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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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stillte.
    »Ich weiß nicht, wir haben irgendetwas erwischt«, erhielt er von dem Unverletzten zur Antwort. »Die Grundleine ist gerissen.«
    Ratlos blickte der Steuermann hinaus auf das Wasser. Noch immer saßen die Kurrleinen unter Spannung. Der Steuermann griff an den Hebel der Winsch und zog ihn kraftvoll nach hinten. Der Elektromotor setzte die Winde in Bewegung, doch die Spannung der Leinen nahm zu. Sofort riss er den Hebel zurück. »Das Netz hängt fest, da ist nichts zu machen«, knurrte er ratlos.
    *
    Trevisan quälte sich am Banter Hafen wie ein alter Mann aus dem Audi. Drei Streifenwagen parkten mit eingeschaltetem Blaulicht auf der Jadestraße. Ohrenbetäubender Motorenlärm dröhnte durch die Nacht. Ein Lichtmastwagen der Feuerwehr stand auf dem Parkplatz, dahinter hielt der Notarztwagen. Die grellen Scheinwerfer erhellten das Schiff, das vor dem Südufer des Großen Hafens vor Anker lag. Trevisan entdeckte Dietmar Petermann, der sich vor dem Schiff mit einem jungen Mann in weißem Kittel unterhielt. Ohne auf Till zu warten, ging er zu den beiden Männern hinüber.
    »Hallo, Dietmar, habt ihr schon etwas?«
    »Ah, Martin, gut, dass du endlich da bist.« Dietmar Petermann reichte ihm die Hand.
    Der junge Mann im weißen Kittel, er mochte Ende zwanzig sein, grüßte ebenfalls freundlich und musterte Trevisan aufmerksam. »Er ist wohl von dort oben herabgestürzt«, sagte er vorlaut und zeigte auf den hohen Mast des Schiffes.
    »So!«, erwiderte Trevisan verwundert.
    »Keine Fremdeinwirkung, keine Kampfspuren, keine Wunden, die nicht vom Sturz stammen«, fuhr der Arzt unbeirrt fort. »Wahrscheinlich ist er abgerutscht. Es hat schließlich geregnet. Vielleicht ist er betrunken, wer weiß. Aber das wird die Obduktion schon erweisen.«
    Trevisan warf Dietmar einen fragenden Blick zu.
    »Oh, das ist Doktor Grothe, der Notarzt«, beeilte sich Dietmar zu erklären.
    Trevisan nickte. »Ah, ja. Sie waren wohl schon häufig bei … Fällen dieser Art?«
    »Alles Routine«, erwiderte Grothe wichtig.
    »Gut, dann danke ich Ihnen einstweilen«, entgegnete Trevisan und wandte sich seinem Kollegen zu.
    »Alles klar«, antwortete der junge Arzt. »Hier noch meine Karte, wegen der Zeugenaussage und so.«
    Trevisan griff nach der ausgestreckten Hand. Grothe hatte wohl gerne das letzte Wort. Der Arzt ging hinüber zu seinem Wagen.
    »Was ist denn das für ein Spinner?«, fragte Till Schreier.
    Dietmar zuckte die Achseln. »Notarzt. Seit drei Wochen im Dienst. Ich glaube, wir werden noch öfters mit ihm zu tun haben.«
    »Gott behüte«, seufzte Trevisan. »Also, was liegt an?«
    »Ein Jugendlicher. Hat sich vermutlich das Genick gebrochen, als er von dem Mast gefallen ist. Ansonsten kennst du ja schon Grothes These.«
    Trevisan musterte den hohen Mittelmast des Feuerschiffes. Er maß wohl an die sechs Meter. »Ist der Name des Toten bekannt?«
    »Er heißt Mike Landers«, erwiderte Dietmar. »Er stammt aus Wilhelmshaven, ist sechzehn Jahre alt und besucht das Cäcilien-Gymnasium. Wir haben einen Schülerausweis in seiner Tasche gefunden. Ansonsten wissen wir noch nichts über ihn. Wir warten mit der Durchsuchung seiner Kleider noch auf Kleinschmidt.«
    Trevisan nickte. »Ich hörte, es sollen Schüsse gefallen sein. Weißt du schon mehr darüber?«
    »Nur das, was die Streifenpolizisten darüber berichten.«
    Trevisan verdrehte die Augen. Er fragte sich, wann Dietmar endlich einmal von sich mit allen Einzelheiten herausrücken würde. »Und was berichten sie?«, fragte er barsch.
    »Dass zwei anonyme Anrufe in der Einsatzzentrale eingingen. Jemand hatte Schüsse hier im Hafen gehört. Als die Streife eintraf, sahen sie, wie ein Wagen in Richtung Kaiser-Wilhelm-Brücke davonraste. Sie haben noch versucht, den Wagen zu stellen, aber der war zu schnell. Sie können nicht sagen, um welchen Typ es sich handelte. Dann sind sie an die Stelle gefahren, wo sie den Wagen zum ersten Mal gesehen haben, und sind ausgestiegen. Dann fanden sie den Jungen auf dem Schiff. Aber da war er wohl schon tot.«
    Trevisan ging zum Schiff. Dietmar folgte. Mittlerweile führte eine stählerne Leiter an Bord. Eine glitschige Holzplanke lag neben dem Vorschiff im feuchten Gras. Trevisan kletterte auf die Leiter und schaute über die Reling. Der Körper des toten Jungen lag mit einer Plane abgedeckt direkt unterhalb des Mastes. Eine Blutlache hatte sich neben der Decke ausgebreitet.
    Trevisan kletterte zurück nach unten. »Wo sind Monika und

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