Das Lächeln der Kriegerin
sinnlosen Träumen zu lösen. Ich bin es nicht!«
Lothiel ließ dem Boten nicht die Zeit zu antworten und sprengte davon. Sie achtete nicht darauf, dass er ihren Na men rief, und wandte sich zur Barrikade. Sie hoffte, dort Magor zu treffen. Er war ihr nun als Einziger ihrer Kameraden geblieben. Mit ihm könnte sie gemeinsam auf die entscheidende Schlacht warten, ohne dummes Zeug zu reden.
Magor sah sie kommen, nickte zur Begrüßung und richtete seinen Blick wieder auf das entfernte Lager der Fremdländer. Lothiel hockte sich neben ihn. Nach einer Weile spürte sie seine Hand, die sich ihr auf die Schulter legte und dort einen Moment verweilte.
Als es zu dämmern begann, entstand Aufregung unter den Männern. Es hieß, ein Reiter sei gekommen, ein edler Mann der Königin, der zu ihnen sprechen wolle. Lothiel und Magor folgten dem Gedränge. Die Leute sammelten sich um den Mann, der sich mitten auf der Straße auf ein Fuhrwerk gestellt hatte und wartete, bis ihn alle hören konnten.
Lothiel erkannte ihn sofort, obwohl er seine Gewänder gegen eine leichte Rüstung getauscht hatte und jünger wirkte als in ihrer Erinnerung.
»Man nennt mich Istyar«, sprach er zu den gespannten Zuhörern. Seine Stimme trug weit und sein Name löste Getuschel aus. »Ich bin gekommen, um euch Botschaft zu bringen von Araniel, eurer Königin, die euch oder eure Väter bereits vor zwanzig Jahren zum Sieg und in eine Zeit des Friedens geführt hat und die auch jetzt seit Wochen für euch und euer Land kämpft, wie auch ihr gekommen seid, für sie zu kämpfen.«
Die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht: Die Männer brüllten dem Redner ihre Zustimmung entgegen und ließen die Königin hochleben. Auch Lothiel fühlte sich berührt und sie spürte eine warme Zuneigung zu dem alten Mann, der ihr schon in Arminas Gehör und Verständnis geschenkt hatte.
»Viel habt ihr bereits geleistet auf dem Weg hierher«, sprach Istyar weiter. »Eure Königin weiß das. Daher vertraut sie euch eine besondere Aufgabe an. Der Feind ist stark und mit ihm ist eine Legende auferstanden: Naurhir!«
Wieder gab es Gemurmel, doch dieses Mal klang es ängstlich.
»Ja, ihr seid gekommen, gegen Ihn zu kämpfen. Doch fürchtet euch nicht. Einst, in der alten Welt, war er ein mächtiger Mann. Doch vor vielen Jahrhunderten wurde er aus diesem Land vertrieben und büßte einen großen Teil seiner Macht ein. Und auch auf eurer Seite kämpfen Legenden, denn eure Königin trägt Cu Valava in die Schlacht, Beleg, den Bogen der Macht, den ihre Vorfahren schon in den alten Zeiten mit sich führten. Und sehet: Auch Cu Lehta ist unter euch. Leithian, Bruder Belegs und der Bogen der Erlösung!«
Er deutete zielsicher auf Lothiel, die er bis dahin gar nicht angesehen hatte. Die Männer, die um sie herum standen, traten ehrfurchtsvoll zurück und bildeten so einen Kreis um Lothiel. Nur Magor blieb stehen, wo er war. Er schaute völlig ungerührt und flüsterte ihr zu: »Halte den Bogen hoch.«
Lothiel waren die Blicke unangenehm. »Warum? Die meisten kennen ihn doch schon.«
»Halte den Bogen hoch«, forderte Magor eindringlicher.
Lothiel nahm ärgerlich die Waffe von der Schulter und fluchte: »Was soll der Hokuspokus?«
Dann streckte sie Leithian in die Höhe. Die Menge brach in Jubelrufe aus, die kein Ende nehmen wollten, bis Istyars Stimme alles übertönte.
»Noch bevor der morgige Tag anbricht, werdet ihr das Signal der Königin hören. Haltet eure Stellung und verfolgt, wie der Feind von allen Seiten angegriffen wird. Denn die Oststraße muss sein Fluchtweg sein, wenn die Streitmacht Araniels ihn vor sich hertreibt. Und hier werdet ihr, die ihr das besondere Vertrauen der Königin genießt, ihn erwarten. Eure großen Fürsten Amrun, Ened, Marcon und Sundan wissen von den Plänen der Königin. Folgt ihnen, wie ihr es bisher getan habt, und sie werden euch zu einem weiteren Sieg fuhren! Denn Naurhirs Rache und sein verblendeter Hass sind es, die die Männer hinter den Masken antreiben, ihr dagegen kämpft für eure Königin, euer Land und eure Familien!«
Die Männer antworteten mit erneuten Hochrufen, die den vier Fürsten und anschließend der Königin, ihrem Bogen und dessen Bruder galten. Istyar stieg von dem Wagen und bahnte sich einen Weg zu Lothiel.
Eine Weile ging er schweigend neben ihr unter den Bäumen. Dann hielt er sie an und drehte sie zu sich um. Er schaute ihr tief in die Augen. Bald senkte sie den Blick.
»Die Schrecken, die du erlebt hast,
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