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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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dringend Hilfe brauchte. Er suchte mit der Taschenlampe das Ufer ab. Schließlich entdeckte er eine kleine Leiter, die in der Wiese lag. Der Bärtige steckte die Lampe ins Holster.
    »Leuchte, bitte!«, sagte er und schwang sich auf die Planke.
    »Pass auf, das ist gefährlich«, warnte ihn sein jüngerer Kollege.
    »Das weiß ich selbst«, antwortete der Bärtige. Stück um Stück tastete er sich voran. Schließlich erreichte er das Deck.
    Als er erneut die Taschenlampe hervorzog und den Schiffsboden ableuchtete, erstarrte er. Ein menschlicher Körper lag vor ihm. Eine große, dunkle Lache erstreckte sich vom Kopf bis hinüber zur Reling.
    »Schnell, hole Hilfe!«, rief er Bärtige seinem Kollegen zu.
    »Da oben liegt einer. Ich glaube, der stirbt.«
    *
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte der Dunkelhaarige seinen Begleiter.
    Sie waren entkommen. Niemand folgte ihnen. Sie hatten es gerade noch rechtzeitig geschafft. Über die Ebertstraße waren sie bis hinauf zum Rüstersiel gefahren. Dort waren sie auf einen Parkplatz abgebogen und hatten den Wagen abgestellt. Anschließend waren sie zu Fuß bis nach Altengroden gelaufen.
    Der Blonde blickte auf seine Digitaluhr. Es war kurz vor ein Uhr.
    »Ich glaube nicht, dass uns jemand gesehen hat«, sagte der Dunkelhaarige. »Die Streifenwagen waren zu weit entfernt.«
    »Warum hast du geschossen, es war doch abgemacht, dass …«
    »Ich habe ihn nicht getroffen, ich habe vorbeigezielt«, antwortete der Dunkle. »Wie hätten wir ihn sonst von dort oben wieder herunterbekommen?«
    Der Blonde holte eine Zigarettenschachtel aus der Jackentasche. Er bot seinem Begleiter eine Zigarette an. Dann setzten sie sich auf eine Parkbank in der Nähe des Sportplatzes. Der Blonde nahm einen kräftigen Zug.
    »Na ja, egal«, sagte er. »Den Sturz hat er sicher nicht überlebt.«
    »Und was ist mit den Briefen und dem Bild?«
    Der Blonde schwieg.
    »Die hat er bestimmt zu Hause«, sagte der Dunkle nach einer Weile.
    »Willst du bei ihm einbrechen und das Zimmer auf den Kopf stellen?« Die Frage des Blonden klang bissig.
    »Wieso nicht?«, erwiderte sein Begleiter. »Es ist doch nur die Mutter zu Hause. Mit der werden wir schon fertig.«
    Der Blonde schnippte den glimmenden Filter in ein Gebüsch.
    »Das ist zu gefährlich, die Bullen werden sicher bald dort auftauchen«, entschied er nach einer kurzen Denkpause. »Wir werden verschwinden. Ich werde es ihm morgen erklären. Halbermann muss untertauchen. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
    Der Dunkelhaarige hatte seine Zigarette ebenfalls fertig geraucht und ließ sie vor sich auf den Boden fallen. »Er wird nicht begeistert sein.«
    »Und wenn schon«, sagte der Blonde. »Er wird es akzeptieren. Schließlich führen viele Wege nach Rom.«
    *
    Tommy Wolff hatte sich über Mikes Anruf gewundert. Er hatte die Angst gefühlt, die in den Worten seines Freundes mitschwang. Und dabei hatte er ihn noch gewarnt. Zuerst hatte er gezögert, dann war er aber doch zum Hafen gefahren. Er konnte Mike nicht einfach hängen lassen.
    Als er von der Ebertstraße in die Virchowstraße abbog, wurde er von einem Krankenwagen überholt. Er maß der Sache zunächst keine Bedeutung bei. Als er in die Jadestraße einbog, bremste er seinen Wagen ab. Blaue Lichter rotierten wild am südlichen Ufer. Er hielt an und stieg aus, jetzt voller Panik. Was war Mike nur zugestoßen? Ein riesiges Polizeiaufgebot hatte sich am Ostende des Banter Sees eingefunden. Dort musste etwas Schreckliches passiert sein.
    Er beobachtete die Szenerie aus sicherer Entfernung. Ein paar Minuten später stieg er mit weichen Knien in seinen Wagen. Langsam setzte er seine Fahrt fort. Er hoffte, dass Mike doch noch zum vereinbarten Treffpunkt kommen würde. Fast eine Stunde wartete er dort vergebens und zermarterte sich das Hirn. Was sollte er nur tun?
    *
    Trevisan war bereits im Bett, als das Telefon klingelte. Der nervtötende Ton riss ihn aus einem traumlosen Schlaf. Er hatte einen schalen Geschmack im Mund. Es dauerte eine Weile, bis er den Lichtschalter fand. Das Telefon klingelte unaufhörlich weiter.
    Gereizt nahm er den Hörer ab. Mit krächzender Stimme meldete er sich.
    »Hallo, Martin«, begrüßte ihn Till Schreier. »Es tut mir leid, dich zu stören, aber wir haben eine Leiche im Hafengebiet.«
    Trevisan richtete sich auf. Sofort war er hellwach. »Was ist passiert?«
    »Die Sache ist reichlich mysteriös«, erklärte Till. »Offenbar gab es eine Schießerei am Banter See. Die

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