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Das Lächeln der toten Augen

Titel: Das Lächeln der toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Dünenlandschaft mit dem Meer im Hintergrund. Kein Gebäude, keine Schilder, das Bild hätte von überall stammen können. Trevisan drehte die Karte um. In schwungvoller und schöner Schrift stand ein einfacher Weihnachtsgruß auf dem Nachrichtenfeld. Unterschrieben war die Karte mit Fam. Halbermann.
    Die Briefmarke fehlte und der Poststempel war unleserlich. Über dem Anschriftenfeld war ein kleiner rotweißer Punkt. 1998-Denmark-Card 143, Varde, Mariannengade, stand darüber. So sehr sich Trevisan auch bemühte, der Poststempel war nicht zu entziffern.
    »Die Briefmarke fehlt«, bemerkte Trevisan.
    »Ach ja, die habe ich meinem Neffen geschenkt. Der sammelt Marken.«
    »Wissen Sie, ob er die Marke noch hat?«
    »Oh, das kann ich nicht sagen«, antwortete Frau Jonas. »Er wohnt und studiert mittlerweile in München. Ich habe ihn schon seit Monaten nicht mehr gesehen.«
    Trevisan nickte. Er überlegte, ob er die Frau bitten sollte, den Neffen nach der Marke zu fragen, doch er verwarf den Gedanken. Vielleicht ließ sich über den Postkartenverlag erfahren, wo das Kartenmotiv aufgenommen worden war und die Postkarte verkauft wurde. Schließlich wurde es langsam Zeit, nach Halbermann zu suchen.
    »Und Sie sind sich wirklich sicher, dass Sie nicht wissen, wo sich Halbermann in Dänemark aufhalten könnte?«, hakte Trevisan noch einmal nach.
    Frau Jonas schüttelte den Kopf. »Ich bin mir absolut sicher, dass wir darüber nie geredet haben«, antwortete sie bestimmt.
    Trevisan leerte seine Tasse und stellte sie zurück auf den Tisch.
    »Noch einen Kaffee?«, fragte die Frau.
    Trevisan lehnte dankend ab. »Wissen Sie eigentlich, wann Maria geboren ist?«
    Frau Jonas schenkte sich noch eine weitere Tasse ein, dann stellte sie die Kanne wieder zurück auf den Tisch. Sie kratzte sich am Kinn. »Das Jahr weiß ich nicht genau, entweder 1984 oder 1985. Aber ihr Geburtstag wurde am vierten Juni gefeiert.«
    Trevisan nahm seinen Notizblock heraus und schrieb das Datum auf. Dann griff er noch einmal zur Postkarte. »Kann ich die mitnehmen? Sie erhalten sie auf alle Fälle wieder zurück.«
    »Sicher«, entgegnete die Frau.
    »Sie erzählten mir, dass der Abgeordnete Behrends der einzige Besuch im Hause Halbermann war, an den Sie sich erinnern«, wechselte Trevisan das Thema. »War er oft zu Gast?«
    »Gelegentlich.«
    »Wissen Sie, worüber sich Halbermann und Behrends unterhielten?«
    »Was glauben Sie!«, sagte Frau Jonas empört. »Ich lausche doch nicht.«
    Trevisans Gesicht verzog sich zu einem entschuldigenden Lächeln. »Ich meinte ja nur, vielleicht haben Sie ja etwas aufgeschnappt, das für uns wichtig sein könnte.«
    »Na ja, das kam schon mal vor, wenn ich in der Stube wischte«, antwortete Frau Jonas zögernd. »Ich hatte den Eindruck, es ging fast immer nur um Geschäfte. Beim letzten Besuch des Landtagsabgeordneten vor etwa vier Wochen unterhielten sie sich über ein Projekt, das offenbar sehr viel Geld verschlang. Es muss eine Sternwarte oder etwas Ähnliches gewesen sein. Aber genau weiß ich das nicht mehr, ich habe den Raum verlassen, nachdem mir Herr Halbermann einen missbilligenden Blick zugeworfen hatte. Er hat ja ständig mit seinem Verein irgendwelche Projekte von kulturellem Wert unterstützt.«
    »Sind Orte oder Städte erwähnt worden?«
    »Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr an die Einzelheiten erinnern. Es ist schon zu lange her.«
    Trevisan nickte verständnisvoll und erhob sich. »Darf ich noch einmal bei Ihnen vorbeischauen, falls ich noch Fragen habe?«
    Frau Jonas zögerte. Ihr schien noch etwas auf der Seele zu brennen. Trevisan warf ihr einen fragenden Blick zu.
    »Es ist … mir ist da noch etwas eingefallen«, sagte die Frau. »Es ist vielleicht nicht bedeutend, aber nachdem ich den Keller im Nebenhaus sah, dachte ich, es könnte wichtig sein. Etwa zehn Tage, bevor Maria weggeschickte wurde, hatte Halbermann mit ihr einen gehörigen Streit. Das Mädchen tat mir leid. Sie war Halbermann in das Nebengebäude gefolgt. Sie hatte die Nacht zuvor drüben geschlafen, weil in ihrem Zimmer der Handwerker tätig war. Es hatte einen Wasserschaden gegeben. Sie wollte doch nur ihre Sachen holen.«
    »Wissen Sie, um was es bei dem Streit ging, haben Sie zugehört?«, fragte Trevisan hellhörig.
    »Nein, natürlich nicht. Aber schon damals hatte sich das Verhältnis zwischen Halbermann und Maria verschlechtert. Ich dachte mir, es geht in erster Linie um Sven. Doch jetzt, nach dem ich den Kellerraum

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