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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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marschierten,
unterhielt ich mich vielmehr mit Rufus. Tiro trottete abwesend und
mit glasigen Augen hinter uns her.
    Bei unserer ersten
Begegnung hatte ich Rufus wenig Beachtung geschenkt. Sämtliche
seiner Qualitäten waren durch die Menschen um ihn herum
überdeckt worden. Als Patrizierin strahlte Caecilia ein weit
größeres Prestige aus, sie ging
selbstverständlicher und selbstbewußter mit ihrer Macht
um; als Gelehrter stellte Cicero ihn in den Schatten; und was das
jugendliche Ungestüm anging, konnte er es nicht mit Tiro
aufnehmen.
    Als ich jetzt endlich
Gelegenheit fand, mit ihm allein zu sprechen, war ich ebenso von
seiner Zurückhaltung und seinen Manieren wie von seiner
schnellen Auffassungsgabe beeindruckt. Cicero hatte ihn offenbar
seit Übernahme des Falles mit Botengängen zum Forum
beschäftigt gehalten und ihm die Erledigung des notwendigen
Formularkrams und gerichtlicher Angelegenheiten in seinem Namen
übertragen.
    Als wir das Forum
überquerten, tauschte er mit Bekannten ein Nicken oder ein
paar Worte - ehrerbietig gegenüber älteren Patriziern,
weniger respektvoll gegenüber Altersgenossen oder Vertretern
der niederen Stände. Obwohl er noch nicht die Toga eines
erwachsenen Mannes trug, war er unter wichtigen Leuten offenbar
bekannt und geschätzt.
    Auf dem Forum erkennt
man einen Mann an der Größe und Imposanz seines
Gefolges. Crassus war berühmt dafür, mit
Leibwächtern, Sklaven, Sekretären, Lakaien, Wahrsagern
und Gladiatoren im Schlepptau durch die Straßen zu
paradieren. Wir sind schließlich eine Republik, und die
schiere Masse von Volk, die einen Politiker umgibt, zieht die
Aufmerksamkeit auf sich. Es ist eher die Quantität als die
Qualität seiner Gefolgschaft, die einem Mann auf dem offenen
Forum Ansehen einbringt; man sagt, daß einige Zeitgenossen,
die nach Ämtern streben, sich ihre Anhängerschar im Paket
kaufen, und es gibt Römer, die von den Krumen leben, die
abfallen, wenn man sich im Gefolge eines mächtigen Mannes in
der Stadt blicken läßt. Auf halbem Weg über das
Forum wurde mir klar, daß Tiro und ich, wie unangemessen wir
auch wirken mochten, als Rufus’ Gefolgschaft angesehen
wurden. Ich konnte mir bei dieser Vorstellung ein Lachen nicht
verkneifen.      
    Rufus schien meine
Gedanken gelesen zu haben. »Mein Schwager«, begann er
und betonte die Worte so, daß nur Sulla gemeint sein konnte,
»hat sich neuerdings angewöhnt, das Forum ganz ohne
Gefolge zu überqueren mit nicht einmal einem Leibwächter.
Als Vorbereitung auf seinen Ruhestand, sagt er, und auf seine
Rückkehr ins Privatleben.«
    »Ob das klug
ist?«
    »Ich nehme an,
er ist so bedeutend, daß er kein Gefolge mehr braucht, um
andere zu beeindrucken. So glänzend und brillant, daß
alle seine Begleiter schlicht unsichtbar wären, von seinem
blendenden Licht verdeckt wie Kerzen neben der
Sonne.«
    »Und
während man Kerzen, wenn man Lust hat, ausblasen kann, vermag
niemand die Sonne zu löschen.«
    Rufus nickte.
»Die deshalb keine Leibwächter braucht. Scheint Sulla
zumindest zu glauben. Er nennt sich neuerdings auch Sulla,
Geliebter der Fortuna - als ob er mit der Göttin
persönlich verheiratet wäre. Er glaubt, sein Leben steht
unter ihrem Schutz, und wer wollte ihm da
widersprechen?«
    Rufus hatte den ersten
Schritt gemacht und seine Bereitschaft angedeutet, offen über
den Gatten seiner Schwester zu sprechen. »Du kannst Sulla
ernstlich nicht leiden, was?« sagte ich.
    »Ich habe den
größten Respekt vor ihm. Ich glaube, er muß ein
wahrhaft großer Mann sein. Aber ich kann es kaum ertragen,
mich im selben Raum mit ihm aufzuhalten. Es übersteigt meine
Vorstellungskraft zu erkennen, was Valeria in ihm sieht, obwohl ich
weiß, daß sie ihn aufrichtig liebt. Wie sehr sie sich
ein Kind von ihm wünscht! Ich höre sie ohne Ende mit den
Frauen in unserem Haus darüber reden, wenn sie zu Besuch ist.
Als Geliebte des Geliebten der Fortuna wird sie vermutlich ihren
Willen bekommen.«
    »Dann hast du
deinen Schwager ganz gut kennengelernt?«
    » So gut, wie
ich es als kleiner Bruder seiner Frau eben
muß.«
    »Und hast du
auch die Bekanntschaft seines engeren Freundeskreises
gemacht?«
    »Du
möchtest mich nach Chrysogonus fragen?«
    »Ja.«
    »Alle
Geschichten sind wahr. Heute sind sie natürlich nur noch
freundschaftlich verbunden. In fleischlichen Angelegenheiten ist
Sulla sehr launenhaft, aber gleichzeitig treu, weil er seine
Geliebten nie fallenläßt; wenn er jemand einmal seine
Zuneigung

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