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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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städtische
Körperschaft, die innerhalb der Stadtmauern für Ordnung
hätte sorgen können. Gelegentlich schlägt ein der
Gewalt überdrüssiger Senator die Aufstellung einer
derartigen Truppe vor, aber sofort hält man ihm von allen
Seiten entgegen: »Aber wem soll diese Polizei unterstellt
werden?« Und die Kritiker haben recht. In einem Land, das von
einem König regiert wird, verläuft eine klare und gerade
Linie der Loyalität vom einzelnen Polizisten bis zum Monarchen
selbst. Rom hingegen ist eine Republik (die zwar zu der Zeit, von
der ich schreibe, von einem Diktator regiert wurde, aber im
Einklang mit der Verfassung und nur vorübergehend). In Rom
würde derjenige, der sich mittels Intrigen und Komplotten zum
Chef einer solchen Polizei ernennen ließe, die Truppe
schlicht für die Beförderung seiner eigenen Interessen
benutzen, während seine Günstlinge die größten
Probleme hätten zu entscheiden, von wem sie das fetteste
Bestechungsgeld annehmen und ob sie dem großzügigen
Spender tatsächlich loyal dienen oder ihm doch in den
Rücken fallen sollten. Eine Polizei würde bloß als
Machtinstrument im Kampf einer Fraktion gegen die andere dienen und
damit lediglich eine weitere Bande darstellen, mit der die
Öffentlichkeit sich herumzuschlagen hätte. Rom zieht es
vor, ohne Polizei zu leben.
    Wir entfernten uns von
dem Platz und verließen auch die Via Subura. Ich führte
Tiro durch eine enge Gasse, die ich kannte, eine Abkürzung.
Wie die meisten Straßen Roms ist sie namenlos. Ich nenne sie
einfach die enge Gasse.
    Die Straße war
düster und moderig, kaum mehr als ein Spalt zwischen zwei
hohen Mauern. Die Ziegel und Pflastersteine waren mit kleinen
Wasserperlen und Schimmel überzogen. Die Mauern selbst
schienen zu schwitzen; die Pflastersteine atmeten einen feuchten
Dunst aus, einen fast animalischen Geruch, ranzig und nicht
völlig unangenehm. Es war eine Straße, die das
Sonnenlicht nie sah, die nie von ihrer Wärme getrocknet, nie
von ihrem Licht gereinigt wurde - im Hochsommer dunstig wie eine
Waschküche, im Winter von Eis bedeckt, und immerzu feucht. Es
gibt Tausende solcher Straßen in Rom, winzige Mikrokosmen,
von der großen Welt abgeteilt, zurückgezogen und
selbstgenügsam.
    Die Gasse war zu
schmal, um nebeneinander zu gehen. Tiro marschierte hinter mir. An
seiner Stimme konnte ich hören, daß er sich weiter
fortwährend über die Schulter umsah, und an dem leichten
Zittern darin, wie nervös er war. »Passieren in diesem
Viertel viele Messerstechereien?«
    »In der Subura?
Dauernd. Am hellichten Tag. Das ist in diesem Monat schon die
vierte, von der ich gehört habe, obwohl es die erste ist, die
ich tatsächlich gesehen habe. Das bringt das Wetter mit sich.
Aber eigentlich ist es in der Subura nicht schlimmer als
überall sonst. Man kann genausogut auf dem Palatin die Kehle
durchgeschnitten bekommen oder, was das angeht, auch mitten auf dem
Forum.«
    »Cicero sagt,
daß es Sullas Schuld ist.« Der Satz hatte in
kühnem Tonfall begonnen, endete jedoch merkwürdig
zurückgenommen und mit einem Stocken in der Stimme. Ich
mußte Tiros Gesicht nicht sehen, um zu wissen, daß er
wieder rot geworden war. Das war unbesonnen von einem Bürger,
unseren geliebten Diktator zu kritisieren. Und noch unbesonnener
von einem Sklaven, es so sorglos zu wiederholen.
    Ich hätte es
dabei belassen sollen, aber meine Neugier war geweckt.
    »Dann ist dein
Herr also kein Bewunderer Sullas?« Ich bemühte mich um
einen möglichst beiläufigen Ton, um Tiro zu beruhigen,
aber er antwortete nicht.
    »Cicero hat
Unrecht, weißt du, wenn er das wirklich glaubt - daß
alles Verbrechen und Chaos in Rom Sullas Schuld ist -, obwohl Sulla
bestimmt seinen Teil dazu beigetragen hat.« Damit hatte ich
mich selbst auf dünnes Eis begeben. Aber Tiro sagte noch immer
nichts. Hinter mir gehend, mußte er mir nicht in die Augen
sehen und konnte einfach so tun, als habe er nichts gehört.
Sklaven lernen früh, Taubheit und Geistesabwesenheit
vorzutäuschen. Ich hätte stehenbleiben, mich umdrehen und
ihn direkt ansehen können, aber das hätte der Sache doch
zuviel Gewicht verliehen.
    Trotzdem konnte ich
nicht von dem Thema lassen. Irgend etwas an der bloßen
Erwähnung des Namens Sulla entfacht ein Feuer in jedem
Römer, egal ob Freund oder Feind, Komplize oder
Opfer.
    »Die meisten
Menschen halten Sulla zugute, daß er die Ordnung in Rom
wiederhergestellt hat. Vielleicht zu einem sehr hohen Preis und
nicht ohne ein Blutbad - aber

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