feindlichen Gegend inmitten unseres Landes. Wir mussten jederzeit damit rechnen, Fremdländern zu begegnen, und ritten einem ungewissen Ziel entgegen. Nun sind wir unter Freunden und haben eine klare Aufgabe vor uns. Es besteht sogar gute Hoffnung, dass wir in Iden erfolgreich sind. Und jede Hoffnung ist wichtig in diesen Tagen.«
»Das mag sein. Ich fürchte nur, an dieser Hoffnung klebt mehr Blut, als ich es vertrage.«
»Dann reite voraus«, sagte Lothiel wütend, »und bitte die Maskenmänner, dahin zurückzukehren, wo sie hergekommen sind. Vielleicht bleibt dir dein Kopf, um mir von deinem Erfolg zu berichten.«
»Ist ja schon gut«, brummte Selldur.
Er stand auf und schlich zu Rochon hinüber. Lothiel erhob sich ebenfalls, nahm ihr Schwert und ging ein Stück in den Wald. Dort wiederholte sie im flackernden Halbdunkel, das die Feuer erzeugten, die Übungen, die ihr Magor in den letzten zwei Tagen gezeigt hatte.
Obwohl Selldur ihr sagte, die Männer des Fürsten wunderten sich darüber, hielt sich Lothiel auch am nächsten Tag am Ende des Reiterheers, den Blick auf den Boden vor sich gerichtet, die Lippen verschlossen. Selldur blieb meist an ihrer Seite und Lothiel war froh darüber. Er schien ihr die wütenden Worte vom Vorabend verziehen zu haben, denn er sprach so unbekümmert, als hätte es sie nie gegeben und als seien sie auf dem Weg zu einem Herbstfest. Es verlangte ihn wohl nach solcher Geselligkeit, denn immer wenn Rochon sich sehen ließ, hörte er sich begierig alles an, was es von den Männern zu erzählen gab. Manchmal ritt er eine Weile ins Gespräch
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