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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Jadestraße gelaufen, um dem Jungen den Weg abzuschneiden. Doch dann war ihr Opfer plötzlich verschwunden. Einfach von der Dunkelheit verschluckt.
    Im Scheinwerferlicht hatten sie schließlich den Kahn entdeckt. Nur dorthin konnte er sich gewandt haben, denn ansonsten war entlang der Südstrandstraße das Gelände eingezäunt.
    Der Dunkelhaarige hatte ihn zuerst entdeckt und auf ihn geschossen, als er den Mast des alten Schiffes erklimmen wollte.
    »Hör auf, oder willst du, dass es hier bald von Bullen nur so wimmelt!«, hatte der Blonde noch gerufen, doch der Dunkelhaarige hatte ein weiteres Mal abgedrückt. Kurz darauf war der Junge in die Tiefe gestürzt. Fünf Meter mindestens, schätzte der Blonde.
    Noch bevor sie sich überzeugen konnten, ob der Junge wirklich tot war, hatte sich ein Wagen von der Emsstraße genähert. Sie waren sofort zu ihrem Auto gerannt und in Richtung Kaiser-Wilhelm-Brücke davongebraust. Dabei hatten sie noch Glück gehabt, denn kurz darauf war ein weiterer Wagen mit Blaulicht über die Schleusenstraße herangefahren. Doch da hatten sie die Brücke bereits hinter sich gelassen.

10
    Es gab zwei Notrufe wegen einer Schießerei am Banter See in der Einsatzzentrale der Polizei. Genau elf Minuten nach dem anonymen Anruf eines jungen Mannes rief eine Frau an und meldete Schüsse am Grodendamm. Auch sie nannte ihren Namen nicht. Der Einsatzleiter vom Dienst hatte bereits den ersten Anruf ernst genommen und zwei Streifen in das Hafengebiet beordert.
    Die erste Streife war über die Emsstraße in Richtung Südstrand gefahren. Die Beamten fuhren langsam und lauschten durch die geöffneten Seitenscheiben hinaus in die Nacht. Leichter Nebel kräuselte sich über dem Boden und weit und breit war keine Menschenseele zu entdecken. Als sie in die Jadestraße einbogen, sahen sie die Rücklichter eines Wagens im Bereich des Jadestegs. Der Fahrer des Streifenwagens beschleunigte, doch schon brauste der andere Wagen in Richtung Südstrand davon. Zu diesem Zeitpunkt näherte sich die zweite Streife über den Anton-Dohrn-Weg aus westlicher Richtung. Noch bevor sie über Funk die Nachricht ihrer Kollegen vom flüchtenden Fahrzeug erreichte, bog der unbekannte PKW in den Südstrand ein. Wenig später überquerte er die Kaiser-Wilhelm-Brücke und verschwand in Richtung Ebertstraße.
    Die Jagd war zu Ende, bevor sie überhaupt begonnen hatte.
    »Halt mal an«, sagte der bärtige Beamte der ersten Streife zu seinem Kollegen. »Ich will mal nachsehen, was die Kerle hier getrieben haben.«
    Der Fahrer stoppte den Streifenwagen. »Bestimmt Jugendliche, die sich einen Spaß erlaubt haben«, bemerkte er, als er die Handbremse festzog. »Die haben wohl mit einer Schreckschusspistole hier herumgeballert.«
    Der Beifahrer öffnete die Tür und griff nach seiner Taschenlampe. »Trotzdem«, erwiderte er trocken.
    Die beiden Polizisten suchten den gesamten Bereich in der Nähe des Damms ab, doch alles schien ruhig und friedlich. Als sie an der Telefonzelle vorübergingen, sahen sie, dass der Hörer nicht aufgelegt war.
    »Sonderbar, was?«, fragte der Bärtige.
    Der andere zuckte die Schulter. »Ich sag doch, da hat sich einer einen Spaß erlaubt.«
    Sie gingen weiter, überquerten die Straße und leuchteten mit ihren Taschenlampen in die Umgebung. Der gebündelte Lichtstrahl streifte über den Parkplatz, auf dem ein einsamer Anhänger stand, dann erfasste das Licht den Rumpf eines Schiffes, das an der Kaimauer festgemacht worden war. Der Bärtige ging darauf zu.
    »Da ist nichts, lass uns zurück …«
    »Psst, sei mal leise«, fiel der Bärtige seinem jüngeren Kollegen ins Wort. Das Wasser plätscherte und gluckste leise. Dumpf drangen die Geräusche der nahen Stadt zu ihnen herüber.
    Das leise Stöhnen war kaum lauter als die übrigen Geräusche, nur mit ausgesprochen gutem Gehör zu erahnen. Der junge Kollege schien diese Fähigkeit nicht zu besitzen, doch der Bärtige hatte es gehört, hatte es aus der Vielzahl von überlagerten Frequenzen herausgefiltert.
    Unbeirrt hielt er auf das Schiff zu. Es war nicht sonderlich groß. Ein ehemaliges Feuerschiff, vom Ausmaß eines Kreuzers. Je näher sie kamen, desto deutlicher wurde das Stöhnen.
    Der junge Beamte verharrte. Jetzt hatte er es auch gehört. »Es kommt von dem Pott, da ist jemand«, flüsterte er und zog die Dienstwaffe.
    Der Bärtige lief zum Schiff und suchte nach einer Möglichkeit, an Bord zu gelangen, denn das schwache Stöhnen klang nach jemandem, der

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