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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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mit
meinem Fuß. Sie ließ das Gemüse und das Brot, das
sie getragen hatte, fallen und schlang ihre Arme um meinen Hals und
meine Schultern. Sie sank zu Boden und zog mich zu sich
herab.
    Sie war
überglücklich, mich wiederzusehen, und sie zeigte es mir.
Aber sie war auch wütend, daß ich sie in einem fremden
Haus zurückgelassen hatte, und sie zeigte mir auch das. Sie
krallte ihre Nägel in meine Schultern, trommelte mit den
Fäusten auf meinen Rücken und kniff meinen Hals und meine
Ohrläppchen. Ich fiel über sie her wie ein seit Tagen
ausgehungerter Mann. Es schien mir unvorstellbar, daß ich nur
zwei Nächte weggewesen war.
    Sie hatte am Morgen
gebadet. Ihre Haut schmeckte nach einer fremden Seife, und sie
hatte sich hinter den Ohren, am Hals und an den geheimsten Stellen
ihres Körpers mit einem ungewohnten Parfüm betupft - das
sie, wie sie mir später erzählte, aus dem Privatversteck
der Frau des Stallmeisters geklaut hatte, als keiner hinsah. Wir
lagen nackt und erschöpft in den letzten Strahlen der Sonne,
während unser Schweiß einen obszönen Abdruck auf
dem abgenutzten Teppich hinterließ. Mein Blick wanderte
zufällig über die geschmeidigen Kurven ihres Körpers
und fiel auf die Botschaft, die noch immer in Blut an die Wand
hinter uns geschmiert war » Schweig oder
stirb...«
    Ein plötzlicher
Windzug aus dem Atrium kühlte den Schweiß auf meinem
Rücken. Unter meiner Zunge überzog sich Bethesdas
Schulter mit einer Gänsehaut. Einen merkwürdigen
Augenblick lang schien es, als würde mein Herz aufhören
zu schlagen, als hätte es zwischen dem verblassenden Licht,
der Wärme ihres Körpers und der Botschaft über uns
vorübergehend ausgesetzt. Die Welt kam mir auf einmal vor wie
ein fremder, unheimlicher Ort, und mir war, als hörte ich die
Worte als Flüstern in meinem Ohr. Ich hätte das als Omen
deuten können. Ich hätte auf der Stelle aus meinem Haus,
aus Rom und vor der römischen Justiz fliehen können.
Statt dessen biß ich in Bethesdas Schulter, sie stöhnte
auf, und der Abend strebte weiter seinem verzweifelten
Abschluß
entgegen.      
    *
      Gemeinsam zündeten wir die
Lampen an - und obwohl Bethesda ein furchtloses Gesicht aufsetzte,
bestand sie doch darauf, daß in jedem Zimmer Licht brannte.
Ich schlug vor, daß sie mich auf dem Weg in die Subura
begleitete, wo ich mich nach einem Leibwächter umsehen wollte,
aber sie bestand darauf, zu Hause zu bleiben, um das Essen zu
machen.
    Die Vorstellung, sie
auch nur für kurze Zeit allein im Haus zurückzulassen,
verursachte mir quälende Sorgen, aber sie blieb
hartnäckig und bat mich nur, schnell zurück zu sein. Ich
begriff, daß sie sich entschieden hatte, tapfer zu sein, und
auf ihre eigene Art ihre Macht über das Haus wiedergewinnen
wollte; in meiner Abwesenheit würde sie ein
Weihrauchstäbchen verbrennen und irgendein Ritual zelebrieren,
das sie vor langer Zeit von ihrer Mutter gelernt hatte. Nachdem
sich die Tür hinter mir geschlossen hatte, lauschte ich einen
Moment, um sicherzugehen, daß Bethesda sie von innen
verriegelte.
    Der Mond ging,
inzwischen fast voll, am Himmel auf und warf ein bläuliches
Licht über die Häuser auf dem Hügel, so daß
die Ziegeldächer aussahen, als seien sie mit einem Kupferfries
verziert worden. Die Subura zu meinen Füßen war wie ein
riesiges Becken aus Licht und gedämpften Geräuschen, in
das ich eintauchte, als ich rasch den Hügel hinabstieg und auf
die zur Nachtzeit geschäftigste Straße Roms
trat.
    Irgendein
Bandenmitglied hätte ich an jeder Straßenecke aufgabeln
können, aber ich wollte keinen gewöhnlichen
Schläger. Ich suchte einen professionellen Kämpfer und
Leibwächter aus dem Gefolge eines reichen Mannes, ein Sklave
von bewährter Qualität, dem man trauen konnte. Ich ging
zu einer kleinen Taverne hinter einem der besseren Bordelle an der
Via Subura und traf dort Varus den Mittler. Er begriff sofort, was
ich wollte, und wußte, daß ich kreditwürdig war.
Nachdem ich ihm einen Becher Wein spendiert hatte, verschwand er
und kehrte wenig später mit einem Riesen im Schlepptau
zurück.
    Die beiden gaben ein
recht gegensätzliches Paar ab, als sie nebeneinander in den
düsteren Raum traten. Varus war so klein, daß er nur bis
zum Ellenbogen des Riesen reichte; seine Glatze und seine beringten
Finger glänzten im Licht, während seine käsigen
Gesichtszüge im Schein der Lampen völlig konturlos wurden
und ineinanderzufließen schienen. Das Ungeheuer an seiner
Seite wirkte

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