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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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mir her. Ich bin am Großen Hafen. Du musst mich unbedingt hier abholen. Sie haben Pistolen. Ich warte auf dich an der Weserstraße hinter der Kaiser-Wilhelm-Brücke. Bitte, komm und hilf mir!«
    Noch bevor er geendet hatte, sah er die Scheinwerfer des Wagens, der sich auf der Jadestraße in seine Richtung bewegte. Ihm wurde siedendheiß. Er hatte zu viel riskiert. Sie hatten ihn entdeckt.
    »Schnell, komm!«, schrie er noch einmal ins Telefon, dann unterbrach er das Gespräch. Mit zitternden Fingern wählte er die Notrufnummer der Polizei. Die Sekunden schienen endlos, bis sich die dunkle Stimme eines Mannes meldete.
    »Schnell, kommen Sie an den Banter See bei Klein Wangerooge«, schrie er. »Dort ist geschossen worden. Schnell, bevor jemand stirbt.«
    Er ließ den Hörer fallen und rannte los. Der Wagen beschleunigte. Fast zwei Kilometer trennten Mike von der Kaiser-Wilhelm-Brücke. Mit all seiner verbliebenen Kraft und dem Mut der Verzweiflung hetzte er dem Südstrand entgegen. Er hörte das Aufheulen des Motors.
    Mike Landers war der Erschöpfung nahe. Dennoch trieb ihn sein unbändiger Lebenswille voran. Aus den Augenwinkeln erkannte er, dass der Wagen stetig näher kam. Noch hatten ihn die Scheinwerfer nicht erfasst.
    Er verließ den Weg und rannte durch das feuchte Gras über das Gelände eines Parkplatzes hinweg.
    Dann sah er im Zwielicht der wenigen Laternen das alte Feuerschiff, das seit mehreren Wochen vor dem Parkplatz an der Südstrandstraße lag. Das war seine letzte Chance.
    Mike Landers hetzte auf das Schiff zu. Nur einmal wäre er beinahe zu Boden gegangen, als er auf dem feuchten Schotter ins Rutschen kam. Doch er fing sich und hastete weiter. Er wusste genau, wohin er sich wenden musste. In der letzten Woche hatten Mike und seine Freunde das Schiff inspiziert. Niemand hatte sich in der vergangenen Zeit mehr für den alten Kahn interessiert, doch nun konnte er zu seiner rettenden Zuflucht werden. Eine schmale Leiter führte an Bord. Mike fand sie sofort wieder und krallte sich an dem nassen Holzstück fest. Auf allen vieren robbte er hinüber auf das Schiff. Hinter sich hörte er, wie der Wagen anhielt. Scheinwerfer tasteten durch die Nacht. Er hörte einen Pfiff, doch er wusste nicht, woher.
    Die Leiter führte steil nach oben. Mindestens zwei Meter waren an Höhenunterschied zu überwinden. Mit letzter Kraft schob er sich Stück um Stück voran, bis er endlich die Reling erreichte. Mit einem letzten kräftigen Stoß stürzte er über das Geländer auf den stählernen Boden. Ein heftiger Schmerz durchzuckte seinen Körper, als er mit dem Ellenbogen aufschlug. Für einen Moment blieb er liegen. Sein Herz raste und das Atmen schmerzte in seinen Lungen. Als er einen lauten Ruf hörte, raffte er sich wieder auf. Noch war er nicht in Sicherheit.
    Eilends blickte er sich um. Es war ungewöhnlich hell an Bord. Dann sah er, dass die Scheinwerfer des Wagens direkt auf das Schiff gerichtet waren. Wie hatten sie ihn nur entdeckt? Mit schreckensstarren Augen suchte er nach einem Versteck. Dann fiel sein Blick auf den hohen Laternenmast in der Mitte des Schiffes. Eine stählerne Stiege führte hinauf. Er lief geduckt darauf zu und ergriff die kalten Sprossen. Mike blickte nach oben. Fünf, sechs Meter trennten ihn vor dem hohen Korb. Dorthin würden sie ihm nicht folgen können. Er mobilisierte seine letzten Kräfte und stieg hinauf.
    »Dort, er ist dort oben!«, hörte er den lauten Ruf eines Mannes. Der Strahl eines Scheinwerfers erfasste ihn.
    »Verdammt, sie haben einen Suchscheinwerfer«, dachte er und kletterte unbeirrt weiter. Nur noch wenige Sprossen trennten ihn von dem Metallkorb am Ende des Mastes. Plötzlich fiel ein Schuss. Er hörte ein hohes Brausen, als das Projektil nur knapp an seinem Kopf vorbeizischte. Er drückte seinen Körper gegen die Leiter und griff nach der nächsten Sprosse. Erneut zerbrach ein Schuss die Stille der Nacht. Ein Rufen folgte. Seine Hand fuhr nach oben, doch sie griff ins Leere, mitten ins Nichts. Mit einer letzten Anstrengung versuchte er seinen Körper zu stabilisieren, doch seine Finger rutschten an der feuchten Sprosse ab. Der gebündelte Strahl des Suchscheinwerfers war das Letzte, was er sah, dann stürzte er in die kalte und endlose Dunkelheit.
     
    Der Blonde hatte den Jungen entdeckt, als der die Telefonzelle auf der anderen Seite des Grodendamms betreten hatte. Er hatte seinen Komplizen sofort mit dem Wagen dorthin beordert. Er selbst war indessen über die

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