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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Normalerweise gehen wir erst ganz zuletzt dahin, weil es nicht gerade ein typisches Lokal ist.»
    Er führte sie über die Straße, brachte die Autofahrer mit einem knappen Winken zum Stehen: Jon Scole sah aus, als könnte er kleineren Autos durchaus Schaden zufügen. Er blieb am gegenüberliegenden Bordstein stehen und betrachtete die überladene Fassade aus der Zeit Jakobs I., die aussah, als bestünde sie aus Marzipan und Cornflakes. Das letzte Mal hatte Merrily das
Feathers Hotel
auf Robbie Walshs Computerbildschirm gesehen.
    «Ich mein, wenn das mal kein klassisches Spukhaus ist, oder? Was glauben Sie, Mary: ein Straßenräuber mit einer schwarzen Maske? Nein … Vielleicht, ich weiß nicht … Aber die interessanteste Erscheinung in diesem Ort hier ist – stellen Sie sich das mal vor – ein junges Mädchen im Minirock mit durchsichtiger Bluse.»
    «Wirklich?»
    «Tatsache. Kommt immer ungefähr jetzt – nein, später, gegen Mittag. Stolziert zwischen den Autos durch, genau hierher, und dann – puff! Verschwunden! Sie ist nicht nur einmal gesehen worden, sondern ungefähr ein Dutzend Mal, in den Siebzigern. Sie können die Angestellten drinnen fragen. Kommen Sie, ich beweis es Ihnen.»
    «Nein … Jon … ich möchte niemanden fragen. Ich will nicht –»
    «Sorry!» Er hob die Hände, als wäre das Geistermädchen gerade aus dem Telecom-Firmenwagen gestiegen, der auf dem Bürgersteig parkte. «Verstehe. Sie wollen keine große Sache draus machen. Versteh ich. Wir gehen einfach rein und trinken was.»
    Sie setzten sich an einen runden Tisch in der
Comus Bar
des
Feathers
, und Merrily machte es wie die alten Damen und sagte, sie wolle Tee. Jon Scole grinste sie durch seinen krausen Kupferdraht-Bart an.
    «Pfarrer und Tee, was? Sorry! Ich komm einfach nicht drüber weg, dass Sie … Sie sehen so klein aus und …» Er stülpte die Lippen auf. «Sorry, bin manchmal etwas direkt.»
    «Nein, das ist – es ist immer gut zu wissen, woran man mit den Leuten ist. Aber vielleicht könnten Sie –» Merrily tätschelte die Luft. «– die Lautstärke ein bisschen reduzieren?»
    «Klar, okay.» Er reduzierte sein Dröhnen auf ein lautes Flüstern. «Das ist auch das letzte Mal, dass ich in der Öffentlichkeit die Religion erwähne, ich schwör’s. Aber machen Sie sich wegen der Leute hier drin mal keine Sorgen, wenn nicht gerade Rotary-Tag ist, sind das garantiert nur Touristen.»
    «Warum heißt das hier
Comus Bar

    «Miltons Theaterstück,
Comus
 – Erstaufführung 1634 im Schloss von Ludlow. Hat mir der kleine Robbie Walsh erzählt, er ruhe in Frieden. In dieser Stadt ist es echt egal, wo man hinkommt, überall hat man’s mit Geschichte zu tun. Muss man sich richtig von den Schuhen kratzen, wie Hundescheiße.»
    Er schlüpfte aus seiner Bikerjacke und hängte sie über seine Stuhllehne. Darunter trug er eine Lederweste. Er zog sie straff.
    «Früher hab ich eine Uhr mit Kette gehabt, aber dann hab ich gehört, dass der Stadtrat Lackland denkt, ich will ihn verarschen. Wollte den guten alten George nicht beleidigen. Er könnte mir das Leben ziemlich schwermachen – die ganzen offiziellen Gebäude, durch die ich die Leute führen muss. Und die Läden – George leitet die örtliche Handelskammer. Der könnte mich innerhalb eines Monats plattmachen, ohne Scheiß.» An der Bar tat sich eine Lücke auf. Jon Scole erhob sich. «Tasse Tee, bitte, Ruth, und ein Halbes von dem guten Zeug.» Er setzte sich wieder. «Also, Mary … Sie wollen Bell treffen, stimmt’s? Ziemlich schwierig. Nicht unmöglich, aber ganz schön schwierig.»
     
    Es war George Lackland gewesen, der das eingefädelt hatte.
    Der Bischof hatte vormittags vom Büro für spirituelle Grenzfragen aus mit George telefoniert und den Ball ins Rollen gebracht.
    Bernie hatte Merrily gesagt, dass sie ihm alles, was sie herausfand, durch Sophie übermitteln sollte, während der Bürozeiten. Am besten, es fiel nicht auf, dass sie zusammenarbeiteten, obwohl sie ihn gern auch abends zu Hause anrufen konnte. Merrily glaubte nicht, dass es eine große Rolle spielte. Es gab Zeiten, da hatte man das Gefühl, es lag alles in Gottes Hand. Sie hatte sich die Rolle als Beraterin für spirituelle Grenzfragen nie aktiv ausgesucht; wenn sie ihr jetzt also wieder genommen wurde … welches Recht hatte sie, wütend zu sein, erbittert, das Gefühl zu haben, dass man ihr in den Rücken gefallen war, sie isoliert hatte?
    «Alles in Ordnung, Mary?», fragte

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