Das Lächeln des Cicero
Tiro neulich
und in Ameria herausgefunden habe. Und danach kannst du dich bei
mir bedanken.«
*
Was Cicero, nachdem ich meine
Geschichte beendet hatte, auch recht ausgiebig tat. Seine
Verdauungsprobleme schienen sich in Luft aufgelöst zu haben,
er verstieß sogar gegen seine strenge Diät und trank
einen Becher Wein mit uns. Ich sprach die noch ungeklärte
Frage der Finanzen an, Cicero zeigte sich äußerst
zugänglich. Er willigte ein, nicht nur die zusätzlichen
Kosten zu übernehmen, die dadurch entstanden, daß ich
Vespa ein paar Tage länger in Ameria zurückgelassen
hatte, sondern bot freiwillig an, bis zur Beendigung des Prozesses
einen bewaffneten Leibwächter für mein Haus zu
engagieren. »Miete dir einen Gladiator oder wen immer du
willst«, sagte er. »Stell mir den Betrag in
Rechnung.« Als ich die Petition hervorzog, mit der die
Bürger von Ameria Sulla gebeten hatten, die Proskription des
alten Roscius rückgängig zu machen, glaubte ich, Cicero
würde mich zum Alleinerben einsetzen.
Während ich
berichtete, beobachtete ich aufmerksam Rufus’ Gesicht. Sulla
war immerhin sein Schwager, auch wenn die Geschichte, die Titus
Megarus mir erzählt hatte, nicht Sulla belastete, sondern
Chrysogonus, seinen Ex-Sklaven und Stellvertreter. Trotzdem
fürchtete ich, er könne beleidigt sein. Einen Augenblick
lang erwog ich die Möglichkeit, Rufus könnte mich an die
Feinde von Sextus Roscius verraten und Mallius Glaucia auf mich
angesetzt haben, aber in seinen braunen Augen konnte ich keinerlei
Arglist entdecken, und es war nur schwer vorstellbar, daß
sich hinter diesen fragend hochgezogenen Augenbrauen und der
sommersprossigen Nase ein Spion verbarg. (Vor Frauen mit rotem Haar
soll man sich hüten, heißt es in Alexandria, aber einem
rothaarigen Mann kann man blind vertrauen.) Es war vielmehr so,
daß Rufus, als sich die Erzählung Sulla zuwandte und
schlechtes Licht auf ihn warf, einen recht zufriedenen Eindruck
machte.
Als ich fertig war,
begann Cicero seine Strategie zu skizzieren, und Rufus zeigte sich
eifrig bemüht, ihm zu helfen. Cicero wollte ihn gleich zum
Forum schicken, aber ich schlug vor, daß Rufus statt dessen
mich begleiten und sich später um die juristischen
Botengänge kümmern sollte. Nachdem ich die Wahrheit
zutage gefördert hatte, wollte ich Sextus Roscius damit
konfrontieren, um zu sehen, ob ich nicht durch seinen Panzer
dringen konnte, wobei es mir aus Gründen des Anstands lieber
war, bei Caecilia Metella nicht als einsamer Fragesteller
aufzutauchen, sondern als bescheidener Besucher in Gesellschaft
ihres lieben jungen Freundes.
Tiro war damit
beschäftigt, seine Zusammenfassung meines Berichts zu
vervollständigen. Sobald ich den Besuch bei Caecilia
erwähnte, sah ich, wie er verstohlen aufblickte. Er biß
sich auf die Unterlippe und runzelte die Stirn, offensichtlich
bemüht, einen legitimen Vorwand zu finden, um mit uns zu
kommen. Natürlich dachte er an die junge Roscia. Als Rufus und
ich unseren Aufbruch vorbereiteten, wurde er zusehends
nervöser, sagte jedoch nichts.
»Und,
Cicero«, sagte ich schließlich, »wenn du Tiro
vielleicht entbehren könntest - das heißt, wenn du ihn
nicht für deine Arbeit in diesem Fall brauchst -, wäre
ich dir sehr dankbar, wenn er uns begleiten könnte.« Ich
beobachtete, wie Tiros Gesicht aufleuchtete.
»Aber ich wollte
mit ihm noch einmal deinen Bericht durchgehen. Vielleicht
möchte ich mir ein paar eigene Beobachtungen
notieren.«
»Ja, also, ich
dachte nur - das heißt, es gibt da noch ein paar Punkte in
den Gesprächen, zu denen er mich neulich begleitet hat, vor
allem was die Befragung im Haus der Schwäne angeht, die ich
mit ihm klären muß - Gedächtnislücken, die
aufgefrischt werden müssen und so weiter. Natürlich hat
das auch noch einen Tag Zeit, aber viele Tage bleiben uns nicht
mehr. Außerdem könnte es gut sein, daß sich im
Gespräch mit Roscius ein paar neue Aspekte ergeben, die er
aufzeichnen könnte.«
»Also
gut«, sagte Cicero. » Ich bin sicher, daß ich
für den Rest des Nachmittages auch ohne ihn
zurechtkomme.« In seiner Euphorie angesichts eines
überwältigenden Sieges in der Rostra ging er sogar so
weit, sich noch einen Becher Wein einzuschenken und nach einer
Brotkruste zu greifen.
Tiro sah aus, als
würde er jeden Moment vor Glück und Dankbarkeit
losheulen.
Ich hatte Cicero
angelogen; ich hatte keine Fragen an Tiro, Als wir über das
Forum und den Palatin hinauf zu Caecilias Haus
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