Das Lächeln der Kriegerin
vertieft neben einem der Reiter her, wenn der dem Bauernjungen diese Freundlichkeit gewährte.
Nach dem Mittag gesellte sich Magor wieder zu ihnen. »Genug geredet«, sagte er nur und blieb von da an gewohnt schweigsam. Erst am Abend verabschiedete er sich und erklärte, er wolle auf eigene Faust die Lage erkunden.
Am Vormittag des nächsten Tages erreichten sie die Oststraße. Kundschafter berichteten, die Feinde seien in Iden bereits eingeschlossen und die umliegenden Gegenden längst wieder in eigener Hand.
Wenige Stunden später kehrte Magor zurück. »Die Fremdländer haben hart gearbeitet, seit sie in Iden sind. Doch ihre Befestigungen werden ihnen wenig nutzen, denn große Heere haben sich um sie versammelt. Das Gebiet südlich der Stadt kontrollieren die Fürsten Sundan und Marcon, im Norden erwartet uns Ened. Alles ist bereit. Wir werden bald dort ankommen, dann sollten wir ausruhen, denn noch in der Nacht wird Iden angegriffen.«
Lothiel musste den zunehmend nervösen Selldur fortschicken, um noch einige Stunden Schlaf zu finden. Sie schaute ein letztes Mal zur Stadt hinunter, die scheinbar friedlich in dem kleinen Tal zwischen den Hügeln ruhte. Herrlich blau zog sich das Band des Bhal durch das Grün, Gelb und Braun der Wiesen und Felder, schützte Iden im Westen, um sich schließlich südlich der Stadt aus dem Tal in die Ebene zu ergießen, wo er einen kleinen See speiste, wie Lothiel von Magor wusste. Er hatte ihr auch gezeigt, wie der Feind den Graben um den kleinen Ort verbreitert, die Palisaden verstärkt und mit Wehrgängen versehen sowie an den entscheidenden Stellen durch Steinmauern ergänzt hatte. Etwa hundertfünfzig Schritt vom nördlichen Tor entfernt, ein Stück weit links der Straße, lag die kleine Erhebung, die Lothiel sich erwählt hatte. Dort stand ein einzelner großer Baum mit einem kräftigen Stamm. Er sollte sie, gemeinsam mit Dunkelheit und Entfernung, vor den feindlichen Pfeilen schützen. Und von dort aus würde Leithian sich die Männer auf dem Tor und den Wehrgängen vornehmen.
Sie kuschelte sich in ihre Decken und sank in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Magor weckte sie. »Es ist Zeit.«
Es war stockdunkel. Lothiel nahm ihre Waffen an sich und suchte sich den Weg zu ihrem Hügel. Dort angekommen bemerkte sie, dass Selldur ihr gefolgt war.
»Was tust du hier?«, fragte sie ihn.
»Ich will dir zur Seite stehen.«
»Der Feind ist in der Stadt, weit mehr als einhundert Schritt entfernt. Wen willst du mit der Schleuder treffen?«
»Niemanden.« Selldurs Stimme klang trotzig. »Ich will am liebsten überhaupt niemanden treffen. Ich will nur hier sitzen und hoffen, dass es bald vorübergeht.«
Lothiel lachte. »Dann bleib hier hocken. Aber verhalte dich ruhig. Ich bin nicht zum Schwatzen hier.«
»Ich werde dich nicht stören.«
Lothiel legte den Köcher mit Leithians Pfeilen bereit. Daneben platzierte sie einen zweiten, den sie von Magor erhalten hatte. So war sie mit einem Nachschub an gewöhnlichen Pfeilen versorgt.
Nun wartete sie auf das vereinbarte Signal. Noch war alles ruhig, Iden von ihrem Standpunkt aus kaum zu sehen.
»Schade, dass sie auf das Angebot der Fürsten nicht eingegangen sind«, flüsterte Selldur. »Als du schliefst, trug es ihnen ein Unterhändler vor. Doch die Männer auf den Palisaden sollen nur gelacht haben.«
»Sie werden sehen, was sie davon haben«, entgegnete Lothiel. »Still jetzt!«
In diesem Moment ertönte südlich Idens ein Horn. Unweit von Lothiels Standort antwortete ein zweites. Selldur sprang nun doch auf, um das Geschehen verfolgen zu können. Rund um die Stadt entflammten kleine Feuer und Schützen entzündeten daran ihre Brandpfeile. Kaum drei ßig Schritte von der kleinen Erhebung entfernt, konnte Lothiel einen der Männer beobachten, wie er den Pfeil auf die Sehne legte. Sie fieberte dem Flug des Geschosses entgegen, stellte sich vor, wie es sich mit den anderen zu einem Schwarm brennender Vögel vereinte, der sich in der Schwärze der Nacht Unheil verkündend auf die Palisaden stürzte.
»Sie sind erloschen!« Lothiel stampfte mit dem Fuß auf.
Doch Selldur deutete zur Stadt hin: Auf den Palisaden züngelten die ersten Flammen. Einige der Pfeile mussten die Befestigungen überflogen haben und in die Dächer der dahinterliegenden Häuser eingeschlagen sein. Ein Mann über dem Nordtor wurde getroffen. Noch im Sturz schlug er auf sich ein, in der Hoffnung, er könne die Flammen ersticken. Schon folgte ein
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