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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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erzählt. Vielleicht ist da auch nur der Wunsch der
Vater des Gedankens.«
    »Vielleicht
liegt auch Elena hier begraben, und das Kind lebt
noch.«
    Carus zuckte nur die
Schultern und machte sich auf den Weg zurück zum
Haus.
    So brach ich doch
später als erhofft von Ameria auf. Ich beherzigte den Rat von
Titus Megarus und übernachtete bei seinem Vetter. Den ganzen
Weg über und in jener Nacht unter fremdem Dach grübelte
ich über das, was Carus mir erzählt hatte, und aus
irgendeinem Grund waren es weder die Worte über Elena und ihr
Kind noch die über Capito und seine Familie, die mir im Kopf
herumgingen. Es war vielmehr etwas, was er über seinen
früheren Herrn gesagt hatte: »Und selbst wenn Sextus
Roscius seinen Töchtern ein schrecklicher Vater war, was geht
mich das an?« In diesen Worten klang etwas Irritierendes mit,
und ich zerbrach mir darüber den Kopf, bis mich der Schlaf
schließlich wieder übermannte.

20
    Ich erreichte Rom kurz
nach Mittag. Es war brütend heiß, doch in Ciceros
Arbeitszimmer herrschte ein recht frostiges Klima.
    »Und wo hast du
gesteckt?« fuhr er mich an. Er rannte mit verschränkten
Armen im Zimmer umher und starrte erst mich und dann einen
Haussklaven an, der im Atrium Unkraut zupfte. Tiro stand an einem
Tisch vor einem Haufen ausgebreiteter und mit Gewichten beschwerter
Schriftrollen. Auch Rufus war da, er saß in einer Ecke und
klopfte sich mit dem Finger auf die Unterlippe. Die beiden warfen
mir mitleidige Blicke zu, die mir signalisierten, daß ich
heute nicht das erste Opfer von Ciceros Zorn war. In nur vier Tagen
sollte der Prozeß stattfinden, und der Debütant vor der
Rostra verlor langsam die Fassung.
    »Aber du hast
doch sicher gewußt, daß ich in Ameria war«, sagte
ich. »Ich habe Tiro Bescheid gesagt, bevor ich die Stadt
verlassen habe.«
    »Ja, wie
schön für dich, einfach nach Ameria zu verschwinden und
uns hier mit dem Fall allein zu lassen. Du hast Tiro gesagt,
daß du gestern zurück sein wolltest.« Er
stieß einen kleinen Rülpser aus, verzog das Gesicht und
hielt sich den Bauch.
    »Ich habe Tiro
gesagt, daß ich mindestens einen Tag fort sein würde,
möglicherweise auch länger. Ich nehme an, es interessiert
dich nicht weiter zu hören, daß mein Haus seit unserer
letzten Begegnung von bewaffneten Schlägern überfallen
worden ist - und vielleicht in meiner Abwesenheit noch ein weiteres
Mal angegriffen wurde, was ich nicht weiß, weil ich noch
nicht dorthin zurückgekehrt, sondern statt dessen direkt
hierhergekommen bin. Sie haben meine Sklavin bedroht, die mit
Glück entkommen ist, und meine Katze abgeschlachtet, was dir
als Lappalie erscheinen mag, in einem zivilisierten Land wie
Ägypten jedoch ein Omen von geradezu katastrophalen
Ausmaßen wäre.«
    Tiro wirkte entsetzt.
Cicero sah aus, als litte er unter heftigen
Verdauungsstörungen. »Ein Angriff auf dein Haus - am
Abend, bevor du Rom verlassen hast? Das kann unmöglich etwas
mit meinem Auftrag zu tun haben. Wie hätte irgend jemand davon
wissen können -«
    »Das kann ich
dir auch nicht sagen, aber die Botschaft, die die Täter mit
Blut an meiner Wand hinterlassen haben, war deutlich genug.
>Schweig oder stirb. Laß der römischen Justiz ihren
gerechten Lauf.< Wahrscheinlich ein guter Rat. Bevor ich Rom
verlassen konnte, mußte ich die sterblichen Überreste
meiner Katze verbrennen, eine Unterkunft für meine Sklavin
finden und eine Wache vor meiner Tür postieren. Was die Reise
selbst angeht, bist du herzlich eingeladen, einmal selbst binnen
zwei Tagen nach Ameria und zurück zu reiten, um zu sehen, ob
du hinterher besserer Laune bist. Mein Hintern ist so wundgeritten,
daß ich kaum stehen kann, vom Sitzen ganz zu schweigen. Meine
Arme sind sonnenverbrannt, und meine Innereien fühlen sich an,
als hätte mich ein Titan genommen und wie ein paar Würfel
durch die Gegend geworfen.«
    An Ciceros Unterkiefer
traten die Muskeln hervor, seine Lippen waren geschürzt. Er
wollte mich gerade erneut anfahren.
    Ich hob die Hand, um
ihn nicht zu Wort kommen zu lassen. »Aber, nein, Cicero, du
mußt dich jetzt noch gar nicht für all die Mühen
bedanken, die ich um deinetwillen auf mich genommen habe. Erst
einmal wollen wir uns einen Moment in Ruhe hinsetzen, während
einer deiner Sklaven uns etwas zu trinken und ein Mahl bringt, das
einen hungrigen Mann mit einem eisernen Magen zufriedenstellt, der
seit Tagesanbruch nichts gegessen hat. Dann werde ich dir
erzählen, was ich auf meinem Erkundungsgang mit

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