Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
Jon Scole.
«Ja … Entschuldigung …»
«Sie sah’n plötzlich aus, als ob Sie jemanden umbringen wollen.»
«Nein, es war nur –» Sie merkte, dass sie rot wurde. «Ich war einfach zu spät im Bett.»
Am Vormittag hatte sie im Büro gesessen und zugehört, wie Bernie George alles darlegte, von wichtigem Mann zu wichtigem Mann:
George, wir müssen das unter uns ausmachen, du und ich, und ich glaube, wir haben dasselbe Ziel – nämlich den Geist der schönsten, kostbarsten kleinen Stadt des Landes zu bewahren. Aber wenn es um unser Erbe geht, müssen wir vorsichtig vorgehen, George. Ich will offen sein – was ich zu Merrily gesagt habe, ist Folgendes: Gehen Sie nach Ludlow, sprechen Sie mit den Leuten, machen Sie sich ein Bild von ihrer Geisteshaltung, kommen Sie wieder, und dann treffen wir eine Entscheidung. Und zwar bald, das verspreche ich
.
Er hatte überhaupt nichts Genaues gesagt. Nicht ein einziges Mal Belladonna erwähnt.
Und dann hatte George eine Weile geredet, und Bernie hatte genickt und Merrily angesehen und sie angelächelt und George schließlich gesagt, dass er das natürlich verstehe. Wir haben deine Botschaft verstanden, alter Freund.
Wir behandeln vertraulich, was du uns erzählst, und umgekehrt gilt es genauso, oder?
Alles, was die Gemeinde betraf, hatte sich überraschend leicht arrangieren lassen. Merrily und Sophie hatten Dennis Beckett – Pfarrer im Ruhestand und überall einsetzbare Vertretung – verpflichtet, an den nächsten beiden Wochenenden die Gottesdienste in Ledwardine zu übernehmen und sich um die Routineangelegenheiten in der Gemeinde zu kümmern. Merrily würde abends zu Hause sein, aber sie würde die ganze Zeit den Anrufbeantworter eingeschaltet lassen und alle Anrufe, die mit der Gemeinde zu tun hatten, an Dennis weiterleiten. Onkel Ted, dem Kirchenältesten, würde sie es am Abend sagen. Er würde nicht glücklich darüber sein, so kurzfristig mit Dennis zusammenarbeiten zu müssen, aber seit Merrily die Beratung für spirituelle Grenzfragen übernommen hatte, war Onkel Ted sowieso nur noch selten glücklich.
Was Siân Callaghan-Clarke und den Beirat betraf – darum hatte sich Sophie gekümmert. Sophie hatte akzeptiert, dass es zu ihrer Aufgabe gehörte, gelegentlich zu lügen. Sie hatte Siân erzählt, Merrilys Lieblingstante – nicht ihre Mutter, die sich leicht hätte ausfindig machen lassen – hätte sich die Hüfte gebrochen, und da Merrily noch Urlaub zustand … Wo das war? Sophie war nicht ganz sicher, aber nicht allzu weit entfernt, da Merrily wohl an manchen Abenden nach Hause kommen wolle, wenn ein anderer Verwandter kommen konnte – Sophie machte es so kompliziert, dass keine weiteren Fragen gestellt wurden.
Dann hatte George Lackland persönlich Merrily angerufen und ihr gesagt, er habe organisiert, dass sie Mr. Jonathan Scole treffe. Ein sprunghafter junger Mann, aber er könne sie über Dinge informieren, die George selbst besser nicht erzählte.
Das einzige Problem ist, dass ich ihm sagen müsste, wer Sie sind und was Sie machen. Ich bin sicher, dass er es absolut vertraulich behandeln wird. Ganz sicher. Meine Frau arbeitet im Tourismusbereich, und Jonathan ist bei seiner Arbeit auf unser Wohlwollen angewiesen, wenn Sie verstehen. Nein, er ist wirklich ein guter Kerl, er hat uns immer über alles informiert, was uns hätte in Verlegenheit bringen können. Letztlich denke ich, dass er entzückt sein wird, mit jemandem wie Ihnen zusammenzuarbeiten … Ist das so alles in Ordnung für Sie?
Also …
Sie sagen ihm, was er Ihrer Meinung nach wissen soll und was er für sich behalten soll, und Sie sagen ihm, dass er es vor mir rechtfertigen muss, wenn er das nicht tut. Nicht, dass das nötig sein wird.
Von seinen Stimmungsschwankungen des Vorabends war nichts mehr zu spüren gewesen. George Lackland hatte eine Stadt zu regieren, und es war, als spräche man mit irgendeinem onkelhaften Mafiaboss, der alle moralischen Normen längst hinter sich gelassen hatte.
Jon Scole schlürfte den Schaum von seinem Bier. «Okay, was immer Sie von mir wollen, ich verspreche Ihnen – auch wenn ich vielleicht manchmal etwas zu laut bin –, dass nichts nach draußen dringt, Mary.»
Mary. Na gut, warum nicht. Er wusste, dass sie Pfarrerin in der Diözese war. Aber er kannte ihren Nachnamen nicht, und er hatte ihren Vornamen falsch verstanden. Vielleicht hatte sogar George Lackland schon Mary verstanden.
Sie arbeitete undercover. Sie war
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