Das Laecheln der Sterne
– ich kann dir welche machen.«
Paul trat neben sie.
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»Das brauchst du doch nicht! Ich kann mir unterwegs etwas besorgen. Und um ehrlich zu sein, ich bezweifle, dass ich Hunger haben werde.«
Sie schien nicht zuzuhören, und er legte ihr die Hand auf den Rücken. Er hörte, wie sie zittrig den Atem ausstieß, als hielte sie nur mit Mühe die Tränen zurück.
»Hey ...«
»Es geht schon«, flüsterte sie.
»Wirklich?«
Sie nickte und schniefte und hob die Pfanne vom Herd.
Adrienne rieb sich die Augen und sah Paul auch jetzt noch nicht an. Das Ganze erinnerte ihn an die Szene auf der Veranda bei seiner Ankunft, und seine Kehle schnürte sich ihm zu. Dass seither weniger als eine Woche verstrichen war, schien ihm unfassbar.
»Adrienne ... bitte ...«
Sie sah zu ihm auf.
»Bitte was? Ich soll nicht traurig sein? Du fliegst nach Ecuador, und ich muss wieder nach Rocky Mount. Kann ich etwas dafür, dass ich nicht möchte, dass alles schon vorbei ist?«
»Ich möchte das auch nicht.«
»Und deshalb bin ich traurig. Weil ich das weiß.« Sie zögerte und versuchte, ihre Gefühle zu beherrschen. »Weißt du, als ich heute Morgen aufgestanden bin, habe ich mir vorgenommen, nicht wieder zu weinen. Ich habe mir vorgenommen, stark und glücklich zu sein, damit du mich so in Erinnerung behältst. Aber als ich das Wasser von der Dusche hörte, wurde mir schlagartig bewusst, dass du morgen früh, wenn ich aufwache, nicht mehr da bist, und da kam es einfach über mich. Aber es geht schon. Wirklich. Ich bin zäh.«
Sie sagte es so, als müsste sie sich selbst davon überzeugen.
Paul griff nach ihrer Hand.
»Adrienne ... heute Nacht, nachdem du eingeschlafen warst, 139
habe ich mir überlegt, dass ich vielleicht ein wenig länger hier bleiben könnte. Ein, zwei Monate spielen jetzt auch keine Rolle mehr, und wir könnten zusammen sein ...«
Sie schüttelte den Kopf und unterbrach ihn.
»Nein«, sagte sie. »Das darfst du Mark nicht antun. Nicht nach allem, was zwischen euch geschehen ist. Und du brauchst das jetzt auch, Paul. Es hat an dir genagt. Wenn du jetzt nicht gehst, werde ich mich bald fragen, ob du überhaupt je abreisen wirst. Wenn wir mehr Zeit zusammen verbringen, wird der Abschied, wenn es so weit ist, bestimmt nicht leichter. Und ich könnte mir nicht mehr in die Augen sehen, wenn ich wüsste, dass ich diejenige bin, die dich von deinem Sohn fern hält.
Wenn wir deine Abreise verschieben würden, müsste ich beim nächsten Mal auch weinen.«
Sie lächelte ihn tapfer an, bevor sie weitersprach. »Du kannst nicht bleiben. Wir wussten beide, dass du wieder gehen würdest, bevor unsere Geschichte überhaupt anfing. Und auch wenn es hart ist, wissen wir doch, dass es das Richtige ist.
Manchmal müssen Eltern eben Opfer bringen, und das ist eines davon.«
Paul nickte mit zusammengepressten Lippen. Er wüsste, dass sie Recht hatte, wünschte sich aber verzweifelt, es wäre nicht so.
»Versprichst du mir, dass du auf mich warten wirst?«, fragte er mit rauer Stimme.
»Natürlich. Wenn ich wüsste, dass du für immer weggehst, würde ich so viel weinen, dass wir in einem Ruderboot frühstücken müssten.«
Paul müsste trotz allem lachen, und Adrienne lehnte sich an ihn. Sie küsste ihn, bevor sie in seine Arme sank. Er spürte die Wärme ihres Körpers, roch schwach ihr Parfüm. Sie fühlte sich so gut an in seinen Armen. Wie dafür gemacht.
»Ich weiß nicht, wie oder warum es passiert ist, aber ich glaube, meine Reise hierher folgte einer Vorsehung«, sagte er.
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»Damit ich dir begegnen würde. So viele Jahre lang habe ich in meinem Leben etwas vermisst und wüsste nicht, was es war.
Jetzt weiß ich es.«
Sie schloss die Augen. »Mir geht es genauso«, flüsterte sie.
Paul küsste ihr Haar, dann lehnte er seine Wange an ihre.
»Wirst du mich vermissen?«
Adrienne entrang sich ein Lächeln. »Tag und Nacht, jede Minute.«
Sie frühstückten zusammen. Adrienne hatte keinen Appetit, aber sie zwang sich zu essen, und ab und zu brachte sie sogar ein Lächeln zustande. Paul stocherte in seinem Rührei herum und brauchte länger als sonst, bis er aufgegessen hatte. Als sie fertig waren, stellten sie das Geschirr ins Spülbecken.
Es war fast neun, als Paul mit Adrienne am Empfangstisch vorbei zur Tür ging. Er schwang sich erst einen, dann den anderen Seesack über die Schulter. Adrienne trug die Ledertasche mit seinen Tickets und seinem Pass.
»Jetzt muss ich wohl los«, sagte
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