Das Lächeln des Cicero
zutiefst verdorbene Auswurf der
Menschheit bringt über sich und sein Haus solchen Fluch nicht
nur der Menschen, sondern auch der Götter? Ihr wißt,
werte Römer, daß ich recht habe: Eine so große
Kraft und Schicksalsgewalt besitzt das eigene Fleisch und Blut,
daß jeder Fleck, den man sich davon zuzieht, sich nicht nur
nicht abwaschen läßt, sondern so tief ins Herz des
Vatermörders eindringt, daß Raserei und Wahnsinn die
Macht über ihn ergreifen, der ohnehin schon von abgrundtiefer
Verruchtheit ergriffen sein muß... O ja, das ist es, genau.
Beim Herkules, das ist gut!«
»Wenn du dir das
Gesicht waschen willst, ich habe dir eine Schüssel und ein
Handtuch mitgebracht«, sagte Tiro und wies auf das Tischchen
neben dem Diwan. »Und da du keine saubere Kleidung bei dir
hast, habe ich im Haus nachgesehen und ein paar Teile gefunden, die
dir passen müßten. Sie sind natürlich schon
getragen, aber sauber.«
Er nahm eine Reihe von
Tuniken zur Hand und breitete sie zur Begutachtung neben mir auf
dem Diwan aus. Ciceros Kleidung konnte es nicht sein, weil sein
Körper länger und schmaler als meiner war; ich vermutete,
daß sie für Tiro gemacht worden waren. Selbst die
einfachste Tunika war besser gearbeitet und aus einem feineren
Stoff als meine beste Toga. Am Abend zuvor hatte Cicero mir ein
weites ärmelloses Gewand gegeben, als er mir mein Bett
zugewiesen hatte; daß man auch nackt schlafen konnte,
überstieg offenbar seine Vorstellungskraft. Was die bei meiner
und Bethesdas Flucht hastig übergeworfene, blutbefleckte
Tunika anging, die ich auf dem Weg zu seinem Haus getragen hatte,
so war sie augenscheinlich vom Boden meiner Schlafkammer aufgehoben
und weggeworfen worden.
Während ich mich
wusch und anzog, besorgte Tiro aus der Küche Brot und eine
Schale mit Früchten. Ich aß alles auf und ließ ihn
mehr holen. Ich war völlig ausgehungert, und weder die Hitze
noch Ciceros fortwährende Litaneien oder seine
Selbstbeweihräucherungen konnten mir den Appetit
verderben.
Schließlich trat
ich mit Tiro durch die Vorhänge ins helle Sonnenlicht des
Gartens. Cicero blickte von seinem Text auf, aber bevor er etwas
sagen konnte, tauchte Rufus hinter ihm auf.
»Cicero,
Gordianus, hört euch das an. Ihr werdet es nicht glauben. Es
ist ein absoluter Skandal.« Cicero drehte sich um und zog
eine Augenbraue hoch. »Es ist natürlich nur ein
Gerücht, aber ich bin sicher, daß wir das irgendwie
verifizieren können. Weißt du, was sämtliche
Güter von Sextus Roscius zusammen wert sind?«
Cicero zuckte leicht
mit den Schultern und gab die Frage an mich weiter.
»Eine Reihe von
Bauernhöfen«, überschlug ich, »einige von
ihnen in bester Lage unweit der Mündung des Nar in den Tiber;
eine wertvolle Villa auf dem Hauptgut bei Ameria, dann noch der
Besitz in der Stadt - mindestens vier Millionen
Sesterzen.«
Rufus schüttelte
den Kopf. »Eher sechs Millionen. Und was, glaubst du, hat
Chrysogonus - ja, der Goldengeborene höchstpersönlich,
nicht Capito oder Magnus was glaubst du, hat er bei der Auktion
für das gesamte Paket bezahlt? Zweitausend Sesterzen.
Zweitausend!«
Cicero war sichtlich
schockiert. »Unmöglich«, sagte er. »So
gierig ist nicht einmal Crassus.«
»Oder so
unverfroren«, sagte ich. »Wie hast du das
herausgefunden?«
Rufus lief rot an.
» Das ist das Problem. Und der Skandal! Einer der offiziellen
Auktionatoren hat es mir erzählt. Er hat das Gebot selbst
entgegengenommen.«
Cicero warf die
Hände in die Luft. »Der Mann würde nie vor Gericht
aussagen!«
Rufus schien verletzt.
»Natürlich nicht. Aber er war immerhin bereit, mit mir
zu reden. Und ich bin sicher, er hat nicht
übertrieben.«
»Das spielt
keine Rolle. Wir brauchen eine Verkaufsurkunde. Und natürlich
den Namen Sextus Roscius auf den
Proskriptionslisten.«
Rufus zuckte mit den
Schultern. »Ich habe den ganzen Tag gesucht und nichts
gefunden. Die offiziellen Unterlagen sind natürlich eine
Katastrophe. Man kann erkennen, daß sie durchwühlt und
nachträglich verändert worden sind, womöglich sogar
teilweise entwendet. Die staatlichen Urkunden aus der Zeit zwischen
den Bürgerkriegen und den Proskriptionen befinden sich in
einem unmöglichen Zustand.«
Cicero strich sich
nachdenklich über die Lippen. »Wenn wir feststellen,
daß der Name Sextus Roscius auf die Proskriptionslisten
gesetzt wurde, können wir sicher davon ausgehen, daß es
sich um einen Betrug handelt. Und doch würde es seinen Sohn
entlasten.«
»Und wenn
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